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Fnulnohule für Tlumlldustrla In Znaln.
Am 8, und 9. September l. J. stellte die Facbschule für Thonindustrie und ver-
wandte Gewerbe gemass dem Programme Nr. t dieser Lehranstalt die im Schuljahre 1877
verfertigten Schülerarbeiten aus.
Die Studien der Facbscbüler waren in einer Weise ausgestellt, dass der systema-
tische Lehrgang, welcher bei dem Unterrichte eingehalten wird, dem Publicum dar-
gelegt wurde.
Im Eingangszimmer der Schule wurden dem Beschauer die Zeichnungen der Ele-
mentarclasse, welche Knaben von I3 bis 15 Jahren besuchen, vorgeführt.
Die Aufgabe dieser Abtheilung ist, die Schüler mit den Elementen der geometri-
schen Anschauungslehre vertraut zu machen; der Unterricht ist dem Programme ent-
sprechend und, wie aus den ausgestellten Zeichnungen ersichtlich war, ein Massenunter-
richt, Dieser wird so weit geführt, dass die Schüler bereits in den Sommermonaten selbst
gezeichnete geometrische Ornamente mit einfachen Tonen anlegen.
An die Arbeiten der Elementarclasse reihten sich die der Fachzeicbenclasse.
In dieser Abtheilung der Fachschule erlernen die Zöglinge das Zeichnen nach
ausgeführten Vorlagen und Gypsmodellen; es werden Gefassformen gezeichnet und die-
selben von den weiter fortgeschrittenen Schülern und Schülerinnen decorirt.
Die ornamentalen Zeichnungen werden mit Blei, Feder und Farbe, die figuralen
mit Kreide, und zwar in verschiedenen Manieren durchgeführt.
Den Arbeiten der Fachzeichenclasse folgten die der Modellir-Abtheilung.
in diese Classe können nur jene Schüler eintreten, welche mindestens die Ele-
mentarclasse dieser Lehranstalt mit gutem Erfolge frequentirt haben. Der Modellir-
unterricht wird in folgender Weise geleitet:
x Die Schüler beginnen mit dem Wachsbossiren nach einfachen Gypsrnodellen und
geheri endlich, nachdem sie sich die Wachstechnik zu eigen gemacht, zum Thonmodelliren
über, und zwar in der Weise, dass das Modelliren nach Zeichnungen und eigenen Ent-
wurfen als letzte Aufgabe dieser Abtheilnng erscheint.
Der gesammte Unterricht an dieser Lehranstalt bezweckt, für Znaim tüchtige, prak-
tische Arbeiter heranzubilden; um dies aber zu erreichen, wird dem theoretischen Unter-
richt ein Hauptgewicht beigelegt, folglich werden nur jene Schüler, welche im Modelliren
oder Zeichnen und in Chemie Erspriessliches leisten, zur Durchführung einzelner prak-
tischer Arbeiten zugelassen.
In einem wöchentlichen vierstündigen Chemie-Unterricht erwerben die Schüler die
Kenntniss der Materialien wie auch der chemischen Processe, welche bei Erzeugung der
Thonwanren vor sich gehen.
Ebenso wird den Schülern die Erzeugung der wichtigsten Glasuren, Farben und
Flüsse gelehrt.
Auch bemalte und plastisch decorirte Faycncen waren ausgestellt, wovon erstere
an der Schule gemalt und gebrannt, letztere wohl in_Fabriken erzeugt, anider Fachschule
aber modellirt wurden. .
Die ausgestellten Gegenstände waren Steingut-Fayeneen, die Farben in die Glasur
durch Scharffeuer, nahezu Weissglühhitze, eingebrannt, folglich in derselben Technik er-
zeugt. wie sie Frankreich in höchst routinirter Weise herstellt.
Die Mehrzahl der ausgestellten praktischen Arbeiten ist für die im Jahre 1878
stattfindende Pariser Ausstellung bestimmt.
Da die Znnimer Fachschule auch auf die verwandten Gewerbe, d. h. auf alle jene,
welche den artistischen Unterricht nothwendig haben, Rücksicht nimmt, so erklärt sich,
dass auch eine Reihe geometrischer und Bauzeichnungen ausgestellt waren, welche klar-
legten, dass die Schule bemüht ist, nicht nur auf die Thonindustrie, sondern auch auf
die übrigen Gewerbe Einfluss zu nehmen.
Bei dem im Aufblühen begritfenen Fachgewerbeschulwesen ist die Art der Unter-
richtsmethode überhaupt die schwer zu lösende Aufgabe, insbesondere bei jenen Schulen,
welche Gewerbe vertreten, die zur ordentlichen und erfolgreichen Ausübung bedeutende
theoretische Bildung erfordern.
Ein lneinandergreifen der Theorie und Praxis muss bei dem Fachgewerbeunterricht
unbedingt stattfinden. Die in der Ausstellung dargelegten Resultate zeigen, dass die Schule
einen massvollen Weg einschlägt, und es darf der Unterricht in diesem seinem natur-
gemassen ruhigen Entwicklungsgange nicht um eine Linie breit abirren.
Schlicsslich sei bemerkt, dass die Fachschule im Schuljahre 1877 von x06 Schü-
lern, 18 Schülerinnen, 88 Lehrlingen und Gehilfen, wovon 6 Mädchen, 7 Gehilfen und
zu Lehrlinge Tagschüler waren, besucht wurde.