Mitmsiluuusu das k. k. llsslsrrsisls Museums
KUNST UND INDUSTRIE.
sMonatschrift für Kunst und Kunstgewerbc;
Am 1. einen jeden Monuis erscheint eine Nummer. Abonnementspreis per Jahr G. 4.-
Redacteur Jouf Folnuica. Expedition von C. Gerolis Sohn.
Man abonnirt im Museum, bei Gerold Comp., durch die Poslanslalten. sowie durch
alle Buch- und Kunsthandlungen.
Nr.1 1234. "WIEN, 2. M2? 18185. xx. Jahrg.
Iuhnlt Emhnllnng der Gedenktafel für Ferdinand Lanfberger. Ueber Rer gnng der Monumenle.
Vonng von Prof. Dr. A. Bauer. Neuere deuuche Kunstgeschichte. Von R. v. E. Sxeier-
mirkincher hndes-Muxeumxverein Joanneumh Petition der Wiener Künullergencssenschat!
an den Reiclnrarh. Liteuturbericht. Kleinere Minheilungen.
Enthüllung der Gedenktafel für Ferdinand Laufberger.
Die Schüler Ferdinand Laufbergefs haben es als eine Pflicht der
Dankbarkeit angesehen, ihrem zu früh dahingeschiedenen Lehrer ein würdiges
Denkmal zu errichten. Sie haben es auf eigene Kosten gethan, und
im Stiegenhause des Oesterr. Museums, woselbst sich schon zwei
pietärvoller Erinnerung geweihte lnschrifttafeln befinden, wurde Montag
den 16. Februar die Gedenktafel für Ferdinand Laufberger enthüllt. Die-
selbe ist nach dem Entwurfe des Hofr. Prof. Storck in Marmor und
Bronze ausgeführt, und mit einem von Prof. Kühne modellirten Porträt-
medaillon Laufbergefs in Verbindung gebracht. Die treffliche Marmor-
arbeit rührt von Francini her, die Bronzen hat k. k. Hofbronzewaaren-
fabrikant Alois Hanusch ausgeführt, den ornamentalen Theil Sc hin dler
modellirt. Die Tafel trägtdie Inschrift nDem unvergesslichen Lehrer Ferdinand
Laufberger, Historienmaler, Professor an der Kunstgewerbeschule des k. k.
Oesterr. Museums, geb. 16. Febr. lglg, gest. 16. Juli r88r. Seine dankbaren
Schüler.-
Die Enthüllung fand in Gegenwart des durchl. Protectors, Sr. kais.
Hoheit Erzherzog Rainer statt, und gestaltete sich durch dessen Anwesen-
heit, sowie durch die der Verwandten und Kinder Lanfbergefs, mehrerer
Curatoren, der Beamten des Museums, der Professoren der Kunstgewerbe-
schule und zahlreicher Gäste zu einer würdigen und erhebenden Feier.
Se. Excellenz der Herr Minister für Cultus und Unterricht hatte sich durch
Herrn Ministerial-Secretär Zeller wegen dienstlicher Geschäfte ent-
schuldigen lassen. Nachdem sich Erzherzog Rainer, der in Begleitung
x. m. 1835. 25
seines Obersthofrneisters Generalmajor Freiherr de Vaux erschienen war,
die Comite-Mitglieder und die Hinterbliebenen Laufbergefs hatte vor-
stellen lassen, hielt Reg-Rath Buch er folgende Festrede
uDer ehrenden Aufforderung eines Kreises von ehemaligen Schülern
des Professors Ferd. Laufberger folgend, erlaube ich mir Eurer kais.
Hoheit deren ehrerbietigsten Dank auszusprechen für die gnädige Gewäh-
rung ihrer Bitte, ein einfaches Denkmal für ihren verehrten Lehrer im
Museum anbringen, und am heutigen Tage, an welchem vor sechs und
fünfzig Jahren der Verewigte geboren wurde, enthüllen zu dürfen.
Die wenigen Worte, welche ich mir noch zu gestatten bitte, bezwecken
nicht den Versuch, ein volles, abgerundetes Charakterbild des Menschen,
des Künstlers und des Lehrers zu geben, sondern nur in knappen Zügen
darzulegen, von welchem Gedanken jene Männer bei der Errichtung einer
Denktafel für den uns Allen Unvergesslichen geleitet worden sind. Als
vor mehr als drei Jahren Ferd. Laufberger so plötzlich, in der Blüthe
der Kraft, des Wirkens und Schaffens abgerufen worden war, regte sich
noch unmittelbar unter dem Eindrücke des erschütternden Ereignisses der
Wunsch, es möge hier im Museum ein bleibendes Zeichen der Erinnerung
an ihn gestiftet werden. Nicht von der Sorge konnte dieser Wunsch ein-
gegeben sein, dass ohne ein solches Zeichen sein Gedächtniss hier jemals
schwinden könne. So lange dieses Haus steht, wird es auch seinen Namen
nennen, in dem leuchtenden Schmucke dieser Halle, in den reizenden
Arabesken, durch welche er, in dieser Richtung bahnbrechend, das Gebäude
schon äußerlich als ein den Künsten geweihtes bezeichnet hat. Und so
lange dies Haus eine Bildungsstätte für Jünger der ornamentalen Künste
ist, wird, darauf dürfen wir vertrauen, der Geist Laufbergefs lebendig
bleiben, und in den Nachstrebenden ein pietätvolles Andenken des Meisters
wach erhalten. Dazu also bedurfte es keines Bildes und keiner Schrifttafel.
Setzen doch eben seine Schüler ihren Stolz darein, seinlgeistiges Ver-
mächtniss nutzbringend zu verwalten, für seine Grundsätze Zeugnis ab-
zulegen in ihrer schöpferischen, wie in ihrer Lehrthätigkeit. Und da handelt
es sich nicht um die Formeln eines ausgeklügelten Lehrsystems. Was
Laufberger zu einem wahren Vorbilde für sie gemacht hat, das war die
Einheit von Künstler, Lehrer und Mensch, der in keinem Zuge seines
Wesens sich verleugnende Charakter. Schlicht, ehrlich und treu, rastlos
strebend und an sich bessernd, freudig schaGend, aber mit äußerster Strenge
gegen sich selbst, offenen Auges für alle Erscheinungen der Natur und
des Lebens, voll seltenen Verständnisses für das Kunstschalfen früherer
Perioden, bescheiden sich beugend vor größeren Genien der Vergangen-
heit und seiner Zeit so hielt er unverbrüchlich fest an den in ernsten
Studien und schwerem Ringen erkämpften Ueberzeugnngen, vertrat sie
mannhaft, bethätigte sie mit seiner ganzen Kraft.
So sahen ihn seine Schüler wirken, denen er, ein älterer Freund,
rückhaltlos mittheilte, was er wusste und konnte, die er an eine gleich
ernste Auffassung ihres Lebensberufes, an gleich strenge Anforderungen
gegen sich selbst gewöhnte, denen er seine Begeisterung und sein
Schönheitsgefühl einzullößen verstand. Und in diesem Sinne wünschen sie
sein Bild späteren Geschlechtern zu zeigen, welche, wie einst sie selbst,
hier eintreten, um zu den Höhen des Künstlerthums geleitet zu werden.
Welcher Ort aber wäre für dieses Bild geeigneter, würdiger, als der Raum,
welcher sich nur zu schnell zu einem Camposanto für Männer gestaltet
hat, die um die Wiedergeburt des österreichischen Kunstgewerbes sich
verdient gemacht haben? Und welcher Ort könnte mit größerem Rechte
die Ehre eines Denkmals für Ferd. Laufberger beanspruchen als das
Oesterr. Museum, dessen Aufgaben er die besten Jahre seiner Manneskraft
geweiht, zu dessen Stellung er in der Welt in so hervorragender Weise
beigetragen hat?
