235 bringen kann. ln Wien sind die Arbeiten der Tiroler Glasmalerei-Anstalt noch unbekannt. Dieselbe erzeugt das Glas für ihre Zwecke in eigener Regie und verfertigt auch das sogenannte Kathedralglas, welches früher ausschliesslich aus England bezogen werden musste, in einer Güte, Menge und Wohlfeilheit, dass dadurch die englische Concurrenz gänzlich aus dem Felde geschlagen wurde. Die im nächsten Jahre erfolgende Vollendung der Votivkirche wird Veranlassung geben, die prachtvollen Arbeiten dieser vortrefflich geleiteten Anstalt den weitesten Kreisen zur Kenntniss zu bringen. In neuerer Zeit hat Herr Albert Neuhauser auch eine Glas- schmelzmosaik-Anstalt, vorwiegend für kirchliche Zwecke, in's Leben ge- rufen, und zwar mit Glasschmelz, der in der eigenen Anstalt erzeugt wird, werden dort die Mosaikarbeiten ausgeführt. Das Fach des Mosaiks kommt gegenwärtig wieder in Aufschwung. In Paris ist von Staatswegen eine Mosaikanstalt gegründet worden. Herr Salviati bereitet im Auftrage des Kronprinzen des Deutschen Reiches die Einrichtung einer Glasmosaikanstalt vor, welche einen Mittelpunkt für Mosaiktechnik bilden soll. ln Innsbruck ist es ein einfacher Privatmann, der den ersten Schritt zur Gründung einer solchen Anstalt gewagt hat und zwar ohne alle staatliche Subvention, auf nichts Anderes fussend, als auf seine eigene Begeisterung für kirchliche Kunst und für die Hebung dieses lndustriezweiges, dem, wenn einiger- massen günstige Verhältnisse vorwaltcn, eine grossc Zukunft bevorsteht. Denn es hat sich gezeigt, dass in Nord-Europa für das Fresco-Gemälde, wenn es in oEenen Räumen sich befindet, die Gefahr der Zerstörung durch Witterungseinflüsse in zu hohem Grade vorhanden ist und den einzigen Er- satz hiefür kann nur das Glasschmelzmosaik bieten. Es ist dies in Wahrheit eine monumentale Technik, gleich gut verwendbar für kirchliche Zwecke, wie für öffentliche Gebäude des Staates, der Commune und Privaten. Es scheint, dass die Bedeutung dieser Mosaiktechnik nicht so anerkannt wird, als sie es verdient, weil man fürchtet, sie sei zu kostspielig, was aber in Wahrheit nicht der Fall ist. Es kommt ein Mosaikgemäldc fast nicht höher zu stehen, als ein Oelgemälde oder ein Frescobild. Ob sich aber Kunst- freunde genug Buden werden, um diese Technik ausgiebig zu unterstützen, ist eine andere Frage; denn die Zahl der wirklichen Kunstliebhaber ist heutigen Tags gering, und noch geringer die Neigung, jene Techniken zu fördern, die mit der monumentalen Kunst in directer oder indirecter Ver- bindung stehen. Auch diese beiden grossen Anstalten in Innsbruck sind auf Bestellungen vom Auslande und auf den Export angewiesen. Aus den kurzen Bemerkungen, die bisher gemacht wurden, dürfte klar hervorgehen, dass kein Land es so nöthig hat, die Exportfähigkeit seiner lndustrieproducte sich angelegen sein zu lassen, wie Tirol, die Verbindungen mit Oesterreich und dem Auslande zu befestigen und zu erörtern. Bei dem klugen und gesunden Gesehäftsverstande der Tiroler wird es klar, was geleistet werden könnte, wenn nicht bei Vielen die Neigung vorhanden wäre, sich auf artistischen, wissenschaftlichen und