121 intime gewesen sein müssen. Denn sehr bald nach Bekanntwerden der berühmten Aldinen beginnt auch für die französische Buchbinderei die Blüthezeit, welche stets an den eben genannten Namen Grolier geknüpft bleiben wird. Zeichnerisch charakterisiren sich die Einbände dieser Zeit durch das die Fläche in schönen Verhältnissen und gleicher Massenvertheilung aus- füllende Bandwerk, das in der Regel durch freigeschwungene, mit Blätter- werk verzierte Linien auf das Wirksamste durchbrochen und bereichert wird; Mitte und Rand, diese beiden wichtigsten Theile der begrenzten Fläche, sind dabei in klarer, aber nicht harter Weise auseinandergehalten; der Buchrücken ist in den älteren Arbeiten durch Bünde getheilt, die später oft weggelassen werden, und in seiner ornamentalen Ausschmückung stets in Uebereinstimmung mit der Buchdecke. Im Anschlusse an die Namen Grolier und Majoli müssen die Namen Tory und Canevari genannt werden. Wenn sie auch, gegen jene gehalten, keinen neuerlichen Fortschritt bedeuten, so hält sich doch unter ihnen die Kunst auf derselben Höhe wie bisher. lhnen folgen de Thou, der Bücherfreund, und Eve, der Buchbinder. Mit des Letzteren Wirksamkeit stellt sich ein gemäßigter Naturalismus ein, der durch Einführung neuer ornamentaler Motive in der Art des Lorbeerzweiges der Kunst der Buch- decoration einen nicht unwesentlichen Dienst leistet, zumal weder die orriamentale Gesammtdisposition noch das Detail an Correctheit und Eleganz etwas zu wünschen übrig lassen. - Mit Eve verwandt und doch wieder verschieden sind die Einbände im Stile Le Gascons, welcher mit seinen Arbeiten die ganze erste Hälfte des 17. Jahrhunderts beherrscht. Seine punktirten Stempel und Spirallinien verrathen deutlich metallo- technische Einflüsse, wahrscheinlich orientalischer Herkunft. Ueberhaupt lässt sich eine gewisse Wechselbeziehung zwischen der Decorationsweise des Metalls und des Leders zu allen Zeiten erkennen, weshalb denn auch der Verfall dieser beiden Künste in dieselbe Zeit, das Ende des 17. Jahr- hunderts, fällt. Dem Gasconstile folgt der Spitzenstil, welcher sich, ein echter Modestil, den damals allgemein beliebten Spitzenschmuck im Kleiderwesen zum Vorbild nahm. Wir müssen ihn, trotz aller Feinheit seiner Detail- durchbildung, doch als den sich nunmehr allmälig einstellenden Verfall bezeichnen, besonders wenn wir ihn mit dem ernsten und vornehmen Genre eines Grolier vergleichen. Im Uebrigen kann man immer, die Sache im Großen und Ganzen in's Auge fassend, diesen Spitzenstil als die letzte Etape der Buchrenaissance in Frankreich betrachten. Was nun folgt ist entschiedener Verfall. Denn weder die tapetenartige Musterung zu Beginn des 18. Jahrhunderts, noch auch das aller Materialangemessen- heit hohnsprechende Schnörkelthum des Rococo, welches nach und nach alle Formen, auch der Kleinkunst verschlingt, verdient eine andere Be-