Wie das Dankgefühl seiner Schüler zu einem sichtbaren Ausdrucke
drängte, so glaubten sie zugleich einen Tribut abzutragen für Alle, die
an der Förderung des kunstgewerblichen Schaffens in Oesterreich thätig
oder wohlwollend Antheil nehmenm
Ueber Reinigung der Monumente.
Vortrag,
gehalten im k. k. Oesterr. Museum für Kunst und Industrie in Wien am 14. Janner 1885
von Prof. Dr. A. Bauer.
Der Wanderer, der, von den Höhen der Alpen herabsteigend, Italien
durchzieht, wird, im Gcnusse zahlreicher Kunstwerke schwelgend, auch
eines Geflihles des Bedauerns darüber nicht entrathen können, dass nur
wenige der Erzeugnisse der plastischen Kunst in unversehrtem Zustande
erhalten sind, ja dass gewöhnlich nur Fragmente vorliegen und selbst
bei gut erhaltenen Marrnorgebilden zuweilen wesentliche Theile fehlen,
schadhaft sind oder Rauhigkeiten und Corrosionen aufweisen.
Vielfach war es wohl die Hand der Barbaren welche, wie an den
Statuen der Villa Hadrian's in Tivoli, mit roher Brutalität die Zerstörung
veranlasste; vielfach aber ist es auch der Zahn der Zeit, der in unauf-
haltsamer Weise zerstörend gewirkt hat, oder es sind die schädigenden
Unbilden des Wetters, welchen das Verderben zugeschrieben werden
muss. Leider ist es aber eine unverkennbare Thatsache, dass auch
heute noch, trotz der Pietät, welche unser aufgeklärtes und kunstsinniges
Jahrhundert zur Conservirung und Erhaltung aller Kunstschätze veran-
lasst, wenigstens die im Freien aufgestellten Monumente, durch zerstö-
rende Vorgänge aller Art in ihrer Existenz nicht wenig bedroht erscheinen.
Es kann wohl nicht geleugnet werden, dass hier häufig die Außer-
achtlassung der nöthigen Vorsichten, ja zuweilen geradezu eine gewisse
Sorglosigkeit die Ursachen sind, die, namentlich in unseren rauheren Kli-
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maten, die Schädigung der Monumente auf öffentlichen Plätzen, an Kirchen
oder auf Kirchhöfen zur Folge hat. Man ist eben gewöhnt, den Producten
der plastischen Kunst die Rücksichten auf Reinhaltung, welche man bei
Gegenständen des täglichen Lebens natürlich findet, zu versagen, obzwar
es sich um Objecte handelt, welche berufen sind, auf alle Menschen
erhebend und veredelnd zu wirken und die oft bestimmt- sind, welthisto-
rische Ereignisse oder Namen verdienter Personen und deren Leistungen
kommenden Geschlechtern zu erhalten. Man übersieht, dass nichts für
das schöne Aussehen verderblicher, ja selbst für die Existenz gefährlicher
werden kann, als der Einfluss fremder Stoße, die sich als Schmutz und
Staub auf das Material eines Monumentes oder einer Statue heften und
diese nicht nur im äußeren Ansehen beeinträchtigen, sondern durch Zer-
setzungsprocesse aller Art schädigen.
Die Art des Materiales, aus welchem ein Kunstwerk geformt ist,
verhält sich gegen derartige Einwirkungen ganz ungleich, und ich habe
diese Frage bei einer anderen Gelegenheit des Näheren erörtert
Insbesondere verhalten sich Stein und Metall sehr verschieden.
Während ersterer und namentlich Marmor in weit höherem Maße dem
Verderben ausgesetzt ist und durch die Unbilden der Witterung oder
den Frost zerstört werden kann, zeigen Metalle, wie die Kunstbronze,
wohl eine weit größere Widerstandsfähigkeit, werden aber dagegen in
ihrem äußeren Ansehen leicht beeinträchtigt, da der Process der Patina-
bildung durch äußere Verhältnisse und zwar insbesondere durch die
Wirkung der Atmosphärilien beeinflusst wird.
Meist scheut man sich, öffentliche Monumente einem Reinigungs-
verfahren zu unterwerfen, theils wegen der großen Kosten, theils auch
weil man, wenigstens bei Erzmonumenten, fürchtet, durch häufige
Waschungen oder gar durch Anwendung bestimmter Wasch- oder Lö-
sungsmittel die Patinabildung zu beeinträchtigen, und in der That kann
nicht geleugnet werden, dass alle derartigen Arbeiten große Vorsicht
erfordern.
Hier in Wien wurden kürzlich die zwei Brunnenfiguren am Graben,
welche aus Blei angefertigt sind, vom Bildhauer Wilhelm Sturm in
einer recht gelungenen Weise einer eingehenden Restaurirung und Rei-
nigung unterzogen, und der Fürsorge des Stadthauamtes ist es zu danken,
dass die prächtigen Gestalten des Donner-Brunnens am Mehlmarkte ein
befriedigendes Aussehen bewahren, nachdem, wie Herr Stadtbau-Director
Franz Berger mir mitzutheilen die Güte hatte, diese Figuren bei der
zwei- bis dreimal im Jahre vorzunehmenden Reinigung des Bassins mit
Wasser, unter Verwendung von Schwämmen und Lappen gewaschen werden.
Zur Frage der Erhaltung der Oßenllichen Denkmäler. vMitlheil. des k. k. Oesterr.
Musßumsc, 1881.
57
Es ist dies ein treflliches Beispiel dafür, wie leicht es ist, das
schöne Ansehen einer Metalloberfläche zu erhalten, wenn man durch
Reinlichkeit den schädlichen Einfluss des Staubes und Schmutzes fern-
hält, und die Zukunft wird beweisen, dass die Patinabildung dadurch
zwar vielleicht verlangsamt, aber gewiss nicht in nachtheiligern Sinne
beeinflusst wird.
Betrachten wir die Natur der Verunreinigungen, also diejenigen
Stoffe, die das bilden, was man als nSchmutzq bezeichnet, so könnte
zunächst die Frage aufgeworfen werden, warum Dinge, die man nicht
reinigt, überhaupt schmutzig werden, und zwar selbst dann, wenn sie
sich in dem abgeschlossenen Raume einer Stube befinden. Die Gegenwart
evon in der Luft überall suspendirten Theilen fester Stoffe Staub gibt
auf diese Frage wohl eine Antwort, welche jedoch die Sache nur zum
Theile erklärt.
Staub ist zwar so allgemein in der Luft verbreitet, dass es äußerst
schwierig ist und nur durch ganz besondere Processe, wie z. B. durch
Glühhitze, gelingt, eine wirklich staubfreie Atmosphäre herzustellen,
allein warum haftet der Staub an gewissen Obiecten fest und warurn
lässt er sich nicht wieder vollständig wegfegen oder vielleicht sogar
wegblasen?
Dies hängt einerseits mit der Natur des Staubes zusammen, wird
aber auch durch andere Umstände bedingt.
Die Natur des Staubes ist an verschiedenen Orten und zu ver-
schiedenen Zeiten variabel; auch an ein und demselben Orte kann zwi-
schen Straßenstaub und Staub innerhalb der Wohnräume ein großer
Unterschied herrschen.
