7 Möchte die Firma den eingeschlagenen Weg, der ihr einen Weltruf ein- gebracht hat, nicht verlassen und uns dadurch den Verlust, den die öster- reichische Kunstindustrie durch die Krankheit des Herrn Eduard v. Haas erleidet, minder schwer empfinden lassen. Auch Karl Giani ist diesmal mit Prachtarbeiten erschienen und zwar im Dienste der Kirche. Es ist ein ganzer reicher Festornat für die Schotten- kirche, welchen der kunstsinnige Prälat Abt Helferstorfer unter Vermittlung seines Sacristeidirectors Kern harmachen lassen: Antipendium, Pluviale, Dalmatica u; s. w. Wäre es nicht wegen der Zeichnung der Figuren, die allerdings mangelhaft ist, so möchte man an diesen Arbeiten volles Vergnügen finden. Sie sind gut im Styl, die Ornarnentation in Pflanzen und Blumenwindungen, die Gesichter, die ganz in Stickerei ausgeführt sind, zum Theil vortrefflich gelungen, der Gesammteifect sehr gut. Unter allen Umständen war es ein Iöbliches Beginnen, der Kunst der Stickerei eine so grossartige Aufgabe zu stellen. Die Stickerei unserer Tage entzieht sich eigentlich der ästhetischen Kritik. Ganz in dilettantische Hände gerathen, war sie nur noch Hand- beschäftigung, aber nicht mehr Gegenstand oder Frage der Kunst. Amor mochte zuweilen bei diesen'Arbeiten mit im Spiele sein, aber die Grazien hatten sie verlassen. Der Geschmack gehörte zu den Eigenschaften, die durch ihre Abwesenheit glänzten. Das grosse Interesse, welches neuerdings für die Kunst in der In- dustrie erweckt worden ist, konnte nicht verfehlen, auch auf die Stickerei Einfluss zu üben. Bis dahin aber war es nur diejenige Stickerei, soweit sie Industrie, die nämlich in den Fabriken, welche den Einfluss spürte, und auch nur fast einzig für den Dienst der Kirche oder allenfalls für die Ausstattung des vornehmen Hauses. Was die Fabriken an Mustern und Modellen für das Haus, für die Beschäftigung der weiblichen Hand bieten, ist fast ausnahmslos bis heute so grundschlecht geblieben, wie 65 war. Und doch fängt auch die Dilettantenstickerei, d. h. die Stickerei im Hause, langsam, ganz langsam an, sich in Bewegung zu setzen. Der Zweifel an dem eigenen Werthe ihrer Arbeit ist in sie gefahren; X sie sieht sich nach neuer Art um, und wenn auch der Zufall sein Spiel hat, so kann sie doch nicht etwas Schlechteres ergreifen als das, was sie besass und übte. Diesem Umstande ist es wohl zuzuschreiben, dass die weibliche Acu- pictura sich heute vorzugsweise auf die Spitzen wirft und mit einer ge- wissen Vorliebe ältere Spitzenarten imitiren zu wollen scheint. Bisher war das Beste, was sie leistete, die Weissstickerei; wo Farbe mit in Frage kam, versagte der Geschmack regelmässig. Die Weissstickereien zeigten nicht selten wenigstens bewunderungswürdige Ausführung, wenn auch die Zeichnung meistens nicht auf gleicher Höhe stand. Im Gefühl dieser Schwäche war der Uebergang zur Spitzenarbeit, vermittelt ohnedies durch die nFri- volitäfenn und ihresgleichen, nicht schwierig, falls die Technik zu Gebote