463 Mittel wären, um einen entsprechenden Lehrapparat für das Gebiet der Decorations-Malerei zu schaEen. Was man an Surrogaten hat, ist - so dankbar man für die jetzt so zahlreichen chromolithographischen und photographischen Publicationen sein mag - doch nur unzulänglich und wirkt nicht lebendig direct an- regend. Viel directer wirken Studien und Skizzen aus Galierien und Auf- nahmen nach der Natur von Gebäuden. Es haben nämlich junge Künstler, welche sich den Kunstgewerben widmen und die decorativen Künste studieren, eben keine anderen Behelfe, sich künstlerisch auszubilden, als jene jungen Leute haben, welche sich an Akademien befinden. Denn die Kunst, welche in den Kunstgewerbe- schulen gelehrt wird, ist keine andere Kunst, als die an den Akademien gelehrt wird. Denn es gibt nur eine Kunst und nicht zweierlei, etwa eine höhere und niedere Kunst. Für alle Kunst gibt es nur gemeinsame Gesetze, die für Alle, welche Kunst üben, dieselben sind. Ob sich die Kunstjünger in Akademien oder Kunstgewerbeschulen befinden, das ist nebensächlich. Aber wo immer auch Kunst gelehrt wird, so ist nur dafür zu sorgen, dass die echte und gute Kunst gelehrt wird, damit nicht die Kunst die Geister verwildert; und diese Verwilderung der Geister ist un- ausbleiblich, wenn die decorative Kunst so gelehrt würde, dass sie den Jünglingen, die sich an der Schule befinden, die irrige Vorstellung bei- brächte, dass zur decorativen Kunst weniger Ernst und weniger Gründ- lichkeit im Zeichnen nöthig wäre als auf anderen Gebieten der Malerei. Es sind viele junge Leute geneigt, die Flüchtigkeit der Zeichnung als Genialität anzusehen. Hinter der genialen Oberflächlichkeit birgt sich aber in der Regel nichts Anderes als die fehlende Schulbildung und die geistige Unfertigkeit. Da nun jeder Gegenstand aus einem Stoffe besteht, der eine seiner Natur entsprechende Form verlangt, so muss jede Decoration nicht blos mit dem Gegenstande, sondern auch mit seinem StoEe in Einklang stehen. Die Gestalt des Gegenstandes und der Stoß" sind daher genau bestim- mende Elemente jeder Decoration, daher auch der Decorations - Malerei. Zu allen Zeiten hat auch die Decorations- Malerei diese Aufgabe überall dort erfüllt, wo sie mit künstlerischem Geiste geübt wurde. Wenn wir daher gegenwärtig nur die Frage der Decorations-Malerei nach der Seite hin behandeln, ob und in welcher Weise die Decorations - Malerei auf Kunstgewerbeschulen und verwandten Anstalten gelehrt werden soll, so darf in keinem Augenblicke vergessen werden, dass die Decorations-Malerei mit der ganzen Kunst in einem engen Zusammenhange steht. Es ist daher beim Unterrichte an Kunstschulen der Gesichtspunkt nicht aus dem Auge zu lassen, dass ja die bildende Kunst selbst die Aufgabe hat, das Leben zu verschönern, es mit allen Reizen der Technik zu schmücken und zu zieren. Die Decorations-Malerei steht inmitten der großen Kunst, und jede Decorations-Malerei ist eine echte und wahre Kunst, wenn sie eben der