So fand Dr. Emmerich im Staube, den er von den Büchern in
einem Auctionslocale Leipzigs gesammelt hatte, 51 Proc. von organischen
Stoffen, die 3Proc. Stickstofl" enthielten und gleichzeitig fand er irn Straßen-
staube, der in nächster Nähe dieses Ortes gesammelt war, nur 7'9 Proc.
von tProc. Stickstoff haltenden organischen Körpern.
Der erstgenannte Staub besitzt daher eine weit größere Menge von
zersetzlichen oder fäulnissfähigen Stoffen, welche durch ihre chemische
Veränderung die Bildung klebriger Körper bedingen können, die dann
die Ursache des Festhaftens weiterer Staubrnengen, also der Entstehung
von Schmutzschichten sind.
Aber auch abgesehen davon, muss bemerkt werden, dass in der
Luft, namentlich in geschlossenen Räumen, oft flüchtige, sogar wirklich
gasförmige dampfförmige organische Körper vorhanden sind, die sich
theils durch Flächenanziehung, theils mit der Feuchtigkeit auf den ver-
schiedenen Objecten condensiren und das spätere Anhaften von Staub
veranlassen können.
Auf diese Weise kann sich eine dünne Schicht bilden, die zum
Herd für Zersetzungsprocesse wird, welche den sogenannten ndumpfenu
Geruch erklären, der in geschlossenen Zimmern entsteht, selbst wenn
diese nicht bewohnt sind und nur selten betreten, aber auch weder
entsprechend gelüftet noch mit der nöthigen Sorgfalt rein gehalten werden.
Dass eine gehörige Lüftung jedoch mit zur Reinhaltung gehört, da
sie zur Verhinderung obgenannter schädlicher Processe dient. ist eine
anerkannte Thatsache, die allerdings heute hier nicht weiter besprochen
werden kann.
Bei öffentlichen, im Freien aufgestellten Obiecten sind ähnliche
Ursachen maßgebend, die aber durch weit gröbere Eingritfe, wie das
Anhaften von Pferdemist, Vogelexcrementen etc. in ihren schädlichen
Folgewirkungen unterstützt werden.
Durch derartige Vorgänge entsteht nicht selten eine ziemlich bedeu-'
tende Schicht von erdiger Beschaffenheit, die die Bildung einer wirklichen
Vegetationsdecke zu veranlassen vermag, welche zumeist aus Flechten
und Moosen besteht, ja zuweilen selbst höhere Pflanzen enthält.
Bei Erzmonurnenten ist das freilich nur in bescheidenem Maße
möglich, aber bei Objecten aus Stein und Marmor können solche Pro-
cesse die verderblichsten Wirkungen nach sich ziehen.
Die Zerstörung der Oberfläche festen Gesteines durch die auflösende
Wirkung der dasselbe berührenden Wurzeln wurde schon von Liebig
aus dem Vorkommen von Kalksteinstücken geschlossen, deren Oberßäche
mit Wurzeleindriicken bezeichnet war. Sechs hat dann im Jahre 1859
gezeigt, dass Maiswurzeln in kurzer Zeit polirte Marmoroberflächen
corrodiren und bewies später, dass die Wurzeln verschiedener Pflanzen
im Stande sind, binnen wenigen Tagen glatte Flächen von Dolomit,
Magnesit und Osteolith an den Berührungsstellen durch auflösende Wir-
kung zu corrodiren.
ln unserem Falle haben wir es allerdings zunächst blos mit sehr
niederen pflanzlichen Organismen zu thun, allein auch diese vermögen
eine ähnliche Wirkung zu äußern. Tulasne sah die Sporen von Verru-
caria muralis Mauer-Vilarzenilechte, auf einem geglätteten Kalksteine
ausgesäet, Wurzeln treiben, die allmälig wuchsen, Querwände erhielten,
sich verzweigten und, zwei bis drei Monate nach der Aussaat, mit ein-
ander ein ziemlich dichtes Geflecht bildeten. Auf diesem entwickelte sich
nun eine weißliche Schicht runder, vier bis sechs Zehntausendstel Milli-
meter großer Zellchen, fest mit einander und mit den Fäden, von denen
sie erzeugt wurden, verbunden. Bald nachher sah man auf dieser ersten
Lage da und dort Zellchen mit grünem Inhalte erscheinen und man
durfte nicht mehr zweifeln, dass ein neuer Thallus der Verrucaria muralis
aus den zum Versuche dienenden Sporen entstanden sei.
Diese Flechten besitzen ein sehr langsames Wachsthum und
erreichen ein hohes Alter, und viele derselben sind hiebei an eine
bestimmte, theils chemische, theils physikalische BeschaEenheit des Unter-
gruncles für ihr Gedeihen gebunden.
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Man sieht eine Menge Lichenen auf kahlem, festem Gestein, manche
selbst auf Glasscheiben, ja Eisenbahnschienen sich ansiedeln und gedeihen,
und möchte daher wohl der Ansicht Raum geben, dass dieselben nur
der anorganischen Substanz als Nahrung bedürfen. Allein in dieser
Richtung sind die bisher vorliegenden Untersuchungen noch ziemlich
dürftig, und man ist selbst darüber nicht klar, ob die feuerbeständigen
Bestandtheile -der Lichenen aus dem Substrat stammen und durch die
Rhizinen Haftorgane und Wurzelhaare direct von der Unterlage aufge-
nommen werden, oder ob sie aus der Luft bezogen werden, also aus
den Mineralkörperchen, die mit dem Staube auf den Thallus gelangen
und von dessen ganzer Oberfläche mit dem Wasser aufgesogen werden
können.
Allerdings hat die erstere Ansicht größere Wahrscheinlichkeit für
sich, weil die Aschenanalysen von Flechten zeigen, dass die Menge der
feuerbeständig Bestandtheile und ihre quantitative Zusammensetzung mit
dem Substrat in hohem Grade wechseln, und weil, wie man weiß, die
Haftorgane, und selbst der ganze Thallus, tief in das härteste Gestein
eindringen, was ein theilweises Lüslichmachen des letzteren voraussetzt.
Dies ist auch der erste Grund, weshalb die auf anorganischem
Boden wachsenden Flechten die Verwitterung desselben in hohem Grade
fördern, wobei dreierlei Ursachen zusammenwirken Feuchthalten des
Gesteins, die lösende Wirkung der sich ausscheidenden Säuren Kohlen-
säure und die rein mechanische Wirkung der eindringenden Haftorgane.
Diese Verhältnisse erklären auch die Rolle, welche die Flechten bei
der Urbarmachung des Bodens für die übrige Vegetation überhaupt spielen.
Obwohl oben gesagt wurde, dass selbst Metalle Eisenbahnschienen
zuweilen eine Unterlage für die Entwickelung von pflanzlichen Orga-
nismen abgeben können, so unterliegt es doch gar keiner Frage, dass
bei Erzmonumenten diese Art von schädlichen Einflüssen in den Hinter-
grund tritt.
Größere Vertiefungen, wie die Falten der Gewandung, Mähnen des
Pferdes, sowie Rauheiten der Metalloberiläche selbst, sind aber immerhin
Orte, an welchen sich Schichten ansammeln können, die pflanzlichen Orga-
nismen zur Wohnstätte zu dienen vermögen. Dagegen wirken hier manche
Ursachen dieser Entwickelung entgegen. So sind die Metalle, welche
hier in Betracht kommen, wie die kupferhaltige Bronze oder das Blei,
durch ihre chemische Natur dem Lebensprocesse abträglich, dann dürften
auch die starken Temperaturveränderungen, die die gut leitende metal-
lische Unterlage erleidet, ebenfalls als ein Hinderniss zu betrachten sein.
