f 384 Versuchen wir es nunmehr, einen Umriss der ganzen Anordnung der Sammlung zu geben. Die ältesten Theile michen noch in das 15. Jahrhundert zurück. Unter diesen ragt ein vollständiger Reiterharnisch (1. Feld) schon gekehlt und mit lilienförmigen Ora namenten an den Rändern der Geschiebe der Brust geschmückt, hervor - ein Bild der ersten vollendeten Plattenharnische. Seine reiche, elegante Ausstattung macht es wahr- scheinlich, dass er im Besitze eines der Bürgermeister dieser Epoche war. An der Wand des Feldes, wo dieser Harnisch steht, sind drei Gruppen von Waffen, aus der Zeit der Kaiser Friedrich lV. und Max l. Langs der Wand des nächsten Feldes sind sechs halbe, geritTelte Mailänder Harnische aus der Zeit Max l. aufgestellt, an der NVand mehrere Beiderhander, zweihandige Schwerter, welche gewöhnlich von den auserlesensten Leuten des Fussvolkes getragen wurden, dann Aalspiesse und Helmbarten. An dieser und den folgenden Barrieren stehen Reislanzen, welche von den Reisigen im Kriege getragen wurden. Die Kehlung der Galerie langs der ganzen Seite dieses Saales füllen bemalte Tartschen - eine Specialitat des Wiener Waffenmuseums, indem diese hölzernen Schilde in anderen Sammlungen zu den grössten Seltenheiten gehören, während sie hier noch in grosser Zahl sich erhalten haben. Wir erinnern beispielsweise an das Hof-Waifenmuseum, wo sich nur ein paar Exemplare vorfinden. Aber nicht blos durch ihre Quantität impo- niren die Tartschen, einige sind darunter auch wegen ihrer reichen, fein durchgeführten Bemalung von hohem Interesse. Die schönste bemalte Tartsche, mit der Darstellung de: heil. Georg, deren Platz sich in der Fensternische zwischen dem 3. und 4. Felde be- iindet, wird eben durch die Restaurirschule des Belvedere's in guten Stand gesetzt; sie gibt uns einen interessanten Einblick in die Leistungsfähigkeit der Wiener Maler des 15. Jahrhunderts. Unter den folgenden Rüstungen ist im 4. Felde ein vollständiger Reiterharnisch mit schwarzgeatzten Strichen hemerkenswerth, dessen Helm zu jener Gattung von Kopf- hedeckungen gehört, welche von Max l. erfunden und zuerst in den burgundischen Kriegen gebraucht wurden. lm 5. Felde beginnt die Reihe der Bürgerharniscbe, welche bis zum 16. Felde reichen. Sie führen diese Bezeichnung, weil auf der Brust das Wiener Stadt- wappen eingeatzt ist. Sie wurden in den Jahren 1546 und 1571 von dem Stadlrathe in Nürnberg angekauft. Das Jahr 1546 ist in der Geschichte Wiens durch den egen die Secte der Wiedertäufer aufgenommenen Kampf hervorragend. In das Jahr 1 71 fallen jene glänzenden Feste, welche in Wien zu Ehren der Verrnahlung des Erzherzogs Karl von Steiermark mit Maria von Baiern gefeiert wurden. An diesen Festen war auch die Bürgerschaft lebhaft betheiligt, wie dies aus den prächtigen, der Sammlung Hauslab ange- hörigen Bildern hervorgeht, welche sich in der historischen Ausstellung vorfinden werden. Mit dem 15. Felde ist aber die Reihe der Harnische nicht abgeschlossen, sondern sie füllen die Wände bis zum 2 . Felde und zeigen die ganze Formenentwicklung der Bürger- bewaßhung von der Mitte es 16. Jahrhunderts bis zum Ausgange des Zojähr. Krieges. Von reicher Ausstattung sind die Harnische im 23. Felde, wahre Prachtstücke der Samm- lung. Ausser den Rüstungen finden sich aber an den Wänden die verschiedenartigsten Walfengattungen, wor_unter die Helmbarten, Beiderhander und Aalspiesse am zahlreichsten vertreten sind. Eine Ausnahme bilden nur die Felder 11 und 12 im Quertracte, eingeschlossen von drei Ruhmestempeln, in denen die Büsten des Grafen Niclas Salm, des Herzogs Karl von Lothringen und Rüdiger von Starhemberg aufgestellt sind. Sie kennzeichnen die beiden Epochen, in welche die glanzendsten Thaten der wehrhaften Bürger Wiens fallen. ln der That sind auch diese Ruhmestempel reich mit Siegestrophaen geschmückt, welche meist von den beiden Türkenbelagerungen stammen. Gleich ober dem Tempel der Büste des Vertheidigers der Stadt im Jahre 152g, Grafen Niclas Salm, hängt eine stark vergilbte und zerrissene Fahne, welche in ihrer schonen heraldischen Stylisirung des Stadtwappens darauf hinweist, dass sie in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts angefertigt wurde. Um diese Fahne schaarten sich die Bürger schon in den kriegerischen Tagen Friedrich lV., sie wurde vorangetragen bei festlichen Aufzügen und im Jahre x52g mag sie das ermuthi- gende Banner auf den Stadtwällen gewesen sein, unter welchem die Bürger vereint mit den kaiserlichen Hilfstruppen ihre letzten Kräfte daran setzten, dem Anprall der heran- stürmenden Feinde siegreichen Widerstand entgegen zu stellen. An dieses Banner schliessen sich 16 türkische Fahnen mit lnschriften, von denen 14 bei den Belagerungen vor Wien erbeutet wurden. Nur zwei, die grosse rothe Blutfahne und eine grüne, sind Geschenke des Herzogs Karl von Lothringen und des Feldmarschalls Laudon, welche sie bei Han- schabeck und Belgrad erbeuteten. Die Wande der beiden Felder 11 und 1a bedecken zum Theile sehr werthvolle türkische WaEen. Bemerkenswerth sind an dem Gesimse des mittleren Tempels Stern und Halbmond, dann der kaiserl. Adler mit dem Doppelkreuze. Erstere, die mittelalter- lichen Symbole der kirchlichen und weltlichen Gewalt, krönten seit dem Beginne des 16. Jahrhunderts die Spitze des Stephans-Thurmes. Nach der zweiten Türkenbelagerung wurden sie, weil auch die Osmanen diese Zeichen dort aufpflanzten, wo sie siegten, mit