geheimniss vielleicht nicht so lange Geheimniss geblieben sein. Man würde dann nicht der Privatwerkstätte des 16. Jahrhunderts technische Proce- dure-n zugetraut haben, welche die mit den vollkommensten Hilfsmitteln aller Art aufs reichste ausgestatteten, von den ersten Praktikern und 'I'heoretikern geleiteten Anstalten der Gegenwart nur mit einem ausset- ordentlichen Aufwande von Zeit und Arbeit durchzuführen vermochten. Die Staats-Porcellanfabrik zu Sevres, Deck in Paris, Avisseau in Tours, Minton in Stoke-upon-Trent, die Porcellanfabrik Gustafsberg in Stockholm und Andere haben sich in Imitationen der Henri-deux-Waare versucht, aber nie eine Industrie daraus machen können, weil die Herstellung un- gemein kostspielig war. Man ging dabei in der Regel von der Ansicht aus, dass die Flächenverzierungen vertieft und dann mit einem anders gefärbten Thon ausgefüllt worden seien. Demgemäss wurden in die Mo- delle aII' die oft so fein wie mit der Feder gezeichneten Ornamente ein- gegraben, so dass sie an der Innenseite der von solchen Modellen genom- menen Formen erhaben erscheinen mussten. Diese Reliefornamente brachten nun an der Oberfläche der geformten Stücke wieder die entsprechenden Vertiefungen hervor. Diese mussten mit der braunen Masse gefüllt, die letztere aber überall wieder entfernt werden, wo sie sich etwa über die haarfeinen Linien hinaus ausgebreitet hatte. Man begreift das Mühsame und Zeitraubende solcher Manipulationen und damit auch den Verhältniss- massig hohen Preis der Imitationen, der sich bei Minton z. B. auf circa x80 H. für eine Kanne beläuft. Und doch war mehr als Einer hart an der Schwelle der Wahrheit gewesen, nur ein kleiner Schritt fehlte noch. Allein wir wissen ja aus der Geschichte der Erfindungen, wie oft Jahrhunderte vergangen sind, bevor der eine entscheidende Schritt geschah, der uns nachher so selbstverständ- lich vorkommt. In dem vorliegenden Falle hat ihn mein College an der Kunstgewerbeschule, I-Ierr Docent I-Ians Macht, gethan, und zwar hat er die Entdeckung gemacht, ohne damals schon ein echtes Stück I-Ienri- deux vor Augen gehabt zu haben. (Schluss folgt.) Kunst und Kunstgoworbe in Tirol. Aus Anlass der kunstgewerhlichen Ausstellung in Innsbruck im August 1878. Vortrag, gehalten am 14. Nuvbr. 1878 im Oesterr. Museum von R. v. Eirelberger. (Schluss) So ungenügend die Kunsttechnik der TirolerHolzschnitzer ist, in noch höherem Grade ungenügend ist die polychrome Behandlung des Holzes; in dieser Richtung wird in der Regel entweder zu wenig oder zu viel gethan. Ueber das zu wenig hatte man sich bei der Innsbrucker Ausstellung nicht sehr zu beklagen, aber was man in der materiellen und rohen Behand- lung der Farbe überhaupt leisten kann, war an einigen Arbeiten, die für