Dagegen werden hier durch die Zersetzungsprocesse, die die orga-
nischen Reste des Staubes Schmutzes erleiden, auf das äußere Ansehen
der dyfetallfläche und im weiteren Verlaufe auf die Patinabildung die
schäidlichsten Einflüsse ausgeübt.
niaks vermehrt, theils die Bildung dieses Körpers durch Zersetzung der
stickstoffhaltigen, namentlich animalischen Tbeile wie Reste von Pferde-
und Vogelexcrementen des Staubes veranlasst wird. Ammoniak löst jedoch,
sowohl als reines, in Wasser enthaltenes Gas, als auch in der Form des
gelösten kohlersauren oder auch eines anderen Salzes sofort etwas Kupfer
aus der Bronze auf und diese Lösung verursacht die Schwarzfärbung der
Oberfläche, wie dies ausführlich durch die Untersuchungen festgestellt
wurde, welche R. Weber über die Patinabildung vorgenommen hat.
Diese Untersuchungen haben ferner gezeigt, dass es insbesondere die
zinkhältigen Bronzen sind, welche die Ausscheidung eines schwarzen
Niederschlages aus Kupferlösung veranlassen und ein rascheres Fort-
schreiten von Oxydationsprocessen in weiterem Gefolge haben, und es
muss daher aus dieser Untersuchung allerdings auch geschlossen werden,
dass die Natur der Legirung, die zur Bronze dient, sowie deren Oberflächen-
beschaHenheit einen entscheidenden Einfluss auf die Patinabildung übt.
Ausschluss von erheblichen Mengen von Zink, Abwesenheit von
Arsen oder Antimon, sowie eine glatte Oberfläche, die das Haften von
Schmutz und Staub hindert, sind somit wesentliche Momente für die
Entstehung schön gefärbter dichter Ueberzüge.
Man kann sagen, dass alle Ursachen, welche die chemische Aende-
rung der Oberfläche des Erzes erheblich beschleunigen, der Bildung einer
guten Patina gefährlich werden können, denn das schöne Aussehen dieses
Ueberzuges liegt nicht so sehr in der chemischen Zusammensetzung des-
selben als in seiner physikalischen Beschaffenheit und zwar namentlich in
seiner Dichte, welche durch rasche Bildung vermindert wird.
Dies macht auch die Versuche einer künstlichen Patinirung so
schwierig, wenn durch dieselbe ein wirklicher mit der Erzunterlage innig
zusammenhängender Ueberzug angestrebt wird, der also zum großen Theil
aus der Substanz des Objectes selbst entstanden sein muss, und es ist
dies auch die Ursache, weshalb gewisse accessorische Bestandtheile der
Atmosphäre, wie z. B. die schweflige Säure etc, nachtheilig wirken.
Selbst organische Stoffe, die in Zersetzung begriffen sind, können,
wenn sie eine reducirende Wirkung ausüben, dadurch in hohem Grade
schädlich werden. Diese verderbliche Wirkung, welche überhaupt redu-
cirende Substanzen auf die zwei wesentlichsten Bestandtheile einer echten
grünen Patina, nämlich Kupferoxydhydrat Cuprihydroxyd und kohlen-
saures Kupferoxyd Cupricarbonat nehmen können, wurde durch Versuche
erhärtet, die wir vorgenommen haben, um die Wirkung des nascirenden
Wasserstoffes auf die beiden genannten StoEe zu studiren.
Ammoniak kommt zwnr nicht frei, aber an Säuren gebunden stets in du Atmo-
sphäre vor.
341
Frisch gefälltes, gut gewaschenes und getrocknetes Kupferoxydhydrat
und ebenso behandeltes normales kohlensaures Kupferoxyd wurden fein
gepulvert, in Wasser aufgeschlemmt und mit Natriumamalgam versetzt.
Nach wenigen Tagen hatte der sich entwickelnde Wasserstoff eine thei1-
weise Oxydulbildung Kupferoxydulbildung veranlasst, die mit einer rasch
vorschreitenden Schwarzfärbung verbunden war.
Das Hydrat Hydroxyd hatte offenbar Wasser, das Carbonat unter
gleichzeitiger Oxydulbildung Kohlensäure abgespalten.
Entsprechende Gegenversuche, die gleichzeitig unter ganz gleichen
Umständen mit denselben Rohstoffen vorgenommen wurden und bei
denen blos Aetznatron Natriumhydroxyd und Quecksilber angewendet
wurden, hatten negative Resultate ergeben. Außer einer unbedeutenden,
durch die Bildung basischer Verbindungen bedingten schwachen Farben-
veränderung war keine auffallende Erscheinung wahrnehmbar.
Es ist sehr möglich, dass die reducirende Wirkung von in Zersetzung
befindlichen organischen Stoffen auf der schon gebildeten Patinaschicht
von Monumenten, unter dem Schutze einer mehr oder weniger dicken
Lage von Schmutz oder Staub in ähnlicher Weise zersetzend wirkt, wie
dies bei dem beschriebenen Laboratoriumsversuche beobachtet wurde, was
die Schwarzfärbung und Bildung einer schwarzen Oxydschicht an solchen
Erzflächen erklären würde, die entweder durch Rauhigkeit der Oberfläche
in hohem Masse dem Anhaften fremder Körper unterworfen sind oder
die bei glatter Oberfläche, durch örtliche oder zufällige Umstände den-
selben Einflüssen unterliegen.
Die '1'hatsache, dass organische Stoffe, also kohlenstoifhaltige Sub-
stanzen, in der die Patina bildenden festen Kruste an Erzmonumenten
überhaupt vorkommen, ist zweifellos. Schule? hat dies für die Patina
nachgewiesen, welche an Bruchstücken von Bronzeringen enthalten war,
die von der prähistorischen Veste Grad bei St. Michael unweit Adelsberg
in Steiermark stammen, und Arche und Hassaclt" fanden organische
Substanzen in der Patina hinterindischer Ceremonientrommeln aus der
Sammlung des Grafen H. Wilczek in Wien. Allerdings handelte es sich
in diesen speciellen Fällen nicht um solche organische Stoffe, die in Zer-
setzung begriffen waren oder durch reducirende Wirkung nachtheilig auf-
traten, aber die Gegenwart solcher Substanzen spricht immerhin für die
Möglichkeit des Eintrittes reducirender Processe.
Schluss folgt.
Dinglex-"s polyl. Journal, l879. Bd. 232, pag. 333.
lbid. 1884, Bd. 253, pag. 5x4.
342
Neuere deutsche Kunstgeschichte.
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass eine zusammenhängende,
populäre Geschichte der modernen deutschen Kunst einem Bedürfnisse
der kunstgebildeten Leserwelt entspricht, und dass Prof. v. Reber und
Maler Friedrich Pecht die geeigneten Männer sind, um ein solches Werk
durchzuführen". Reber ist ein Kunstgelehrter, der sich auf verschiedenen
Gebieten der Kunstgeschichte bewährt hat, und Pecht bringt aussef seinen
vielfachen Berührungen mit moderner Kunst und Kunstindustrie eine
geistreiche Feder mit. Das Buch wird daher von Künstlern und von Laien
gerne gelesen werden, es ist zugleich anregend und belehrend. Dass es
aber trotz dieser Vorzüge auf vielfachen Widerspruch stoßen muss, ist
begreiflich. Das Geschmacksurtheil ist ein subjectives; die Subjectivität
ist eine vollständig berechtigte, besonders der modernen Kunst gegenüber.
