BEILAGE zu Nr. 188 der „Mittheilungen des k. k. Oesterr. Museums". ln Frankreich, Holland und Deutschland war lange vor der Ein- führung der Majolika und Fayence die färbige Bleiglasur gekannt. Wir finden die altdeutschen und uralten Schweizer Kachelöfen technisch genau so behandelt, wie es unsere heutigen Hafner noch machen. Und in der Schweiz lässt sich der Kachelofen bis in's neuntelahrhundert zurück verfolgen. Bleioxyd - die sogenannte Glätte - und Sand werden zusammen gemahlen und dieser, zu einer farblosen Glasur schmelzenden Mischung durch Zusatz von Kupferoxyd oder Braunstein die grüne oder braune Färbung ertheilt. Die Methode ist einfach, die Glasur von so schönem Glanze, warmer Farbe, dass sie sich bisher erhalten hat und wohl fort erhalten wird. Auch der Töpfer macht sein Kochgeschirr nicht anders und es ist die Methode so praktikabel und billig, das Fabricat so eingebürgert, dass alles Predigen über die Gesundheitschädlichkeit dieser durch saure Speisen so leicht zersetzlichen, so viel Blei enthaltenden Glasur, nichts hilft. Es müsste ein Ersatzmittel nicht nur die Schönheit und Güte, auch die Billigkeit erreichen, um zu reussiren. - Auch dem ästhetischen Bedürfniss seiner Kunden weiß der Töpfer mit seinen bescheidenen Mitteln zu entsprechen. Er überzieht sein Geschirr ganz oder nur stellenweise mit einem stark eisenhältigen braunen Thone, auch wohl einer künstlichen Mischung mit Braunstein und ritzt in diese Decke - die sogenannte Engobe - vor der Glasur Verzierungen, Namens- züge u. dgl. ein. so dass der lichte untere Thon zum Vorschein kommt und also nach dem Brande die Zeichnung hell auf dunkelbraunem Grunde erscheint. Es lässt sich dies compliciren: Mehrere Thone werden an- gewendet, braune, ockerige, rothe, nach Art eines Emails nach bestimmter Zeichnung applicirt, auf den dunkeln Thon vielleicht wieder weißer auf- gelegt und darin die Zeichnung bis zur dunklen Unterlage eingeritzt. Nun kann noch stellenweise Kupferasche, Cobalt oder Braunstein aufgelegt werden, das Ganze wird aufgebrannt, dann glasirt und nun haben Sie ein Bauernkunstwerk - die sogenannte Bauernmajolika. Allerorten findet man dieses Verfahren mehr oder minder ausgebildet, namentlich in der Schweiz. Brongniart erwähnt aus dem Jahre 1836 schon den kleinen Bezirk Heimberg bei Thun, Canton Bern, in dem damals schon an 50 Töpferfamilien diese Industrie trieben. - Es ist das Verdienst von Keller-Leutzinger, ehemaligen Director der Kunstgewerbeschule in Karls- ruhe, den frischen, gesunden Kern dieser Töpferkunst erkannt, dieselbe auf höhere Ziele geleitet zu haben. Vlll. Bd. 188i. 9