9! in denjenigen früheren Jahren berücksichtige, in denen allein die Hand noch bildsam genug ist. Diese Erweiterung des Lehrprogramms brachte eine Reihe neuer Erfahrungen auf dem Gebiete der Schule selbst, die sich förmlich zu dem Lehrsatz vereinen lassen, dass auch auf dem Gebiete der Schule Wissen und Können zweierlei ist. Es hat sich gezeigt, dass es etwas Anderes ist, eine Sprache zu sprechen, als deren grammatisches Gefüge zu verstehen; etwas Anderes, zeichnen zu können oder blos die Theorie des Zeichnens zu wissen. Es hat sich gezeigt, dass Wissen und Können sich gegenseitig in manchen Beziehungen fördern, dass aber auch viel, sehr viel Selbständiges in jedem dieser beiden Elemente einer vollständig harmonischen Ausbildung des ganzen Menschen enthalten ist, was ganz selbstandig vermittelt und gepßegt sein will, wenn es überhaupt gelingen soll, eine Erkenntniss, welche die alte, rein theoretische Schule gar nicht be- sitzen konnte. So gelangten wir schrittweise zu derjenigen nationalökonomischen Be- trachtung des Schulwesens, welche heute allenthalben Kunstgewerbe- und Handwerker- schulen entstehen lässt und nun auch die Vorbereitung hiezu auf der Unterstufe der Volks- und Btirgerschule folgerichtig fordert. Wir haben uns überzeugt, dass der Na- tionalreichthum in erster Linie durch die positive Arbeitsleistung in Gewerbe und Industrie und durch das vorhandene Ausmaß des thatsächlichen Könnens auf diesem bedingt ist; und wenn wir auch heute noch das geflügelte Wort eines großen Staats- mannes unterschreiben: vWissen ist Machtn, so können wir heute demselben den anderen Satz zur Seite stellen: -Können ist Reichthurnl. Beides im Auge zu behalten, ist für uns von gleicher Wichtigkeit. Die zahlreiche Versammlung spendete dem Gehorten reichen Beifall. - Dienstag, den t8. März um 7 Uhr Abends hielt Herr Lehrer A. Bruhns einen zweiten Vortrag über den vHandfertigkeitsunterricht und seine Bedeutung für die Familie und das Haus: mit Demonstrationen von Arbeiten aus der ersten Schulwerkstatte. Literaturbericht. Kunstgewerbliche Arbeiten aus der culturgeschichtlichen Ausstellung in Graz 1883. Ausgewählt von Karl Lacher, photographisch aufge- nommen von Leop. Bude in Graz. Graz, Friedr. Goll, 1884.. F01. Die Grazer Ausstellung, zur Jubelfeier der (ioojahrigen Zusammengehörigkeit Steier- rnarks mit dem Hause Habsburg veranstaltet, fand allseitige Anerkennung, sowohl betreffs ihrer Reichhaltigkeit (7000 Nummern) als Anordnung, so dass jeder, dern es gegönnt wer, dieselbe zu besichtigen, die vorliegende Publication als kostbare Erinnerungsblatter willkommen heißen wird. Wer aber die zahlreichen Kunstobjecte, deren sich die herr- liche Steiermark noch erfreut, und die mit patriotischem Stolze und nachahmenswerther Bereitwilligkeit von ihren Besitzern, Privaten und Körperschaften, zur Verherrlichung des Jubelfestes eingeschickt worden waren, nicht selbst bewundern konnte, der linder des Stoffes zu Freude und Belehrung in Hülle und Fülle, ob er nun bloß als Kunstfreund an die Durchsicht dieser Blätter herantritt, oder als Lehrer nach Vorlagen für seine Schüler, oder als Kunstindustrieller nach Vorbildern für seine eigenen Schöpfungen sich umsieht. Mannigfach nach den verschiedenen Zweigen der Kunstindustrie und mannigfach nach den vertretenen Stylen, immer aber trefflich in ihrer Art sind die dargestellten Ob- jecte, Dank der sorgfältigen und sachkundigen Auswahl durch Professor Lacher. Und dieser fand den besten Interpreten für seine Absichten in dem Chemiker und Photographen Bude, dessen Aufnahmen ausgezeichnet sind und voll und ganz auf der Hohe photo- graphischer Erzeugnisse stehen. Dazu sind die Lichtdrucke von Naumann 81 Schroeder in Leipzig als vorzüglich zu bezeichnen, die Aufnahmen gerade in richtigem Maße für Lehrzwecke, nicht zu groß, was sie vertheuern, nicht zu klein, was ihrer Deutlichkeit schaden wurde, die Unterschriften über Material, Entstehungszeit und Provenienz der Ob- jecte vollauf genügend zur Orieutirung, kurz die ganze Publication ist von einer Art, dass der Verleger des besten Erfolges sicher sein kann, den er durch die schone Gesammt- ausstattung in reichem Maße verdient. Der Preis von 6 B. für das Heft zu ro Tafeln - und solcher Hefte sind lO in Aussicht genommen - ist in Anbetracht des Gebotenen ein mäßiger zu nennen. Nur ein Wunsch sei zum Schluss noch angedeutet: Der Schreiber dieser Zeilen hatte Gelegenheit, noch etwa go von Herrn Bude aufgenommene, für die vorliegenden Publication nicht bestimmte Bilder von Ausstellungsobiecten zu sehen, und auch diese schienen ihm einer Veröffentlichung im lnteresse von Schulen und Indu- striellen in hohem Grade werth. Können wir also vielleicht einer Fortsetzung von Lacher's Werk entgegensehen? Ch. s 8.