ciers und seiner beiden Frauen zu beiden Seiten einer Mittelgruppe, die aus dem Erlöser und einem Heiligen zusammengesetzt ist. Dieses ge- wirkte Votivbild von sehr geringen Dimensionen (M. 074. X F05) mag in der ersten Hälfte des I5. Jahrh. aus der bescheidenen Werkstatt eines Nürnberger Wirkers hervorgegangen sein, dem mit den reichen Mitteln der Flamänder auch ein höheres Maß an künstlerischer Bildung voll- ständig mangelte. ln Deutschland hat aber diese Art der Production, als deren Vorläuferin wir wahrscheinlich die Hausfieißwirkerei in den Nonnen- klöstern und auf den Schlössern betrachten dürfen, noch ein volles Jahr- hundert hindurch ihr Leben weitergefristet. Erst im Verlaufe des I6. Jahrh. scheinen die großen flämischen Werkstätten die Concurrenz der kleinen Wirker völlig verdrängt zu haben; im 17. Jahrh. werden bereits complete Zimmerverkleidungen von den Brüsseler Firmen zum Verkaufe ausge- boten, die also nicht mehr auf Bestellung, sondern auf Marktvorrath wie im heutigen Fabriksbetriebe hergestellt wurden. Durch diese Betrachtung allein werden wir schon darauf hinge- wiesen in den kleinen deutschen Rücklaken die Repräsentanten einer älteren Weise der Teppichwirkerei gegenüber den großen flandrischen und französischen Wandbehängen zu erblicken. Und in der That sind die ältesten bisher bekannt gewordenen europäischen Wirkereien durch- wegs in kleineren Verhältnissen gehalten. S0 stehen auch in der chrono- logischen Reihenfolge der auf der Wiener Ausstellung vorgeführten Wandteppiche die kleinen Dorsalien und Antependien an der Spitze. Freilichreichen die ältesten darunter kaum höher als in das 14.. Jahrh. zurück, aber die ihnen zu Grunde liegende Kunstübung ist auf europäi- schem Boden mindestens noch für zwei Jahrhunderte weiter zurück be- zeugt, wenn auch nur durch eine äußerst geringe Anzahl von Denkmälern. An dieser Stelle mögen einige Worte über den muthmaßlichen Ur- sprung der europäischen Teppichwirkerei Einschaltung finden. Die maß- gebendste Meinung lautet diesbezüglich noch heute dahin, dass die in, Rede stehende Kunsttechnik aus dem Oriente eingeführt worden ist, und zwar im Gefolge der Kreuzzüge, die ja so vielfache neue Wechselbe- ziehungen zwischen Morgen- und Abendland hervorgerufen hatten. Haben aber die Kreuzfahrer in der That in Kleinasien und Syrien im 12. Jahrh. den Gebrauch figural verzierter Wandteppiche kennen lernen können? Existirte denn daselbst nicht das Bilderverbot des Korans, das gerade die Darstellung menschlicher Figuren untersagte? Und eben um eine Figurenwirkerei, nicht um eine blos geometrische Musterung nach Art des heutigen orientalischen Kilim handelte es sich bei den gesuchten Vorbildern der europäischen Gobelinwirkerei. Man könnte zwar einwenden, dass man es insbesondere in Persien, aber auch in Aegypten zu gewissen Zeiten und namentlich zu jener des Ayubidensultans Saladin mit dem Bilderverbote nicht eben sehr strenge genommen hat. Aber muss es da nicht auffallen, dass man bisher auch nicht eine einzige Figurenwirkerei