erscheinen die medicinischen Schulen für Frauen, deren erste im Jahre r85o als New England Female Medical Collage gegründet wurde. ln den nächsten zwei Jahrzehnten entstanden fünf weitere medi- cinische Facbschulen für Frauen, und wurde diesen letzteren der Zutritt zu fünf Hochschulen gestattet, wo sie gleich den männlichen Hörern ihren Studien obliegen konnten. Seitdem haben die weiblichen Aerzte in Amerika sich nicht übel bewährt und vielfach das Vertrauen der Bevölkerung ge- wonnen. Schülerinnen des New England Female Medical College haben in Chicago, in Detroit Hospitäler für Frauen und Kinder errichtet und sich die Stellen von Assistenten an Staatsanstalten erworben, so an dem State Lunatic Asylum zu Worcester und an dem State Alms-House zu Pewksburg. Schülerinnen eben jener Fachschule sind Professoren der Anatomie, der Physiologie, der Gesundheitslehre im Mount Holyoke Se- minar und im Vassar College, während eine grosse Zahl von ihnen als praktische Aerzte in Boston und in anderen Städten wirken. Als ganz ausserordentliche Gehilfinnen erscheinen diese medicinisch gebildeten Frauen den Missionsgesellschaften bei ihrem mühseligen Berufe. Die weiblichen Aerzte, welche sich diesen Gesellschaften anschliessen, gewinnen leicht Fuss inmitten eines fremden Volkes, das Vertrauen kommt ihnen ent- gegen, und deutlicher als alle Glaubenssätze und -Lehren spricht die thatkräftige Hilfe, welche die milde Hand des Arztes in der Stunde der Angst und Noth zu bringen weiss. - ä- ' Wenn wir die Bewegung überblicken, welche der weibliche Unter- richt in Amerika seit kaum mehr als einem halben Jahrhundert gemacht hat, wenn wir die Entstehung und die Entwicklung der einzelnen Schulen und ganzen Schulsysteme in das Auge fassen. wenn wir die kurze Spanne Zeit überschauen, die zwischen der ersten Schreib- und Leseschule und dem Vassar College liegt, dann müssen wir uns aufrichtig gestehen, dass ein solcher Fortschritt unsern europäischen Kopf ein wenig schwindeln macht. Er ist nur aus den enormen Dimensionen des Landes, aus dem Schaffensdrang des amerikanischen Geistes, und aus den eigentliümlichen Culturverhältnissen zu erklären. Die Männer Amerikas arbeiten anders, und die Frauen lernen anders als die Männer und Frauen anderer Welttheile. Merkwürdig ist, wie sich im Kerne des scheinbar so kühlen und berechnenden Volkes die Begeisterung für idealere Ziele und Gedanken findet, merkwürdig das Zusammenströmen enormer Summen, das Entstehen der Schulpaläste, die wie auf ein Zauberwort sichtbar aus dem Boden wachsen, - und noch merk- würdiger als dies Alles ist die Zahl der Schülerinnen, der Tausende von jungen Mädchen. die Jahr um Jahr diesen Schulen zuströmen, in welc ihnen Aufgaben gestellt.werden, deren Erfüllung die volle Thatkraft des denkenden Menschen erfordert. Fortsequng auf der Beilbge. '