Vorlesungen In Iluuun. ll. Am 20. December hielt Herr Regierungsrath Professor Exner einen Vortrag über Joh. Beckmann. Es war.dies zugleich eine Art von Gedachtnissfeier jenes Mannes, der durch seine 1777 in Göttingen erschienene Einleitung in die Technologie derVater dieser jetzt unbestritten als hochwichtig anerkannten Wissenschaft wurde und derselben auch ihren modernen Namen gab statt der früheren Bezeichnung als Kunstgeschichte. Der Vortragende wusste bei seinen zahlreichen Zuhörern zunächst das rcgste Interesse für Beckmann zu wecken, indem er dessen aussergewöhnliche Vielseitigkeit und Unermüd- lichkeit besprach. Beckmann verstand und schrieb io Sprachen, hatte vor Veröffent- lichung seiner Technologie Landwirthschaftslehre und Buchhaltung vorgetragen, war einer der wichtigsten Vertreter der geschichtlichen Nationalökonomik, ausgezeichneter Mineralog und Philolog, lieferte binnen 7 Jahren x66 der gediegensten Kritiken, führte eine unglaub- lich ausgedehnte Correspondenz und hatte wöchentlich nicht weniger als ax Vortrag- stunden im Winter und 16 im Sommersemester an der Universität. Beckmann's Schriften, zu deren Charakterisirung und Würdigung Regsr. Exner hierauf überging, bilden eine kleine Bibliothek und sind mit solcher Gründlichkeit gear- beitet, dass zum Beispiel seine Geschichte der Erfindungen noch heute jede weitere For- schung über die historische Entwicklung bis zu seiner Zeit entbehrlich macht. Da konnte der Redner wohl, nachdem er noch ein rührendes Bild von Beckmann als Familien- vater geliefert hatte, seinen interessanten Vortrag mit dem Aussprüche schliessen, dass so gediegene Leistungen die Erfüllung des Wunsches wne totus moriarw, den Beckmann an die Spitze seiner Autobiographie schrieb, für alle Zeiten sichern. Am 27. Decernber begann der Custos Dr. Hub. Janitschek seinen Cyclus von 4 Vortragen über die Gesellschaft der Renaissance in Italien im Verhaltniss zur Kunst. Da in Folge einer heftigen Erkrankung des Vortragenden die Fortsetzung erst nach mehreren Wochen erfolgte, so werden wir das Referat über sammtlicbe 4 Vorlesungen später im Zusammenhange bringen. Den Gegenstand der nächsten Vorlesung von Prof. Karl v. Lützow am 17. Jänner 1878 bildete das Kunstleben in Oesterreich unter Maria Theresia. Das Thema wurde in glänzender Weise erledigt durch die Beantwortung folgender Fragepunkte: l. Unter welchen Erscheinungsformen hat sich jener Umgestaltungsprocess im Kunstleben Wiens vollzogen, welcher sich an den Niedergang des Barockstyles und an das Auftreten bahn- brechender Geister in der Neuzeit, eines Lessing und Winckelrnann anknüpfte? 2. Welche Denkmale zeugen von ihm. 3. Welche sind die leitenden schöpferischen Per- sönlichkeiten in der damaligen Wiener Kunstwelt. 4. Wie spricht sich der Geist der Zeit in der oifentlichen PHege der Kunst, im Kunstunterricht, wie spricht er sich in der Stellung der bürgerlichen Gesellschaft zur Kunst aus? Das Vorgesagte lasst auf das Bild schliessen, welches Prof. Lützow von jener ungemein glänzenden und inhaltreichen Periode unserer Culturgeschichte vor seinen Zu- horern entrollte, durch Charakteristik der Künstler aus der Zeit Maria Theresia's und Josefs ll., und durch Würdigung mehrerer ihrer hervorragenderen Schöpfungen. Er betonte aber auch, wie unter niederländischem Einfiusse aus Wien, der früheren Stadt der Palaste, eine wohnliche Stadt wurde und ging dann auf die Geschichte jener zahlreichen Privatsammlungen über, welche damals in Nachahmung des kunstliebenden Hofes in Wien der Reihe nach entstanden, die Sammlungen des Fürsten Liechtenstein, die Al- bertina, die Galerien Kaunitz, Fries, de Ligne, Grünling, Sinzendorf, Birckenstock, u. A., von denen leider die meisten seither unter dem Hammer des Auctionators in alle Wind- richtungen zerstoben. Das Macenatentum jener Zeit beleuchtete der Vortragende durch Mit- theilungen aus der Selbstbiographie J. M. Schmutzers, des bedeutendsten Kupferstechers der Wiener Schule und des einflussreichsten Künstlers in Oesterreich unter Maria The- resia. Mit warmen Worten zum Preise dieser erlauchten Frau, welche sich durch Eröff- nung der kaiserlichen Gemäldegalerie ein so herrliches Denkmal ihres Edelsinnes gesetzt hat, schloss Prof. v. Lutzow seinen Vortrag, für den ihm seine gründlichen Forschun en zu seiner Geschichte der Akademie das reichste Materiale geliefert hatten. Die zahlreichen Zuhörer spendeten lebhaftesten Beifall. Am 24. und 3x. Januar hielt Prof. Dr. Bauer, der in früheren Jahren die ver- schiedenen Metalle so zu sagen stolflich analysirt hatte, zwei Vorträge über das Glas. Er ging von der Wahrheit aus, dass nur die gründliche Kenntniss sämmtlicher Eigen- schaften eines Materiales dessen richtige technische und selbst künstlerische Verwendung ermögliche. Die Geschichte des Glases berührte er nur Süchtig, indem er darauf hinwies, dass die heutigen Recepte für dessen Herstellung sich nur wenig von jenen des Alterthums unterscheiden und nur das ganz reine weisse Glas eine Errungenschaft der neuen Zeit sei.