373 Appetit verderben zu lassen, wenn sie Euch indilferent oder sentimental in die Schüssel schauen. Wen diese Gesellschaft genirt, der wird sie nicht zu Gaste laden, d. h. nicht bestellen. vHarmonieu, ein schönes Wort, auch für Glasmalerei, auch noth- wendig, wenn ihr Werk vollendet sein soll. Man darf nur nicht vergessen, dass Glasmalerei keine zahme, sanfte, gedämpfte Harmonie kennt, wie etwa stilvolle Gewebe, ihre Harmonie zittert und glüht und sprüht ein lebendiges Feuer auf ernstbewegtem Grunde. - Ich bin überzeugt, dass diese Harmonie Wenige verstehen und genießen. Wie soll ein Badezimmer, das im Rez de chausse liegt, nicht in einem Ringstraßen-Palast, wo man eine anständige Leiter brauchte, hinaufzu- steigen. sondern in einer Villa, in deren ebenerdige Fenster man bequem hinein blicken kann, glasmalerisch geschmückt werden? Mit Fenstern in Art jener der Laurenziana, der Certosa? Sollen die Fenster eines Badezimmers einen öffnenden oder abschließenden Cha- rakter haben? Es ist ein Versuch gemacht worden in den Fenstern und der Thlire für das Badezimmer des Grafen Raczynski: sollten die etwa grün sein? - Vielleicht weil von rauchblauem Grunde sich Wasserpflan- zen abheben, die nicht rosenroth, sondern 'grün sind in einer reichen harmonischen Tonfolge, die das Saftige Laubwerk des Sommers mit dem brandig vergilbten des Herbstes mischt, worunter Nixen, Elfen und glänzend befiederten Vögeln so wohl ist. Erschreckt das gebrochene Licht; verwirrt der reichere Inhalt auf ernstem Grunde? Vermag das ewige Einerlei des Rautennetzes oder die Arabeske den ruhig Badenden so anzuregen, als diese träumerische Flora, diese silberglänzenden Schwäne, der goldene Königstaucher oder der kokette rosige Flamingo? Ist es poetischer stilisirte Rosen auf Batzen- scheiben zu werfen oder aus den Kelchen der Seerosen die kindlichen Blumenseelen aufsprießen zu lassen; liebst Du mehr die ornamentalen Delphine und wären sie die eleganteste italienische Renaissance, oder sie als Naturgebilde, etwas ideell geformt und gefärbt, gebändigt von Puttlen, der menschlichen Kraft? Soll der Reiz des Meeres Dich nicht bezaubern, die Nixe Dir nicht singen? Es ist ein lnhalt, der weit über die conventionelle Decorations- weise im Fenster des Hauses hinausgeht; wofür wirklich kein altes Glas als Vertheidiger aufsteht; es verzichtet darauf, es vertheidigt sich durch seine Existenz. Singt ein Chor von Fünfhundert, spielen Hundert im Orche- ster, die Fülle schadet nicht, wenn nur Alles in Harmonie singt und klingt. Unsere Kunstgewerbe und seine Kritiker sind so sehr gewohnt, sich immerfort mit alten Beispielen zu legitimiren, wie Philologen es mit jeder grammatischen Erscheinung zu thun lieben, dass sie etwas Neues nicht erfassen können und es deshalb mit einem "zu viele abweisen.