3 64 dem Bedürfniss nach plastischer Vertiefung entsprechen. So bleibt endlich nur noch die raumschaffende perspectivische Linie, wie sie die Stillleben, die Innenansichten von Schränken und namentlich die zahlreichen archi- tektonischen Prospecte aufweisen. Wenn Burckhardt meint, dass sich in letzteren der übermässige Baugeist der Zeit ahlagere, so hat das doch nur zum Theil seine Berechtigung. Durch die ganze Kunst des Quattro- cento geht der Zug, die neue perspectivische Wissenschaft zu verwerthen, das freudige Sichüben in constructiven Problemen, wie sie just eine ar- chitektonische Stalfage am deutlichsten bot. Dazu mochte in diesem Falle noch kommen, dass, was Vasari zu einer unrichtigen Schlussfolgerung auf ihr Alter verleitet, die Darstellung geradliniger Gegenstände den In- tarsiatoren am leichtesten, d. h. wohl auch diesem Kunstzweig am ent- sprechendsten war, Deshalb auch widmen sich die besten Kräfte wie Barili, Giov. da Verona und andere mit besonderer Vorliebe derlei M0- tiven, ohne indess die menschliche Figur vollständig aus ihrem Dar- stellungskreis auszuschliessen. Ganz ohne Zusammenhang mit der anstossgebenden Kunst und eher wieder auch durch die Verwendung vielfach gefärbter Hölzer auf das eigent- liche Mosaik zurückweisend, sind die tigurenreichen Historien und Land- schaften, wie wir sie zuerst von Fra Damiano von Bergamo, dann auch von seinen Schülern nach Zeichnungen Lott0's ausgeführt finden und wie sie endlich im 16. bis 18. Jahrhundert zu bedenklicher und allgemeiner Herrschaft gelangen. Damit hat aber auch die Holzmalerei jegliche Stil- grenze verlassen und artet zu einer künstlerischen Spielerei aus. Auf der vollen Höhe decorativer Kunst steht dagegen die [ntarsia in ihrer dritten Form, wenn sie Pilaster, Friesbänder, Mittelfelder mit ihrem reichen Ranken- und Arabeskenwerk überzieht. Wie sie selbst erst der ausgebildeten Renaissance entspringt, gehören auch ihre Muster zu den edelsten Blüthen derselben. Ein Blick darauf zeigt, welcher Formen- welt sie ihre Entstehung verdanken. Es ist das auf die Fläche übertragene Reliefornament der Steinsculptur, theilweise natürlich modificirt durch die eigenthümlichen Bedingungen, unter die es in der neuen Anwen- dung tritt. Charakteristisch für diese lntarsienart im Vergleiche mit den früher genannten ist der scharf ausgesprochene Gegensatz von Grund und Einlage, ersterer meist dunkel, letztere hell, ferner die durchgängige Einfärbigkeit des Ornamentes. Das bedingt ein Stilgebot, das in den besten Werken nie vernachlässigt, selbst wieder massgehend für die Formbildung wird, näm- lich alle geschlossenen Massen aufzulösen, der Fläche des Grundes die bewegte Contour der Einlage gegenüberzustellen. Vasen, Postamente und dergleichen werden durchbrochen, gewissermassen nur in ihrem structiven Gerüste dargestellt, die figuralen Elemente, wie Putten, dann alles Ge- thier, so widerstrebend sie im Grund dieser Decorationsweise sind, wenig- stens durch kräftige Markirung der Innenformen belebt. Beispiele dieser