355 mit gar keinen Mehrkosten verbunden sein, und sollte unternommen werdenm Ganz besonders dankbar aber muss man Herrn Wilda sein, wenn er es oiTen ausspricht: vdass der Satz, die grössere allgemeine Bildung mache den Arbeiter zufriedener und erwerbsfähiger, unrichtig ist; die Erfahrungen, die man in Deutschland nach länger als fünfzigjährigem Bestehen der Volksschulen gesammelt, widerlegen ihn gründlich; vielmehr ist die Umkehrung richtig; die grössere Erwerbsfähigkeit des Arbeiters macht ihn zufriedener und bildungsbedürftiger für sich oder wenigstens für seine Kinder. Hüten wir uns, dass wir unserem Ideal der Volksbildung nicht unseren Nationalwohlstand opfern, mit dessen Niedergange uns dann die Mittel für jede ideale Schöpfung fehlen würdenm Doch die Frage der Reform des Volksschulgesetzes als solches im Detail zu behandeln, ist nicht meine Aufgabe; mir liegt in erster Linie das Gewerbe am Herzen, sowie die kunstgewerblichen Fachschulen. Die Volksschule ist von mir nur deshalb in den Bereich der Discussion ge- zogen worden, um zu zeigen, dass es nöthig ist, den Zusammenhang der Volksschuleinrichtungen mit den Entwickelungsbedingungen der Kunst- gewerbe und der kunstgewerblichen Fachschulen klarzustellen und ins- besondere darauf hinzudeuten, dass die kunstgewerblichen Fachschulen eine breitere Basis besitzen müssen, als es gegenwärtig der Fall ist. Herr Director Wilda vertritt mit grosser Lebhaftigkeit das System der Lehrwerkstätte, und zwar der mit ausgiebigem theoretischen Unter- richte verbundenen, die Schulbildung begleitenden und ergänzenden Lehr- werkstätte. Er gibt diesem System unbedingt den Vorzug vor der Werk- stattlehre. In einem Theil wird wohl Jedermann Herrn Wilda zustimmen, nämlich dass es nöthig ist, das System der Lehrwerkstätte auszubreiten, und dass es insbesondere sich dringend empiiehlt, mit Gewerbeschulen und verwandten Instituten Lehrwerkstätten direct in Verbindung zu bringen. Hatte doch schon das Unterrichtsministerium bei den Lehrerseminarien sich veranlasst gefunden, eine Art schüchternen Versuch mit einer Lehr- Werkstätte zu projectiren, weil man deutlich gesehen hat, dass es für die künftigen Volksschullehrer, die ja sehr viel mit Lehrlingen zu thun haben, nöthig ist, gewisse gewerbliche Fertigkeiten zu erlernen. Dagegen bin ich keineswegs der Meinung mancher Vertreter des gewerblichen Bildungs- wesens, welche glauben, es könnten die Lehrwerkstätten jemals die eigent- liche Werkstatt als Unterrichtsstätte verdrängen. Ich bin umgekehrt der Ueberzeugung, dass auf die Wiederherstellung der Werkstatt- lehre das grösste Gewicht gelegt werden müsse; es ist dies dasjenige, was in der Natur der Dinge liegt, was in den Traditionen des Gewerbe- lebens begründet und mit den Gewohnheiten des Gewerbestandes untrenn- bar verknüpft ist. Allerdings, wie das heutige Gewerbewesen organisirt ist, wo Jeder ein Gewerbe betreiben kann, er mag dazu berufen sein oder nicht, er mag dafür geschult sein oder nicht, er mag auf dem betreifen-