Wie diese Erfindung als tiefstes Geheimniss strengstens bewahrt und bewacht, in der daraufhin gegründeten Porzellanfabrik zu Meißen bei Dresden ausgebeutet, unter der Leitung Böttgefs und seiner Nachfolger weiter ausgebildet und bald zu solcher Vollkommenheit gebracht wurde, dass die Producte der kurfürstlichen Fabrik zu Meißen schnell europäische Berühmtheit erlangten und gleich den chinesischen Porzellanen allgemein sehnlichst begehrte Objecte wurden, darf ich wohl gleichfalls als allgemein bekannt voraussetzen. ' Lange erfreute sich Meißen des Alleinbesitzes seines Geheimnisses nicht; es drang bald durch seine Mauern und Wachen durch. Ein ent- laufener Arbeiter brachte es zunächst nach Wien, wo i7r8 eine Porzellan- fabrik errichtet wurde: die später vom Staate übernommene und zu so hoher Blüthe gelangte kaiserliche Porzellanfabrik. Von Wien fand das Geheimniss der Porzellanbereitung dann seinen Weg nach Deutschland und weiter, so dass allerorten Porzellanfabriken wie Pilze aus der Erde schossen. Kaolin fand sich an mehreren Orten; für die erste Zeit des deutschen Porzellans wurde am wichtigsten das Lager zu Passau, welches für Wien und die deutschen Fabriken das Material lieferte. So war denn in Deutschland um die Mitte des 18. Jahrhunderts die Porzellankunst an vielen Orten schon geübt und zu Meißen, Wien, Höchst, Frankenthal und anderen Städten auch zu bedeutender Ent- wickelung gediehen - indess in Frankreich, wo gerade die Töpfer- kunst schon seit zwei Jahrhunderten in voller Blüthe stand und in den Fayencen von Nevers, Rouen, Oiron, den Werken Palissy's prächtige Schöpfungen zu Tage gebracht hatte, das Geheimniss des chinesischen und deutschen Porzellans noch immer unenthüllt geblieben war. Man hatte hier das Problem inzwischen auf einem anderen Wege zur Lösung gebracht. Mehreren Töpfern war es gelungen, durch Zuhilfenahme einer Art Glasschmelze, einer kalkreichen, daher nicht klar durchschmelzenden Glasfritte eine Masse zu componiren, die gebrannt fest, dicht, klingend und durchscheinend, den Vergleich mit der chinesischen Porzellanmasse wohl aushalten konnte. Ja, einer der Erfinder, ein gewisser Morin in St. Cloud bei Paris, hatte die Masse nach mehrjährigen Mühen so zu ver- vollkommnen verstanden, dass sie das chinesische Muster sogar an_WeiBe und Transparenz übertraf. Morin überzog seine Masse, glasirte sie mit einem Bleiglase, wie solches die Limousiner Emailkünstler schon seit Jahr- hunderten als Basis ihrer Metall-Emaile oder als Ueberzug (fondant) über ihre Schmelzmalereien anzuwenden pflegten. So war denn in diesem künstlichen Porzellan, welches fast ganz ohne thonige Grundlage erzeugt, in seiner Masse nicht mehr als 3 Procent Thonerde enthielt, ein Material geschaffen, in der äußeren Erscheinung dem echtenPorzellan gleich, alle die Reize desselben aufweisend, stofilich