Und als dann die indessen entwickelte böhmische Porzellanindustrie immer lauter und lauter Klagen erhob über Schädigung, über das Ver- derbliche einer Concurrenz des Staates mit seiner eigenen Industrie, da war über die Fabrik der Stab gebrochen. Alle Bestrebungen der tüchtigen und thätigen Kräfte der Anstalt, sie wieder auf ein höheres Niveau zu heben, durch Musterleistungen die Lebenskraft und das technische Können des Institutes darzuthun, scheiterten. - Der Gedanke, die Fabrik zu restringiren, zu einem reinen Kunst- und Musterinstitute, der Concurrenz mit der privaten Industrie entrückt, umzuwandeln, lag nahe. Man verwarf ihn oder hatte ihn gar nicht. Die volle Erkenntniss der Bedeutung der Kunstindustrie für die materielle und Culturentwicklung des Landes war noch nicht durchgedrungen, die Aufgabe des Staates, durch Lehranstalten, Muster- und Versuchsinstitute den Fortschritt der Industrie zu leiten und zu unterstützen, noch nicht genügend erkannt. 1867 wurde die kaiserliche Porzellanfabrik aufgelöst, die Vorräthe versteigert und die Traditionen von 150 Jahren zerstoben in alle Winde. Wir werden sehen, wie man dieselbe Existenzfrage einer staatlichen Fabrik in Frankreich aufgefasst und zur Lösung gebracht hat. Wenden wir uns nun, nachdem wir die Schicksale der Wiener Fabrik bis zu ihrem Ende verfolgt, wieder zurück in die Zeiten ihrer ersten Jugend. Konnte Meißen sein Geheimniss kein Decennium für sich behalten, so ge- lang dies der Wiener Fabrik ebensowenig. 1740 verließ ein Angestellter derselben, der im Besitze ihrer Arcana war, Namens Ringler, Wien und wandte sich zunächst nach Höchst im Churmainzischen, wo sich der Stein- gutfabrikant Gelz schon seit langer Zeit mit Versuchen über Porzellan abmühte. Ringler richtete dort im Vereine mit seinem Vertrauten Bengraf eine Porzellanfabrik ein, die namentlich später, als sie vom Churfürsten von Mainz zur Staatsanstalt gemacht wurde, sich schön entwickelte und gedieh. Die unter der geschickten Leitung des Modelleurs Melchior ver- fertigten Fabricate der Höchster Fabrik genossen hohen Ruf, und konnten selbst die Concurrenz mit Meißen ertragen. Die Fabrik, deren Zeichen das Mainzer Wappen, ein Rad in Gold, Roth oder Blau war, wurde 1794 bei dern Einfalle der Franzosen zerstört. 1750 hatte der Herzog Carl von Braunschweig den eben genannten Gehilfen Ringlers, Bengraf, bewogen, Höchst zu verlassen und zu Fürsten- berg eine Fabrik zu gründen, die in der Folge ziemliches Renomme genoss. Und von nun an sehen wir eine Fabrik nach der andern in rascher Aufeinanderfolge entstehen. Der erwähnte Arcanist Ringler aus der Wiener Fabrik, war ein derber Weintrinker und ließ sich im Rausche von seinen Arbeitern die Recepte, die er stets bei sich trug, aus der Tasche ziehen, so dass sie bald so viel wussten als er selbst.