4'.)
Gewänder gehüllt, die einzelnen Falten sind scharf geschnitten und verlaufen
zickzackartig an den Säumen. Die Füße sind kaum gegliedert und zeigen
sowohl in Venzone wie auch in Grado dieselbe stumpfe Form. Wir können
unseren Vergleich mit demselben Erfolg auch an den andern Figuren der
Kanzel fortsetzen: wie für das Symbol des heiligen Matthäus finden wir in
Venzone auch für die anderen Gestalten schlagende Parallelerscheinungen.
Wir brauchen nur die Tetramorphen des linken Seitenportales dieser Kirche
heranzuziehen. Auch hier dieselben glotzenden Augen, die stark abseits-
stehenden Ohren, die niedrige Stirne. Die Tierdarstellungen unserer Kanzel
nähern sich in der rohen Leere, die ihnen eigen ist, noch mehr den Figuren
Abb. 8. Venzone, Dorn, Portal des Hauptschiffes
des Gemonenser Portaltympanons. Es ist ein und dieselbe zurückgebliebene,
ins Rohe übertragene Kunst, ein charakteristisches Beispiel für die Zähig-
keit, mit welcher in abgelegenen Orten stilistische Motive der Vergangenheit
festgehalten und verwertet werden.
Wir dürfen aber die Reliefs der Kanzel in Grado nicht als eine Prämisse
für jene in Venzone und Gemona ansehen. Nicht Grado ist im Besitz der
hohen Kunst, die dann in der Provinz vergröbert wiedergegeben wird. Das
Verhältnis dürfte wohl ein anderes sein! Die Skulpturen von Gemona und
Venzone, die als Nachklang der großen architektonischen und bildhaueri-
sehen Tätigkeit des oberitalienischen XII. und XIII. Jahrhunderts zu be-
trachten sind, scheinen mir aber in einem indirekten Verhältnis zu dieser zu
stehen. Jenseits der Alpen, in Kärnten und Salzburg, wofür der Dom in
Gurk und die Franziskanerkirche in Salzburg erwähnt sein mögen, hatte der