mit den Reliquien der Martyrer aus den Katakomben in die Oberkirche übertragen wurde. Auch dort, wo eine christliche Kirche nicht über einem Martyrergrabe erbaut wurde, musste der Altar die Reliquien eines heiligen Blutzeugen bergen. Die jetzt noch übliche Consecration eines Altares erinnert an die Beisetzung der Martyrerleichen. Da die Kirchenkrypta die eigentliche Katakombe ist, nannte man in den ersten Jahrhunderten die Kirche schlechthin Martyrium oder Confessio. So haben zum Baue der katholischen Kirchen Judenthum und Heidenthum die Bausteine geliefert. Ersteres gab der Kirche die Krypta, das letztere die Grundlinien der Basilika, das Christenthum aber hauchte in den heiligen Mysterien den Geist ein. Die römische Katakombe wurde auch die Wiege der christlichen Kunst, deren Grundzüge naher angeführt werden. Schließlich weist der Vor- tragende auf das Grab Christi hin, welches schon in der constantinischcn Basilika den Hauptallar unter der Bezeichnung Anastase, das ist der Ort der Auferstehung, bildete. Und wie aus dem Grabe Christi und von den Grabern der Märtyrer neues Leben über die Menschheit ausgeht, so stromt auch neue Gnade von den christlichen Altaren über die kranke Menschheit aus. Diesem christlichen Gedanken entsprechend wurden von jeher die Leichen der Christen um die Kirche herum bestattet, der Friedhof wurde zum Kitchhofe, und selbst wo dieses nicht stattfindet, richtet die Kirche in den Begräbniss- orten eine Kapelle oder wenigstens als Surrogat das Kreuz, die Hoffnung der Todten, auf. Die schönste Inschrift eines christlichen Friedhofes ist demnach das Wort: Resurrecturis. -- Den 27. Februar und 6. Marz sprach Directnr Dr. Albert llg über oDie Ent- wickelung der Kunst in Oesterreich während des 17, und 18. Jahrhunderts, mit beson- derer Rücksicht auf jene der Architektunu Der Vortragende betonte Eingangs, dass er nicht eine geschichtliche Darstellung zu geben beabsichtige, sondern nur den Versuch machen wolle, zu zeigen, auf welch' vieltaltige Weise jenes unendlich bunte Mosaik von Erscheinungen in Oesterreich zu Stande gekommen sei, welches wir üblicherweise mit dem in jeder Hinsicht nichts- sagenden Worte nBarocke- zu bezeichnen gewohnt sind. Sein Vorhaben war, das höchst zersplitterte und wirre Geader aufzudecken, aus dem sich allmslig der stolze Strom bildete, und dabei anzudeuten, aus welchen Quellen die einzelnen Zußüsse herltlmen. Aus dieser charakterisirenden Schilderung ergab sich, dass diese sogenannte Barocke eigentlich das wunderlichste Stil- und Kunstchamaeleon der Welt, voller Gegensätze, ja Widersprüche ist, so dass unter jener hergebrachten kunstwissenschaftlichen Flagge in der That Producte aus aller Herren Länder nicht_ nur, sondern auch Waaren der hete- rogensten Gattung geführt werden. lm chronologischen Folgegang wurde nun an bezeich- nenden Beispielen dargethan, wie in Oesterreich unter den beiden letzten Ferdinandeti im Gegensatz zur wachsenden Ueberladung der auslaufenden deutschen Renaissance, zum Unterschied von deren bombastischern Putze, wie er besonders an den deutschen Stltten des Protestantismus gedieh, in Klosterbauten neueingeführter Orden aus dem Süden eine auffallende Nüchternheit und Schmucklosigkeit ihren Einzug halt. Die oh ihrer Ueppigkeit verrufene Barocke beginnt mit den öden, kahlen Kirchenhauten der Capuciner und Car- meliter, an denen auch noch manches Stückchen kindischer deutscher Renaissance haften blieb. Dieselbe Gegenreformation durch den Katholicismus sollte freilich alsbald in's Extreme des schrankenlosesten Formenreichthums überspringen, geradeso wie ja auch Fanatismus, Verzuckungen, Visionen im geistlichen Leben jener Zeit mit Abtodtung, Geißelungen und anderen Selbstqualen aneinander grenzten. Aus der tendenziös strengen, zierver- schmahenden Klosterarchitektur der walschen Mönche hatte sich indess auf unserem Boden kaum ein fruchtbarer Keim entwickeln können; bald drangen aber auch die Pion- niere der profanen südlichen Architektur über unsere Alpen herüber. Der Vortrag stellte eine Parallele zwischen dieser italienischen lnvasion in der zweiten Halfte des I7. Jahr- hunderts an und der früheren zu Anfang des 16., welche aus ganz anderem Anlasse und auf völlig verschiedene Weise uns die ersten Blüthen der Renaissance gebracht hatte, verschiedene, wenngleich der uralte Wanderzug und -trieb der Oberitaliener nach dem Norden beide Male das Mittel dazu hergab. Diese Befruchtung von Süden her zeigt aber sehr von einander abweichende Strömungen und Färbungen. Als die hervorragendsten wurden da charakterisirt: Die Cotnaskisch-lllailändische, besonders durch die große Familie der Carlonc-Carnevale vertreten, von vorwiegend ornamental-decorativer Tendenz durch das Mittel des Stuccds, in dessen Gefolge das Deckenfrescö in verzierten plastischen Rahmen (Tencala, Turriani) seinen Einzug halt. Rein architektonisch, jedoch mit dem Wesen einer ziemlich extravaganten Bizarrerie der Formensprachekist die besonders für Prag wichtige Richtung der unter dem Scepter des launischen Guarini stehenden_'l'uriner; Venedig gewinnt erst im 18. Jahrhundert und mehr für die Maler als für die Archi- tekten der osterreichischen Barocke Bedeutung. Dagegen gaben die Bolognesen für das- jenige, was im architektonischen Sinn malerisch heißt, den Ton an, mit einer höchst bestimmt ausgesprochenen Betonung des Theatralischen und der eigentlichen Theater- Jahrg. tigo. 8