Es kommt noch hinzu, dass die Bewegung der Geister lm' Deutschen
Reiche in künstlerischer. politischer und volkswirthschaftlicher Hinsicht
noch keine abgeschlossene ist, und dass sich Niemand der Einwirkung
dieser politischen Buctuirenden Strömung entziehen kann. Daraus geht
hervor, dass es wünschenswerth ist, auch jener Factoren, die stabile Ele-
mente der deutschen Kunstbildung sind, zu gedenken, und die in dem
Reber-Pechfschen Werke nicht deutlich genug ausgesprochen sind. Bei
der Darstellung der Kunstentwickelung des deutschen Volksstammes darf
man das nicht vergessen, was die Kunst der Städtebevölkerung und
den deutschen Fürstengeschlechtern zu verdanken hat. Das Wittelsbacher,
Habsburger, das sächsische und auch das Hohenzollern-Geschlecht sind
selbst in schwierigen Zeiten die festen Säulen der Kunstbildung gewesen
und werden es auch in der Zukunft bleiben. Unter dem Schutze der
bürgerlichen Institutionen hat sich ein reges Kunstleben entwickelt, der
Kunsthandel gehoben, die Kunstgewerbe sind die Bliithe des städtischen
Gewerbes geworden. Heutigentags ist man gerne geneigt, die Stammes-
verschiedenheiten im deutschen Volke zu verwischen, und in der nationalen
Unilication des Volkes alles Heil für die nationale Kunstentwickelung zu
erblicken. Diese Auffassung ist aber eine ganz moderne, und historisch
wenig berechtigte. Was die Pflege der monumentalen Kunst, speciell der
Malerei betriEt, so muss betont werden, dass der deutsche Culturkampf
kein Mittel ist, diesen Zweig der Kunst zu befördern. Doch ist dies ein
Capitel, das hier nur angedeutet werden kann, da es eine selbständige
Behandlung verlangt.
Die geographische Lage Deutschlands bringt es mit sich, dass im
Westen die französische und die belgisch-niederländische Kunst, im Osten
Der vollständige Titel des Werkes ist nGeschichte der neueren deutschen
Kunst, nebst Excursen über die parallele Kunstentwickelung der übrigen Länder ger-
manischen und romanischen Stammes. Unter Mitwirkung von Fr. Pech bearbeitet von
Franz v. Reben z. Auü. Bde. Leipzig, bei H. Haessel, 1884.
die Magyaren, Polen und Böhmen, im Norden die skandinavischen Völker
je nach ihrem Kunstvermögen Einfluss nehmen. Reber-Pecht haben sehr
recht gethan, die gleichzeitige Entwickelung der Franzosen und Belgier und
anderer Nachbarvölker darzustellen. Gewinnt dadurch allerdings das Buch
manchmal den Charakter einer allgemein-rnitteleuropäischen und nicht
einer speciüsch deutschen Kunstgeschichte, so wurde doch daneben Raum
gewonnen, um die Centren der deutschen Kunst eingehender zu schildern.
Uns interessirt selbstverständlich am meisten jene Partie des Werkes, welche
von Oesterreich und speciell der Wiener Kunstsschule spricht. Aus dem
ganzen Reber-Pechfschen Werke geht klar hervor, dass die Oesterreicher
einen großen Factor der heutigen deutschen Kunst bilden, und dass es
gar nicht anginge, die Oesterreicher deswegen von der deutschen Kunst
auszuschließen, weil die österreichische Monarchie und das Deutsche Reich
zwei getrennte Staatsgebiete geworden sind. Für Schriftsteller, welche nicht
in Oesterreich leben, ist es nicht leicht, die Kunstbewegung der nicht-
deutschen Bevölkerung der österreichischen Monarchie und den Antheil
der deutschen Oesterreicher, welche in allen Theilen der Monarchie leben,
sachgemäß festzustellen. Man darf es den Verfassern nicht übel nehmen,
wenn sie hie und da sich nicht ganz deutlich aussprechen, wechseln doch
die Künstler selbst ihren Namen und ihre Nationalität und wissen selbst
nicht klar, oh sie sich zur Münchner. zur französischen oder zur Wiener
Schule zählen sollen. Das ist aber keinem Zweifel unterworfen, dass die
Vielsprachigkeit der österreichischen Monarchie kein Hinderniss einer
großen Kunstbewegung ist, welche die ganze Monarchie belebt und an
der alle Völker des habsburgischen Reiches participiren. Die Wiener
Kunstschule ist vielleicht mehr, als eine andere deutsche Kunstschule
kräftig genug, um Kunstjünger aller Völker an sich heranzuziehen und
sie zu assimiliren. In Wien leben Künstler aller österreichischen Völker
unangefochten; Niemand übt einen socialen oder p-olitischen Zwang, ihren
Namen und ihre Nationalität zu verleugnen, wie es hier und da in
Böhmen und in Ungarn geschieht. Die Deutsch-Ungarn in Pest glauben
eine specifisch magyarische Kunst dadurch zu erzeugen, dass sie ihre
deutschen Namen magyarisiren, als ob sie directe Nachkommen von den
berühmten Führern der Magyaren auf dem Lechfelde wären.
Die nationale Uniformität ist auf dem Kunstgebiete nicht als ein
ganz besonderes Glück zu betrachten. ln jenem Capitel des Rebefschen
Werkes, welches Friedrich Pecht geschrieben hat, und das sich an seine
ßDeutsche Künstler des 19. Jahrhundertsa würdig anschließt, haben wir
mit größtem Interesse die Schilderungen Makart's, Feuerbach's, Setnpefs
und FerstePs gelesen. Der getadelte Frohsinn der Wiener hat das Kunst-
leben wesentlich gehoben, und wir können im Interesse der Kunst nur
wünschen, dass dieser der Wiener Bevölkerung für alle Zeiten bewahrt
bleibe. Bei diesem Anlasse können wir nicht umhin, die Verdienste Frie-
drich Pecht's hervorzuheben, die er sich um Darstellung der österreichi-
schen Kunstgewerbe erworben hat. Wir verweisen nur auf seine Berichte
w-Aus dem Münchener Glaspalast und seine" wWeltausstellungsberichte
vom Jahre 1867 und 187311. R. v. E.
Steiermärkischer Landes-Museumaverein "joanneum".
Dem zweiten Thatigkeits-Bericht, welchen das Präsidium des Steiermarltischen
Landes-Museumsvereines doanneum- in Graz in seiner ersten ordentlichen General-
Versammlung am 8. Februar d. J. erstattet hat, entnehmen wir das Nachfolgende.
Der Verein hat sich in dankbarer Erinnerung an. den erlauchten Begründer des
Museslwesens in Steiermark und um zugleich jeder Missdeutung seiner Bestrebungen
von vornherein zu begegnen, den Ehrennamen wJoanneuml beigelegt. Der Zweck des
Vereins wird in Q. der Statuten dahin pracisirt, entgeltliche und unentgeltliche Erwer-
bungen für alle Facher des durch Reorganisirung des i-Joanneumsu vorn Lande zu errich-
tenden Landes-Museums in Graz zu machen und sie zu conserviren. Der Verein hat
nach jeder Richtung hin das Zustandekommen eines solchen Landes-Museums zu fordern.
Sammtliche Erwerbungen werden Eigenthum des Landes und werden, sobald die Art
der Aufstellung, Erhaltung und Vereinigung sowohl der zu den bereits bestehenden
Abtheilungen des nJoanneums- hinzukommenden Objecte, als der neu zu bildenden
Abtheilungen mit dem Landes-Ausschusse festgesetzt ist, diesem als integrirende Bestand-
theile des aJuanneums- übergeben.
