verstehen. Halbe Künstlernaturen und Lehrer, die das ügurale Fach nicht gründlich verstehen, würden solchen Realschulen mehr Schaden als Nutzen bringen. Der gefährlichste Gegner des wirklichen Fortschritteis des Zeichenunterrichtes in Schulen ist eine Halbbildung des Zeichenlehrer- standes. Sollte daher in Mittelschulen die humanistische Richtung im Zei- chenunterrichte zum Durchbruche kommen, so müssten vorerst viel höhere künstlerische Anforderungen an die Lehramtscandidaten für den Zeichen- unterricht an Mittelschulen gestellt werden, als es gegenwärtig gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Anforderung, welche rücksichtlich der Kunstlehre gestellt wird, ist folgende: "Es soll eine Kunstlehre, wenn auch nur im engsten Sinne des Wortes, gleichsam als erläuternder Text zum Lehrapparate, in logisch verbundenen Vorträgen die Schüler in den Geist der Sache ein- führenn- Aus den Ausführungen Langl's geht hervor, dass der im Lehrplan niedergelegte Gedanke, der Zeichenlehrer solle in der Realschule über die verschiedenen kunstgeschichtlichen Momente, welche zur Erklä- rung der Vorlagen nöthig sind, erläuternde Auskunft geben, praktisch unausführbar ist. Ich kann mir auch recht gut vorstellen, dass dieser Paragraph des Lehrplanes sich nicht leicht realisiren lässt. Der Zeichen- lehrer mag wohl bei den verschiedenen Correcturen und Zeichenübungen nicht die Zeit behalten, ausführliche Erläuterungen dieser Art zu geben und ich weiß nicht, ob es auch gut ist, wenn die Lehrer sich auf ausführ- liche stylistische Erörterungen einlassen. Aus Wahrnehmungen ähnlicher Art entspringt nun in ganz consequenter Weise der Wunsch nach systema- tischen Vorträgen über Kunstlehre, d. h. nach Einführung eines neuen Faches in den oberen Classen der Realschule. Zur Ertheilung eines solchen Unterrichtes wäre" der Zeichenlehrer in erster Linie berufen, und dass Prof. Langl auch der Mann wäre, in der Schule, an welcher er wirkt, eine solche Kunstlehre erfolgreich vorzutragen, wenn dieser Gegenstand als Lehrfach eingeführt werden sollte, ist zweifellos. Ganz anders aber ist es, wenn man die Qualitäten der Zeichen- lehrer an Realschulen im Allgemeinen prüft, von denen die wenigsten bisher Proben kunstwissenschaftlicher Leistungsfähigkeit wie Professor Langl gegeben haben. Darin hat er vollständig recht, dass der Pro- fessor der Geschichte in den Realschulen nicht die Zeit hat, zugleich Geschichte und Kunstlehre vorzutragen. Um nun einige Klarheit in die Frage zu bringen, so müssen zweierlei Dinge auseinandergehalten wer- den: Erstens, die Frage der Einführung eines kunsthistorischen Appa- rates für den Geschichtsunterricht an Mittelschulen, und zweitens, die Frage über die Einführung einer Kunstlehre als Lehrgegenstand an Realschulen. Was nun den ersten Punkt betritft, so hat Professor Gottfried Kinkel auf dem kunsthistorischen Congress 1873 überzeugend nachgewiesen, wie unendlich fruchtbarer und anschaulicher der historische Unterricht an Schulen sein würde, wenn bei dem geschichtlichen Unter- 10'