wenige Münchener Arbeiten ausgenommen, einen etwas provinziellen Charakter, und man sieht es der baierischen Production an, dass Deutschland noch eine tonangebende, feine Gesellschaft fehlt, die von einem Mittelpunkte des Weltverkehres aus dem Geschmacke und den Sitten Richtung gibt. Unsere Kunstindustrie hat, wenn der Ausdruck gestattet ist, einen weltrnännischeren Zug heute noch voraus. Wenn Berlin zu der großen Stellung als deutsche Weltstadt emporgeführt wird, zu welcher es die Energie der dortigen Staatsmänner erheben will, so werden wir wohl diesen letzten Vorzug auch bald verloren haben. Gegenwärtig zeigen sich auf der Nürnberger Ausstellung insbesondere Keramik, Glas und Schlosserarbeiten, wie Alles, was mit der Bekleidungs- industrie zusammenhängt, noch recht schwach. In Edelrnetallarbeiten erscheint das Beste in dem bekannten Genre-gehalten, den Gedon, Seitz, Halbreiter u. s. w. mit Virtuosität pflegen; das Figurale an diesen Ar- beiten ist meist pikant, hin und wieder aber durch Abgeschmacktheiten im Einzelnen oder durch unharmonischen Aufbau des Ganzen verdorben. Die Schreinerei stellt sich auch hier, wie anderwärts in Deutschland, als nationales Lieblingsgewerbe dar. Sie hat großartig und tüchtig exponirt; in den zahlreichen lnterieurs sind ihre Leistungen meist eben so gut, als die Gesammtfarbenstirnmung der Räume schlecht ist. Jeder Wiener Tapezierer würde es besser gemacht haben, und es scheint in dieser coloristischen Seite der Kunstindustrie bezüglich Baierns derselbe Uebel- stand zu constatiren, den v. Falke im Vorjahre auf der Stuttgarter Aus- stellung hervorhob. Den industriellen Verhältnissen Baierns entsprechend spielt natürlich die Textilbranche auf der Ausstellung nahezu keinelRolle. Was sodann die Bildungsanstalten betrifft, so ist an den technisch en Gewerbeschulen (königl. Industrieschulen) der Fortschritt ein sehr beachtenswerther. Fernei- haben die Münchener Fortbildungssch ulen, welche neuestens mit großem Erfolge nach gewerblichen Fachgruppen gegliedert wurden, sich außerordentlich gehoben, und es ist in diesem Zweige seit 1876 die Entwicklung bedeutender gewesen als bei uns. Auch der Zeichenunterricht an der Volksschule scheint von Seite der maß- gebenden Factoren mit besserem Verständniss berücksichtigt zu werden, als dies leider in unserem Lande der Fall ist. Endlich wird auch an den baierischen Realschulen noch immer das gewerbliche Fachzeichnen in ausgedehnter Weise betrieben, während wir die analogen Anstalten in dieser Hinsicht so tief geschädigt haben! Bezüglich der eigentlichen kunstgewerblichen Fachlehranstalten darf dagegen constatirt werden, dass die Leistungen der unseren nur in manchen Zweigen erreicht und kaum in Einem übertroffen werden, wiewohl die baierischen Anstalten nicht stehen geblieben sind, wie Jeder, der sich der Ausstellungen von 1873 in Wien und 1876 in München erinnert, gerne zugeben wird. An der Gießerei des Gewerbemuseums wirkt ein Franzose, der ehedem bei Barbedienne in hervorragender Weise beschäftigt war und der