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des römischen Weltreiches die Zügel geistlicher Weltherrschaft führen.
Ein Theil der Imperatoren-Gedanken Otto's IlI. stammt sicher von
Gerbert-Sylvester.
Hieher nach Rom zum Kaiser kam Bernward von Hildesheim klagend
über Willegis den Erzbischof, weil dieser das Stift Gandersheim für das
Erzbisthum Mainz in Anspruch nahm. Als die nach einem Brande
erneuerte Kirche von Gandersheim neu] geweiht werden sollte (1001),
konnte die Aebtissin Gerbirg die Geschäfte krankheitshalber nicht ver-
sehen, Sophia aber- wohl aus altern Grolle gegen Hildesheim und nun
speciell gegen Bernward - lud den Metropoliten, Willegis, zur Weihe
ein. Bernward erlitt eine förmliche Zurückweisung von Seite des Stiftes.
Er wendete sich an den Kaiser: am 3. Januar 1002 traf er in Rom ein.
Der Kaiser war dem hochverehrten Lehrer bis vor die Stadt entgegen-
gekommen. Der Streit um Gandersheim wurde von Papst und Kaiser,
von italienischen wie deutschen Synoden zu Gunsten Bernward's ent-
schieden. Aber erst spät, kurz vor seinem Tode, söhnte sich Willegis
mit dem Enkel seines alten Freundes, mit seinem Diöcesanbischofe Bern-
ward aus. _
Ein Kunstfreund wie Bernward hat sicher mächtige Eindrücke in
Rom erhalten: in Bezug auf das Alterthum waren vielleicht die Eindrücke,
die der Sachse empfing, mächtiger, als die den modernen Kunstfreund
berührenden. War er doch gewiss in keiner Richtung blasirt und waren
der Reste des Alterthumes damals sicher mehr als heutzutage über dem
Erdboden, auf dem alten Standpunkte, nicht in Museen, erhalten. Er
hat den Titusbogen, die Kaiserpaläste, den Constantinsbogen, das
Kolosseum, die Trajanssäule, das Forum noch in vortrelflicher Erhaltung
gesehen. Hier mag der plastische Sinn des Deutschen, ich möchte sagen,
geschwelgt haben. Denn wie richtig es sein mag, dass die eigentliche Kunst
des Christenthums die Malerei sei; was ihm die Kunst seiner Zeit brachte,
befriedigte den Bernward nicht. Wohl hat auch er in der Schreibe-
schule von Hildesheim die Codices mit Malereien zieren lassen, aber
in Allem lehnt er jede, auch entfernte Anlehnung an byzantinische Vor-
bilder ab. Er geht mit seinen Hildesheimer Schülern eigene, nationale
Wege: Manches ist roh und ungeschlacht, aber er hat die feine Mode
vorn Hofe eben nicht hoch achten gelernt. Das Ende des Trägers solch'
feinen byzantinischen Wesens, Johannes Philagathos, stand zu klar vor
seiner Seele, den Kaiser selber hat er in Rom in so trüber Stimmung
getroffen, ja er hat es erfahren müssen, dass der edle Kaiser, der Träger
römischer, weltumfassender Ideen, jämmerlich von innerem Feuer verzehrt,
in Italien hinsiechte (23. Januar 1002): dass ihm selbst alles Byzantinische
recht unnational, unwürdig des deutschen Wesens erscheinen mochte.
Wohin er drängt, das ist die Plastik. Aber all' die Elfenbeintäfelchen,
fein und zierlich geschnitzt, wie eine sächsische Hand sie nie zu Stande
gebracht hätte, auch sie haben trotz ihres Reliefs ihm nicht entsprochen.