127 Künsten auszeichnend hervorgethan hat, fand dort eine Stelle. Dort schuf in der Loggia Moriz von Schwind die Fresken, die jetzt in geeigneter Weise reproducirt der Gegenwart, der leicht vergesslichen, wieder in Erinnerung gebracht werden. Seit dieser Zeit ist in Wien eine Reihe von Kirchenbauten ausgeführt worden, aber nur in wenigen wurde der Frescomalerei gedacht und der großen figuralischen Kunst eine bescheidene Stätte angewiesen. In der Brigittenauer Kirche hat Ludwig May er, ein Schüler Führichs und Rahls, einen Freskencyklus aus dem Leben der heiligen Brigitta mit wohlver- dientern Erfolge durchgeführt. Die projectirten Fresken in der Fünfhauser Kuppelkirche sind seit dem Tode Carl Schönbrunners ein Bruchstück geblieben. An Talenten fehlt es nicht, das Werk an diesem Baue zu vollenden; hoffen wir, dass sich Mittel finden werden, das Begonnene durchzuführen. Die Severinskirche in Währing, welche so zweckmäßige und gut beleuchtete Wandflächen für Fresken bietet, ist ganz ohne male- rischen Schmuck. Wer wird dort das Leben des gewaltigen Apostels der Kirche, Severins, erzählen, jenes Mannes, der aus den weltbewegten Zeiten der Völkerwanderung hervorragend, mit ungewöhnlicher Thatkraft begabt, heute noch in der Erinnerung des Volkes lebt? Außerhalb Wiens hat sich vor Allem der geistvolle StroBmayer der Frescomalerei in der Domkirche zu Diakovar angenommen und ihr durch Seitz, einen deutschen, in Rom lebenden Künstler, der die Kraft in sich fühlt, die großen Traditionen der italienischen Wandmalerei des 15. Jahr- hunderts wieder aufzunehmen, eine würdige Stätte geschaffen. An Aufgaben für die große historische Malerei fehlt es wahrlich weder auf dem Gebiete der Kirche noch des Staates und der monumentalen Architektur. Aber bei keinem monumentalen Baue ist der Malerei eine so große Aufgabe zugewiesen als bei der Votivkirche, die als Monumentalkirche geschaffen und gebaut ist und zu ihrer Vollendung im Inneren eines figuralen Schmuckes bedarf. Nur in einem kleinen Theile dieser Kirche sind die Fresken durchgeführt worden. Die Vorhalle, das Mittelschiff und das ganze Kreuzschilf ist fast kahl oder doch nur sehr nothdürftig mit Farbe ge- schmückt. Die Kunst hat zu aller Zeit dieselbe große Aufgabe: die Geister der Menschen jenen idealen Aufgaben zuzuführen, welche nur durch die figurale Malerei zu vollständigem Ausdrucke kommen. Wir müssten an uns und an unserer Kunst verzweifeln, wenn .wir nicht hoffen dürften, dass das was die Baukünstler im Rathhause, dem Universitätsbaue, der Votivkirche, dem neuen Burgtheater begonnen haben, nicht von den Malern in großem Style vollendet werden könnte. Es scheint mir jetzt an der Zeit zu sein, an die Hoffnungen zu erinnern, welche die Ausschmückung der Altlerchenfelder-Kirche wach- gerufen und an das gute Beispiel, welches die damalige Zeit gegeben hat.