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sozusagen überall sichtbar ist, selbst da noch, wo spatere Zeiten änderten und umgestal-
tetenl, denn der Erbauer des Augsburger Rathhauses hat sich nicht allein in diesem
Gebäude verewigt, sondern in allen Straßen der Stadt gearbeitet und geschaffen. Die
strittige Frage über die Urheberschaft der Innendecoration des Rathhauses beantwortet
der Verfasser dahin, dass nebst einigen Arbeiten nach Entwürfen Candid's der Stadtmaler
Matthias Karger, ein persönlicher Freund Holl's, die Gedanken und Entwürfe für die
Ausschmückung des Innern gegeben hat. - Das prächtige königliche Schloss Schleiß-
heim bei München in seinem Werden unter Wilhelm V., seiner Blüthezeit im 17. und
18. Jahrhundert und seiner nunmtzhrigen Verlassenheit schildert Johannes Mayerhofer,
der Verfasser des Textes zu dem t885 erschienenen Kupferwerke über Schleißheim. -
Franz Friedrich Leitschuh endlich lührt im neunten Bandchen den Leser durch die
Raume des germanischen National-Museums in Nürnberg und schickt seinen Erklärungen
eine Geschichte dieses Institutes voraus. Eine Reihe hübscher Illustrationen belebt auch
hier das Interesse und Verstandniss für die anziehend geschriebene Abhandlung. Fs.
i
Kunsthistorischer Atlas, herausg. von der k. k. Central-Commission zur
Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale.
I. Abtheil. Sammlung von Abbildungen von-geschichtlicher und früh-
geschichtlicher Funde aus den Ländern der österreichisch-ungarischen
Monarchie. 100 Tafeln und zahlreiche Abbildungen im Texte. Wien,
Kubasta ä Voigt, 1889. Fol. fl. tz.
Ein äußerst verdienstvolles Unternehmen. das gewiss dazu beitragen wird, die
leider noch zahlreich verbreiteten unklaren Vorstellungen über die Kunst unserer
Vorgänger auf heimischem Boden zu beseitigen. Die geographische Lage namentlich
unserer Alpenprovinzen als eines Grenzgebietes zwischen dem consumirenden mitteleuropä-
ischen Binnenlaude und den exportirenden Mittelmeerlandern lasst die im vorliegenden Atlas
gesammelten Funde besonders wichtig und interessant erscheinen, macht aber auch die
Aufgabe des Forschen: und Sichtens doppelt schwierig, wobei daher die größte Besonnena
heit und Vorsicht geboten ist. Das Gleiche gilt von den im Osten der Monarchie
gemachten Funden, wo wir es vielfach mit einer aus allen Weltgegenden zusammen-
getragenen Raubbeute zu thun haben. Die aus den verschiedensten periodischen Schriften
entlehnten und mit historischem Verstandniss angeordneten Funde betreffen hauptsächlich '
das Gebiet derSteii-r, Knochen- und Bronzearbeiten. EinZurückgreifen auf das überwundene
Dreizeitensystem Endet sich nur sporadisch, man mochte meinen in Folge eines gelegent-
liehen atavistischen Rücltschlags. Im Text vermisst man hie und da die so wesentliche
Angabe des Materials. t Rgl.
Denkmäler der Kunst. Bearbeitet von W. Liibke und C. v. Lützow.
203 Taf. qu.-Fol. Mit erklärendem Textband. Sechste Aufl. Classiker-
Ausgabe in 36 Liefgn. a M. 1. Stuttgart, Paul Nett, 1890. (Früherer
Preis M. 160.)
Kaum ein anderes Mittel ist in so hohem Grade geeignet, verständige Würdigung
und liebevolle Theilnahttte für die Künste der Gegenwart in die weitesten Kreise zu
tragen, als die Beschäftigung mit der Kunst der Vergangenheit. Die Kenntniss der wich-
tigsten Marksteine der Kunstentwickelung entspricht der historischen Betrachtungsweise,
welcher wir alles Werdende zu unterziehen gewohnt sind, und weckt das Interesse für
das Einzelne, das sich organisch in die Gesammtheit fügt. Es war somit von weit-
reichender Bedeutung, als Franz Kugler vor einem Menschenalter im Vereine mit
Guhl, Caspar und Volt die nDenkmaler der Kunsu begründete, und damit ein
Compendiutn schuf, das sowohl zur Orientirung als auch zum Nachschlagen, namentlich
aber zur raschen Einführung in die Kunstgeschichte vollkommen geeignet war. Der
hohe Preis des Werkes setzte aber der Verbreitung desselben eine bestimmte Grenze,
so dass es seinen Zweck nicht in dem Maße zu erreichen geeignet war, als es seinem
Inhalte nach zu erfüllen berufen gewesen wäre. Erst die Herabsetzung des Preises auf
fast ein Fünftel der ursprünglichen Hohe, wie sie nun bei dieser neuesten Auflage erfolgt
ist, wird es bewirken, dass in ausgedehnterem Maße Kunstfreunde, Künstler und Lehrer,
kurz Gebildete aller Stande sowie Unterrichtsanstalten der verschiedensten Kategorien
sich in den Besitz dieses Werkes setzen.
In einer Reihe sorgfältig bearbeiteter Auflagen, die unter der Leitung von Wilh.
Lübke und C. v. Lützow erfolgten, hat das Werk zahlreiche Verbesserungen erfahren,
und ist endlich auch durch eine Anzahl farbiger Tafeln bereichert worden, welche die
antike und mittelalterliche Polychromie der Innenräume vorführen. Ueberdies wendet die
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