Vorlesungen In Museum. Herr Regierungsrath J. v. Falke hielt am 2., g. und i6. December drei Vortrage über "die Kunst im Otientß oder eigentlich, mit Ausschluss des Alterthurns, in den mohamedanischen Ländern. WVenn es auch nicht zu wünschen ist, es möge sein Aus- spruch, dass die orientalische Kunst für uns eine orientalische Frage geworden sei, sich auch in seinen Consequenzen bewahrheiten, so ist doch nicht zu leugnen, dass die Kunst des Ostens für uns vom grossten praktischen wie ästhetischen Interesse ist. Sie ist eine Welt für sich, durch eine tiefe Kluft von uns geschieden. Den Mittelpunkt unserer Kunst, die Darstellung des Menschen mit all' seinen Leidenschaften, die Landschaftsmalerei hat sie von ihren Aufgaben ausgeschlossen. lhre gesammte Production tragt den Charakter des Spielenden und selbst ihre Architektur scheint unserer strengen statischen Gesetze zu spotten. Nachdem Herr v. Falke diese Vergleichung der beiden Kunstwelten noch weiter ausgeführt, kam er zur Beantwortung der Frage, wie denn dies alles so geworden, da nur die armen Sohne der Wüste, die Araber, die Schöpfer der heutigen orientalischen Kunst sind, bei denen aber zur Zeit ihres Auftretens in der Geschichte davon keine Spur zu finden ist. Nur eine bluthenreiche, farbenprächtige Poesie besessen sie, die dem ganzen Volke wie das Blut in den Adern glühte, und diese allein hatten sie entgcgenzusetzen der gesammten Kunst jener Lander von Gibraltar bis zum Ganges, über die binnen einem Jahrhundert ihr Scepter gebot. Der Vortragende besprach nun zuerst das Schicksal des Hellenismus im Zusammenstosse mit dem Buddhismus, den romantischen Zug in der Kunst der Sassaniden, die Entwicklung des Byzantinismus und den Stand der römischen Kunst in Westen. Er zeigte dann, wie die Araber in ihrem Siegeslaufe die vorgefundenen Kunstelemente nicht blos ganz zu den ihrigen machten, sondern vollends umgestalteten, so dass von dem Original gar nichts mehr vorhanden zu sein scheint. Die Ausbildung und Geschichte des Moscheenbaues, von der einfachen Umfriedung der heiligen Quelle zu Mekka bis zu dem Prachtbau in Damaskus, der noch im eilften Jahrhundert als ein Welt- wunder gepriesen ward, bildeten den Schluss des ersten Vortrages. Am zweiten Abende besprach der Vortragende das glänzende Bild des Blüthe- zustandes in Poesie, Wissenschaft, Kunst und Comfort des Lebens, welcher Andalusien unter dem arabischen Scepter zu dem gebildetsten Lande der damali en Welt machte. An die drei grossen Herrschaftsperioden: t. der ummajadischen seit 75 zu Cordova, 2. der marokkanischen Fürsten seit Jussuf lbn Taschfin (um 1080) zu Sevilla und endlich die letzte zu Granada lassen sich eben so viele Abschnitte in der Entwicklung der arabisehen Kunst anknüpfen. Jedoch passt von den für dieselben üblichen Bezeichnungen nur die byzantinisch-arabische scharf genug für die erste Periode , da sich in derselben nach den innigen Beziehungen zwischen Byzanz und Cordova der Einfluss der ostromischen Kunst deutlich auspragt. Weniger zutreffend sind die Benennungen der zweiten Periode, als der maurisch-arabischen und der dritten als der mauresken, weil die afrikanischen Fürsten nach- weisbar gar kein neues Element in die arabische Kunst hereinbrachten, vielmehr die letza tere sich als die stetige Weiterbildung ein- und desselben Keimes bis zur vollendeten Frucht darstellt. Die einzelnen Phasen erlauternd, besprach der Vortragende eingehend das spielende Decorationsprincip der Araber, das sich selbst die Umformung constructiver Theile erlaubte, ihre mannigfachen Bogen, die Entwicklung ihres Capitals, die eigenthümv liche Umbildung der byzantinischen Kuppel, ihre Stalaktitengewolbe u. s. w. Als Träger der ganzen Auseinandersetzung dienten ihm die grosse Moschee, jetzige Kathedrale von Cordova, mit ihren tg Langs-, 35 Querschiden und l4oo Säulen, dann die mit märchen- hafter Pracht ausgestatteten königlichen Lustschlosser Alkazar und Azzahra am Quadal- quivir, an welche sich im nächsten Vortrage die Schilderung der Denkmäler von Sevilla und des Wunderbaues der Alhambra anschloss. ' Der historischen Skizze der arabischen Kunst während ihrer zweiten und dritten Periode in Spanien ging noch die Entwicklung einzelner ihrer Decorationsarten voraus, namentlich des Glasmosaiks (Fesitissai und der sogenannten Azulejos, iener bekannten far- bigen Thonplatten zur Bekleidung der unteren Wandpartien. Er besprach die zwei ver- schiedenen Arten ihres Ornamentes, jenes mit geometrischen Figuren und das Arabesken- ornament, ferner dasjenige Element, welches die arabische Kunst vor der unserigen voraus hat, nämlich die Schrift, welche sie in künstlerischer Weise zur Zier und durch ihren Inhalt zur Erbauung und Erheiterung zu verwenden weiss. Dagegen fehlt ihr ein Zweig, welcher gerade für uns um so bedeutungsvoller geworden ist, die Darstellung von Menschen und Thiergestalten. Wie mehrere noch erhaltene Denkmäler der Sculptur und Malerei bezeugen, machten die Araber, unbekümmert um die überstrenge Auslegung einer harm- losen Stelle des Korans durch ihre Priesterschaft, wiederholte Versuche in dieser Richtung, doch haben sie es darin niemals weit gebracht und nach dem Mangel auch des Dramas zu schliessen, scheint ihnen geradem das nöthige Talent zu fehlen. Ihre stets spielende Phantasie ermöglicht ihnen nicht das Festhalten und Durcharbeiten eines individuellen Charakters in Poesie und bildender Kunst. Ueber die Periode der Dynastie von Sevilla