346 Hoher du gegenwärtigen Stand der Vorarbeiten ftr die Aufstellung der kals. Geuilde- galerie In aaaea Hofluuun. Vortrag, gehalten im Alterthumsvereine zu Wien am 19. März 1875, von Eduard R. v. Engerth. Der Vortrag, welcher vom Freih. v. Sacken über die Aufstellung der Alterthums- aamrnlungen im neuen kunsthistorischen Museum jüngst an dieser Stelle gehalten worden ist, hat das Verlangen rege gemacht, auch über die Art der Neuaufstellung der Gemälde- galerie etwas zu vernehmen. lch entspreche der in dieser Richtung an mich ergangenen Aufforderung, bitte Sie aber, das, was ich heute sage, als Einleitung, als einen Anfang anzusehen und mir zu gestatten, im Verlaufe der ferneren Arbeiten noch einmal auf diese" Angelegenheit zurückkommen zu dürfen. Denn der Umstand, dass es sich in diesem Falle nicht nur um eine einfache Uebersiedlung in ein neues Haus, sondern um eine gänzliche Neugestaltung der Galerie nach jeder Richtung hin handelt, wird es wohl als gerecht- fertigt erscheinen lassen, wenn nicht jetzt schon, mehrere Jahre vor dem Eintreten der Uebersiedlung, Alles und in allen Theilen fertig und abgeschlossen vorliegt. lch beginne mit jenem Theile der Arbeit, welche mir gleich bei meiner Ueber- nahme als die dringlichste erschienen ist, ich meine: die neue Katalogisirung der Galerie. Die Versuche, der kais. Galerie einen beschreibenden Katalog zu geben, sind so alt als ihre Aufstellung im Belvedere. Sie haben aber alle kein Glück gehabt. Schon Christian v. Mechel, der diese Aufstellung 1777 besorgte und das erste Verzeichniss 1781 verfasste, nahm sich vor, diesem bald einen uCatalogue raisonnew folgen zu lassen. Man muss bedauern, dass es nicht dazu gekommen ist, denn dieser in Kunstsachen sehr erfahrene Mann hatte gewiss Manches zu sagen gewusst, was für uns von Interesse sein könnte. Die nächste Umgestaltung der Galerie, hervorgerufen durch weitere Vermehrungen, besorgte Director Joseph Rosa. Sein Katalog ist unvollständig und ist auch sehr bald ausser Gebrauch gekommen, weil die Galerie nach der Rückkehr der Anno 1809 zum Theil nach Ungarn geilüchteten und zum Theil nach Paris entführten Bilder abermals eine Neuaufstellung erfuhr, welche Füger besorgte. Es war nun an diesem, für einen neuen Katalog zu sorgen. Er hatte auch den besten Willen, aber er kam nicht über die Vorrede hinaus. Inzwischen, bis zum Erscheinen des Kataloges, sollten geschriebene Blätter, die man in jedem Zimmer anbrachte, dem Bedürfnisse genügen. Das Provisorium dauerte fort bis zum Jahre 1837, in welchem Albrecht KraGt seinen ersten Katalog her- ausgab. Er fasste gleichzeitig den Entschluss, diesem bald einen historisch-kritischen Katalog folgen zu lassen, und betrieb diese Arbeit mit seltenem Eifer und Erfolg. Dieser ausgezeichnete Gelehrte hat sich durch seine Erforschungen der Daten für eine eingehende Geschichte der kais. Galerie ein unvergangliches Verdienst erworben. Als Sohn des Malers und Directors der Galerie hatte er Gelegenheit, von Kindheit an die Schätze des Belvedere kennen und die Kunst lieben zu lernen. Mit grosser Genauigkeit und Ausführlichkeit begann er sein Werk, aber er sollte nur die Mühe und nichts von den Früchten derselben haben, denn mitten unter diesen Arbeiten ereilte ihn der Tod. Unter seinem Nachlass fand sich ein Theil seines Kataloges druckfertig, ein zweiter in Vorbereitung; ausserdem aber noch ein reiches Material für die weiteren Ausführungen. Der erste Theil ist im Jahre 1854 von Rudolf v. Eitelberger herausgegeben worden. Er umfasst nur eine kleine Zahl der Bilder dieser Sammlung, aber er führt uns die ganze Bedeutung des Verlustes vor Augen, welchen die Galerie durch den so früh eingetretenen Tod des Autors erlitt. Albrecht KratTt folgte in Kunstfragen dem Urtheile seines Vaters und acceptirte die Anschauungen seiner Zeit. Er selbst legte das Hauptgewicht auf die Erforschung von Daten, wozu ihn seine literarische Bildung und die Kenntniss von 14 Sprachen geeignet machte. Leider ist das ganze Material, die Frucht langjähriger Arbeit, wenn es noch existirt, bisher unbenutzt liegen geblieben. Der nächste Versuch, der Galerie einen Katalog zu geben, wurde vom Galerie- director Erasmus Engen gemacht. Auch Engert hat damit begonnen, dass er ein kurz gefasstes Verzeichniss voraus- sendete, um Zeit für die Studien für das grossere Werk zu gewinnen. ' Wenn Albrecht Kraift ausgezeichnet war durch schriftstellerische Vorzüge, so ver- fügte dagegen Engert über ein ungewöhnliches Kunstverstandniss. Auch Erasmus Engert starb, ohne sein Vorhaben, der Galerie einen historischen Katalog zu geben, ausführen zu können. So ist denn diese Arbeit seit 90 Jahren fünfmal angefangen worden und nie- mals zu Stande gekommen. . Wenn ich nach den Ursachen dieser Thatsache suche, so finde ich, dass jeder dieser Unternehmer sich anschickte, die ganze Arbeit allein zu machen, obwohl vier davon am Abende ihres Lebens standen und der fünfte, Krafit, schon beim Beginn der Arbeit den Keim des Todes in sich trug.