Die Leitung des Vereins liegt in den Händen eines Ausschusses von 15 Mitgliedern,
welcher sich in folgender Weise constituirt hat Se. Ext; Graf v. Meran, Präsident;
Se. Erl. Gundacker Graf Wurmbrand und Heinrich. Graf Attems- Petzenstein,
Vice-Präsidenten; Herr Hans v. Rebenburg, Cassier; Herr Bildhauer Prof. C. Lacher,
Custos; Herr UnivßProf. Dr. W. Gurlitt, Secretar; zu denen wie im Vorjahre Herr
Dr. Moriz Ritter v. Schreiner als Vertreter des h. Landes-Ausschusses hinzukam. Herr
v. Rebe nburg hat am 15. December 1884 seine Stelle niedergelegt und ist für ihn
Herr Prof. Dr. Hans v. Zwie ec Sü nh orst, Vorstand der Landes-Bibliothek
am nJoanneum-, als Cassier eingetreten. Abgesehen von den naturwissenschaftlichen
Fachern haben die Herren Prof. C. Lacher, Prof. Dr. A. v. Luschin, Baron Sessler-
Herzing er und Ritter v. Wachtler für die kunst- und culturgeschichtliche Abthei-
lung, Prof. Dr. W. Gurlitt für Antike und Prahistorie die Referate übernommen.
Ueber die Vermehrung der Sammlungen bemerkt der Bericht all! dem
Bestreben, uns bekannt zu machen, uns im Lande zu oricntiren und unseren Mitgliedern
schnell sichtbare Leistungen zu bieten, haben wir im Vorjahre so viel und so Vielfaches
als immer möglich gekauft, wobei nur an dem Grundsatz festgehalten wurde, dass die
steirische Pruvenienz der Gegenstände gesichert sein musste. Aber schon damals deutete
die kostbare Erwerbung des Schonberger Zimmers auf das Princip hin, welches uns bei
den Anschaffungen für die culturhistorische Abtheilung vorschwebte. Dies Princip ist
nun in diesem Jahre von seinem Urheber Custos Prof. C. Lacher auf Grund der
gemachten Erfahrungen und der im Lande befindlichen Objecte zu einem detaillirten
lnstallationsplane ausgearbeitet worden, welcher in der Ausschuss-Sitzung vom 10.Juni 1884
vorgelegt und angenommen wurde. Dcr eine Grundgedanke desselben ist die Erwerbung
geschlossener, einheitlicher Räume in ihrer Gänze, welche in ihrer ursprünglichen Größe,
ferner mit der originalen Ausstattung und dem ursprünglichen Mobiliar, soweit es irgend
erreichbar ist, zur Aufstellung gelangen und so ein unverfälschtes Bild des Lebens unserer
Vorvater gewähren sollen. Ausgeschlossen ist dabei ausdrücklich jede Erweiterung oder
Zustutzung, jeder rein malerische Aufputz, welcher für die Geschmackbildung unserer
Zeit nur üble Folgen haben würde. Wir können schon heute mit ziemlicher Sicherheit
versprechen, dass wir mindestens zwölf Raume, welche die Wohnungseinrichtttngen der
verschiedenen Stilperioden und der einzelnen Stlnde während derselben zur Anschauung
bringen, in der angeführten Weise werden aufstellen konnen. Neben dem Schbnberger
Zimmer, 1568, besitzen wir bereits die vollständige Vertafelung eines Zimmers aus Neu-
rnarkt vom Jahre 1607, die ganze Einrichtung einer Bauernstube des 18. Jahrhunderts
undi eiEes Salons der Empire-Zeit. Sie werden sammtlich der Rührigkeit Prof. Lacher's
ver an t.
Neben diesen geschlossenen Räumen sollen dann die kleineren Objecte und alles,
was, um das Bild der betreßenden Stilperiode nicht zu trüben, in den erwahnten Zimmern
nicht aufgestellt werden darf, in wissensehaftlich-systematischer Weise nach Material und
Technik und in chronologischer Reihenfolge in eigenen Musealraumen exponirt werden.
345
Besonderes Gewicht wurde begreiflicher Weise auf die Anschaffung von Ein-
richtungsgegenständen gelegt; dann ist das Hauptproduct der Steiermark, das
Eisen, hervorragend berücksichtigt und in Fortsetzung der Bemühungen des Vorjahres
unsere Sammlungen von Costumen sowohl durch Ankauf von Originalen, als durch
die Erwerbung von drei hoch interessanten Cyclen von Costümbildern vervollständigt
werden. Eine Folge des ersten aufgestellten Grundsatzes ist es auch, dass wir uns
bemüht haben, die Resultate von Ausgrabungen entweder vollständig, oder doch in
genügenden Proben in unseren Besitz zu bekommen. Zu den in dieser Beziehung
grundlegenden Funden des Urnenfeldes von Maria-Rast, welche Herr Gundaker Graf
Wurmbrand gespendet hatte, sind in diesem Jahre die Ergebnisse einer Grabung bei
Unter-Graden Spende des Herrn Westen, und zahlreiche Funde vom Wildoner Schloss-
berge Spende des Herrn Neher, und eine Sammlung von Metall- und Thongerath
von der Burgruine Cilli hinzugekommen. Im Uebrigea wird hier auf den beigegebenen
ausführlichen Katalog verwiesen.
Auch in diesem Jahre ist der Verein erfolgreich bemüht gewesen, so viel wie
möglich, dem Untergang bestimmte Objecte, sei es im Original, sei es im Bilde zu
erhalten. Die Statuen und Proben der Ornamente vom Dettelbach'schen Hause in der
Herrengasse, sowie die Sculpturen, die den Giebel der Mandell-Villa schmückten, kamen
als Geschenke des Herrn Dettelbach und als Zuwendung der h. k. k. Statthalterei in
unseren Besitz, indess Herr Leopold Bude von beiden Objecten über Veranlassung des
Vereines Photographien aufnahm und dem Vereine als Geschenke überließ. Das Maria-
Schutz-Bild an der Domfagade, welches dort einer unaulhaltbaren Zerstörung entgegen-
ging, ist durch die Bemühungen des Vereinen, dem die h. k. k. Statthalterei ihre Unter-
stutzung lieh, gerettet. Director H. Schwach hat die Bause nach dem Originale
gefertigt und die echten Theile des Bildes sind, von der Vßand losgelöst, jetzt im Besitze
des Vereins; ebenso wird derselbe nach der Restaurirung des ngemalten Hauses die
Bausen erhalten.
Publicationen für die Mitglieder sind in Vorbereitung. Vorschlage für eine Re-
organisation des Vereine liegen dem Landesausschusse vor. Der Katalog zahlt in der
kunat- und culturhistorischen Abtheilung und zwar in der Gruppe Holz los Gegenstände
darunter zwei ganze Zimmer auf, Metall m7, Eisen 63, Thon u. Glas 82, Leder, Buch-
einbande Textilkunst 48, Costüme und Schmuck 108, Walfen, Rüstungen etc. 28,
Musikinstrumente 4. Werke der Plastik, Malerei etc, Druckschriften, Munzen zu, Pra-
historisches, Antike, Ausgrabungen 39x.
Petition der Wiener Künstlergenossensehaft an den Reichsrath.
