M427 , weittragender Bedeutung für das gesammte gewerbliche Unterrichtswesen in Oesterreich wäre als diese. Denn dieselbe berührt nicht blos das Unter- richtswesen im engeren Sinne des Wortes, sondern auch die Interessen der Volkswohlfahrt des Reiches. Wir werden noch oft Gelegenheit haben, auf diese Maßregel eingehend zurückzukommen, empfehlen daher vor- läufig unsern Lesern die aufmerksame Lectüre des in der wWiener Ztgm veröffentlichten Memorandums. Es lautet wie folgt: Die Organisation der Oberleitung des gewerblichen Bildungswesens. Seit einem Jahrzehent haben Dank der landesvaterlichen Fürsorge Sr. Majestät des Kaisers die gewerblichen Bildungsanstalten einen solchen Aufschwung genommen und sich zu einem so bedeutenden Verwaltungsobiecte gestaltet, dass es im Interesse einer weiteren gedeihlichen Entwicklung nunmehr unabweisbar erschien, alle diese zwar viel- fach abgestuften, aber einander innerlich verwandten Institutionen unter einheitliche Oberleitung zu bringen. Die Losung dieser Aufgabe konnte nur insofern verwaltungs- xechnische Probleme darbieten, als es sich darum handelte, die einfachsten Formen für ein Zusammenwirken zweier Ressorts zu wählen, welche beide in gleicher Weise an den bezüglichen Fragen interessirt erscheinen. Es sind dies die Ministerien für Handel und Gewerbe und für Cultus und Unter- richt. Wenn es dem ersteren obliegt, darüber zu wachen, dass für die Förderung der Industrie, soweit solche auf dem Wege der Schule stattfinden kann, die nothwendigen Maßnahmen getroffen werden, so ist es die Pflicht des letzteren, durch besondere Insti- tutionen des otfentlichen Unterrichtes für die geistige Hebung und die berufliche Tüch- tigkeit der gewerblichen Classen zu sorgen und die mannigfachen Beziehungen zu pflegen, welche diesen speciellen Unterrichtszweig mit dem übrigen Bildungswesen enge ver- knüpfen. Es erscheint sonach Sache des Handelsministeriums, auf die Wahl geeigneter Orte und auf die Feststellung der praktischen Endziele für die gewerblichen Bildungs- anstalten in Gemaßheit der industriellen Bedürfnisse Einfluss zu nehmen, so wie dem Unterrichtsministerium die Aufgabe erwachsen muss, die Einzelheiten der Schuladmini- stration im Geiste richtiger Didaktik und Pädagogik zu besorgen. Diesen Gesichtspunkten entsprechend, sind die Wirkungskreise beider Ministerien bereits durch die Allerhochsten Entschließungen Sr. Maiestat vom 23. Mm und t. August 1848 und vom z. März 1867, ferner vom I0. April l86t abgegrenzt, indem durch die- selben dem Unterrichtsministerium die Leitung und Ueberwachung des ge- sammten Unterrichtswesens und dem Handelsministerium die Mitwirkung bei Errichtung und Regulirung von lndustrieschulen übertragen wurde. Hiedurch erscheint die Form des Zusammenwirkens gegeben. Bei Berathung der Maßnahmen, welche die Regierung bezüglich der Errichtung und Regulirung gewerb- licher Bildungsanstalten trifft, hat das Handelsministerium seinen Einfluss geltend zu machen, während die administrative Durchführung der Beschlüsse in den Pflichten- kreis des Unterrichtsministeriums fallt. In der Oberleitung dieses Verwaltungsbereiches muss sonach zwischen conaul- tativen und executiven Functionen unterschieden und kann eine Einheit nur da- durch hergestellt werden, dass die ersteren durch beide Ressorts gemeinsam, die letzteren durch das Unterrichtsministerium ausgeübt werden. Demgemäß erkannte die Regierung die Nothwendigkeit, für Angelegenheiten des gewerblichen Unterrichtes durch beide Mini- sterien gemeinsam ein fachliches Berathungsorgan einzusetzen, dessen Beschlüsse sodann durch das Unterrichtsministerium ausgeführt werden. Daher wird nach dieser Auffassung der Regierung zwar der Verwaltungsaufwand für diesen Schulzweig in den Etat des Unterrichtsministeriums - als des Executivorganes - einzustellen sein; bezüglich der Verwendung der Credite auf Errichtung und Regu- lirung gewerblicher Schulen hat jedoch das Handelsministerium in einer besonderen Fach- commission ressortmäßig mitzuwirken. - Eine derartige Organisation der Centralleitung bewegt sich streng auf der Basis der bereits erwähnten Allerhochsten Entschließungen über den Wirkungskreis beider Ministerien, und die Regierung musste sich verpflichtet halten, die Organisation nunmehr auf diese Basis zurückzuführen, über welche die Verhältnisse während des abgelaufenen Decenniums allmalig hinausgewachsen waren. Als nämlich in den ersten Siebziger Jahren eine umfassendere Thatigkeit auf dem Gebiete des gewerblichen Unterrichtes sich als nothwendig herausgestellt hatte, war an- fangs die Absicht der Regierung nicht directe auf Einrichtung und Verwaltung von neu zu creirenden Staatsanstalten gerichtet, sondern es war vielmehr nur die Gewahrung 16'