An die beiden Häuser des Reichsrathes ist nachfolgende Petition
eingelaufen und auch die k. k. Akademie der bildenden Künste hat an
das h. Unterrichtsministerium eine ähnliche Bitte gerichtet. Ob bei den
gegenwärtigen Finanzverhältnissen diese Petitionen auch Berücksichtigung
finden, ist nicht gewiss, aber zweifellos ist, dass das h. Herren- und
Abgeordnetenhaus dieselben eingehend prüfen werden.
uMit der großartigen Bauthätigkeit des letzten Decenniums ging eine nicht minder
bedeutende Entwicklung eines anderen Zweiges der bildenden Künste, nämlich der monuv
mentalen Plastik, Hand in Hand. Es wird eines der erfreulichsten Momente unserer
modernen Kunst- und Culturgesehichte immerdar bleiben, wie die in Folge der groß-
artigen Staatsbauten und der damit im Zusammenhangs stehenden Staatsauftrage in's
Leben gerufene Kunstpflege, namentlich auf dem Gebiete der Architektur und Plastik,
zu den erfreulichsten und ruhmvnllsten Erfolgen geführt hat.
Aber auch die weitere künstlerische Ausschmüekung und die namentlich vollends
durchgeführte ästhetische Vollendung dieser großartigen Bauschöpfungen wurde noch
Kunstleistungen in Aussicht stellen, welche sich nicht nur würdig dem Ganzen anschließen,
sondern in ihrer Gesammterscheinung erst recht zur vollen patriotischen Würdigung,
wie auch reichen Anerkennung im Auslande führen müssten.
Es blieben hiezu nur noch die letzten Schritte zu thun übrig, welche darin
bestanden haben wurden, durch die in der betrelfenden Budgetpost eingestellten regel-
mäßigen Jahres-Dotationen die wnhl auch von Jedermann erwartete Möglichkeit zu
schalfen, in der angegebenen Richtung eine weitere Fruchtbringende künstlerische Thätigkeit
entfalten "zu sehen.
346
ln der Natur der Sache ist es gelegen, dass jetzt vorzugsweise Werke der monue
mentalen Historienmalerei und Ausstattungssculptur zur Ausführung zu gelangen hätten.
Leider musste aber aus der Budgetvorlage für das Jahr 1885 die Erkenntnis
gewonnen werden, dass außer der Vollendung der im Vorjahre begonnenen Arbeiten
keine Betrage für neue Bestellungen zur Verfügung sein werden.
Die Ktinstlerschaft Wiens wendet sich demnach mit der ehrfurchtavollsten Bitte
an das hohe Herrenhaus. dasselbe wolle bei Feststellung des Budgets für das Jahr 1885
auf den Usus der Vorjahre zurückgreifen und wieder einen Betrag für die weitere
künstlerische Ausstattung der Monumentalbauten einsetzen, gleichzeitig aber dahin wirken,
dass überhaupt die SchatTung einer regelmäßigen jährlichen Dotation von mindestens
100.000 H. ermöglicht werde, welche Summe nicht nur zur Realiairung von Auftragen
auf dem Gebiete der großen Kunst, insbesondere der Malerei und Plastik, zu dienen
hatte, sondern auch die Mittel bieten wurde. die bereits geplanten und nunmehr mit der
Inhibirung bedrohten Ausstattungsarbeiten in unseren Monumentalbauten zu vollenden,
während unter Einem auch die Wiederaufnahme von Ankaufen bedeutender Kunstwerke
auf den Ausstellungen im Künstlerhause, und zwar in bedeutsamerer Weise als bisher,
zu erfolgen hatte.
Dass die obige zu erbittende Dotation für die genannten Zwecke noch immer keine
exorbitant hohe ist, darüber belehren uns die geradezu imponirenden Summen, welche
in anderen Culturstaaten in dieser Richtung aufgewendet werden; so widmet England
in seinem Staats-Budget für Kunstzwecke jahrlich über Millionen Francs, Frankreich
Millionen, Preussen für das Etatsiahr 1884-85 13.000 Reichsmark, Italien Millionen
Lire, während im cisleithanischen Oesterreich ür Kunstschulen und sonstige Kunst-
zwecke, fur die Erhaltung der Baudenkmaler, für archäologische Arbeiten, für Subven-
tionen künstlerischer Unternehmungen, für Ankäufe von Kunstwerken u. s. via, also im
Ganzen nur 400.000 H. d. W. aus dem Staatssäckel der Kunst und ihrer Forderung
erfließen.
Wenn nun bei dieser ohnedies so kArglicben Bemessung auch noch die Vollendung
der Ausstattungsarbeiten in unseren Monumentalbauten inhibirt werden sollte, dann wohl
durfte für die österreichischen Künstler die Zeit gekommen sein, massenhaft in die
Fremde zu gehen, woselhst man blicke nur nach Paris und München ohnedies
schon eine so große Anzahl von den bedeutendsten osterreichiscben Künstlern zur Ehre
und Verherrlichung fremder Kunststatten wirken.
Aber nicht allein, dass unter solchen Umstanden die monumentale Kunst, welche
sich mit den weiters erfolgenden Auftragen wieder, wie einst schon in Oesterreich, zu
einer eminent nationalen und charaktervollen Erscheinung entwickelt haben würde, zu
keinem Aufschwunge gelangen kann, müssen auch die sogenannte kleine Plastik, die
Statfelei- oder Cabinetsmalerei, allmalig wieder herabsinken, weil ihnen weder vom
Staate, noch vom Publicum irgend eine nennenswerthe Aufmunterung entgegengebracht wird.
ln Anbetracht dieser dermalen herrschenden Zustande auf dem Gebiete der vater-
landischen Kunst erhoGt die Künstlerschaft Wiens von dem hohen Hause eine Forderung
in dieser eminenten Culturangelegenheit, an welcher nicht blos Wien und alle Volker
des ganzen Reiches, sondern die ganze gebildete Welt Antheil nimmt und Antheil hat.
Es ist daher die volle Ueberzeugung der österreichischen Künstlerschaft, dass von
der einmal errungenen Hohe, die sie neben jener anderer Culturstaaten einzunehmen
berechtigt ist, nicht herabgestiegen werden dürfe, vielmehr aufwarts gestreht werden
müsse, während aber leider mit dem Aufhören der Staatsauftrlge unausweichlich der
Niedergang unserer dermalen einen so hohen Aufschwung genommenen Künste geradezu
eine beschlossene Thatsache werden müssten
Es beehren sich Einem hohen Herrenhause ehrfurchtsvoll zu zeichnen
für die Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
Wien am ao. Janner 1885. Der Ausschuss
Aug. Schaffer, Vorstand.
Alex. v. Wielernans, Vorstand-Stellvertreter.
W. O. Noltsch, Schriftführer.
Carl Otto Lederer, Cassaverwalter.
Dr. Ernst Bareuther, Hugo Darnaut, Edm. Hellmer,
Joh. Sonnenleiter, Rud. Weyr, Ausschussmitglieder.
34;
Literaturbericht.
Blümner, Prof. Dr. H. Das Kunstgewerbe im Alterthum. I. Abtheil.
Das antike Kunstgewerbe nach seinen verschiedenen Zweigen. Il. Abth.
Die Erzeugnisse des griechisch-italischen Kunstgewerbes. Mit x33 und
x43 in den Text gedruckten Abbildungen. Prag, F. Tempsky, 1885.
Das Wissen der Gegenwart, Bd. XXX.
Wenn ein Kenner des griechischen und römischen Alterthnms wie Prof. Blümner
daran geht, das antike Kunstgewerbe in populärer Weise zu schildern, weiß Jedermann,
dass einer solchen Arbeit in Bezug auf das Sachliche, soweit der gegenwärtige Stand
der Forschung es zulasst. weder lrrthümer noch Ungenauigkeiten anhaften. Hat ja dieser
hervorragende Schüler O. Jahn's schon vor Jahren in der preisgekrönten Schrift nDie
gewerbliche Thatigkeit der Völker des classischen Alterthums- einen höchst werthvollen
Beitrag zur Kenntniss des gewerblichen und geschäftlichen Lebens an den Gestaden des
Mittelmeeres geliefert und sich seither unausgesetzt mit ähnlichen archäologischen Fragen
beschäftigt, wie dessen Werk nTechnologie und Terminologie der Gewerbe und Kunste
bei Griechen und Römern beweist. Es kann also bei Beurtheilung dieser Arbeit nur
die Frage aufgeworfen werden. ob der Verfasser es auch verstanden, den Anforderungen
jenes Publicums zu entsprechen, für welches nDaa Wissen der Gegenwart bestimmt ist.
Schon die Trennung des Materiales in zwei Theile, wodurch wir zuerst einen allge-
meinen Ueberblick über die technischen und stylistischen Grundlagen des antiken Kunst-
gewerbes erhalten, und dann erst in das Haus und seine Ausstattung eingeführt werden,
verschalft eine klare Uebersicht, erleichtert das Nachschlagen und gestattet dem Leser,
wie aus einem Lexikon, sich rasch über einzelne Gebiete Kenntniss zu verschaffen. Die-
selbe Klarheit, welche sich in der Eintheilung des Materiales zu erkennen gibt, durch-
dringt aber auch den Text, und eine ebenso fließende als lebendige Darstellung fesselt
den Leser selbst an Stellen, die aber scheinbar geringfügige Dinge handeln. Ein Ver-
zeichniss der Abbildungen, welche mit Rücksicht auf den Preis des Buches gut genannt
werden dürfen und ein Sachregister erleichtern in willkommener Weise den Gebrauch
dieses Buches, das nicht nur allen Gebildeten bestens empfohlen werden kann, sondern
auch an Mittelscbulen sowie an Kunstschulen eine willkommene Ergänzung des Unter-
richtes zu bilden geeignet ist. i. J. F-s.
B. Bucher, Die Fälscherkünste, autorisirte Bearbeitung von wLe Tru-
quagea von Paul Eudel. Grenzboten-Sammlung. Zweite Reihe, Bd. 9.
Leipzig, Grunow, 1885. 8. XII u. 2x9 S.
Dieses Buch ist mit einem Vorworte versehen, in welchem Bucher den Leser
genau orientirt, wie er die freie Bearbeitung aufgefasst hat. Bucher mochte nicht allein
Liebhaber und Sammler bei ihren Kaufen berathen und vor Uebervortheilung bewahren,
sondern auch der heutigen Industrie nützen, die durch das Ueberhandnehmen der Sammel-
wuth unverkennbar geschädigt wird. Ohne Zweifel wird der deutsche Leser auch damit
vollkommen einverstanden sein, dass die novellistische Causerie des französischen Autors
mitunter gekürzt und an vielen Stellen mit fachgemaßen Bemerkungen und Noten ver-
sehen wurde. In der Schlussbemerkung wendet sich aber Bucher an die Liebhaber und
sagt uSeid ungläubig. wappnet Euch mit Misstrauen, gebt nicht dem ersten Eindruck
nach, zßgelt die Kauibegier, lasst Euch Zeit. prüfet Alles genau ohne Vorurtheil, seid
stets in Sorge, die Rolle des Betrogenen in der Posse zu spielenn- Das Buch ist mit einem
Register versehen und behandelt die Fälscherkunste nach Gruppen und Fächern in
25 Capiteln. Die fesselnde Schreibweise wird demselben ohne Zweifel ebenso wie der
originelle und zeitgemäße Inhalt in weiten Kreisen Freunde erwerben.
it
Häuselmann, Anleitung zum'Studium der decorativen Künste. Ein
Handbuch für Kunstfreunde und Künstler, Kunsthandwerker und
Gewerbetreibende, Zeichenlehrer und Schüler höherer Unterrichts-
anstalten. Zürich, 1885. 8. VII u. 186 S.
Der Verfasser sagt in seiner Einleitung nSollte ich mich bei dieser Arbeit hautiger
als manchem Leser lieb sein durfte, auf den Standpunkt des Zeichenlehrers gestellt haben,
so bitte ich diesfalls um Nachsichu Diesen Zeichenlehrerstandpunkt finden wir aber
nicht allein hauliger als uns lieb ist, sondern auch häufiger als es für den Verfasser von
Vortheil ist. Kunstgeschichte vom Zeichenlehrerstandpunkt, das ist das Wesentliche, das
Entscheidende, das Charakteristische an der ganzen Arbeit. Mit der geistigen Reife und
Sachkenntniss eines Untergymnasiasten sind Behauptungen aufgestellt, wie folgende
aßtbl der späteren Antike wurden bisweilen als Säulen oder Pfeiler die sogenannten Ka-
ryatiden eingeführt. Es sind dies langbekleidete Frauen- und Mldchengestalten. welchen
eine ruhige Stellung gegeben wurde. Zu gleichem Zwecke wurden auch nackte Männer-
gestalten. die aAtlantenl verwendet. Hiebei haben die Griechen wieder die Aegypter
nachgeahmt, wenn auch in keiner lobenswerthen Weise. Die Aegypter benutzten die
menschliche Figur, um sie den Säulen und Pylonen gleichsam als Wächter vorzusetzen.
während die Griechen selbst zarten Frauengestalten drückende Lasten auf's Haupt hur-
dctenu Bekommen die Griechen hier vom Herrn Zeichenlehrer Hltiselmann in Biel
eine schlechte Note in Architektur. so kommen bei anderer Gelegenheit die Römer nicht
viel besser weg. bei diesen nward die Kunst zur Magd der Selbstverherrlichungerniedrigt.
Den römischen Tempeln fehlte Würde und Kunstverehrung. wahrscheinlich weil man der
ebenfalls von den Griechen entlehnten Religion wenig Glauben schenken IIIOChKGJ
Der Verfasser hat wohl kaum eine Ahnung. wie viel Unsinn er in so wenig Worten
schlicht zusammenzufassen verstand! Wir geriethen nur durch Zufall beim Durchblättern
des Buches auf diese zwei Stellen, es mögen wohl noch charakteristischen darin ent-
halten sein, ist es ja für einen gewöhnlichen Sterblichen ganz unberechenbar, wie sich
die Cultur vergangener Jahrtausende vom Standpunkte eines Zeichenlehrers in Biel aus
prasentirt! Auf gleichem Niveau mit dem Texte stehen die Abbildungen; sie sind zum
gro ten Theil einem Kataloge von Gypsabgüssen, welchen die Gebrüder Hofelich in
Stuttgart an ihre Kunden versenden, entnommen, und hier hat Herr Hauselmann eine
seltene Unkenntniss der Formen an den Tag gelegt. So werden uns z. B. im Capitel
nDer römische Stylr niederländische Holzschnitzereien des 16. Jahrhunderts als vkomische
Füllungsornamentet vorgeführt. J. F-s.
Die Schmiedekunst nach Originalen des XV. bis XVHI. Jahrhunderts.
Berlin, E. Wasmutb, 1884.. Fol.
Wir haben das erste Heft dieses Lieferungswerkes vor uns. welches auf acht
Hefte zu je zehn Blattern berechnet ist. und sowohl Kunstschlosserit als Schmieden
höchst willkommen sein dürfte. Die Zeichnungen von O. Zimmermann sind mit Liebe
und Genauigkeit nach durchwegs guten Originalen ausgeführt. Wir finden ferner bei
jedem Objecte die Angabe der Zeit, welcher dasselbe angehbrt, des Ortes, an welchem
es sich befindet, des Maßstabes und des gegenwärtigen Besitzers. Ebenso ist etwaige
Bemalung, Vergoldung etc. kurz notirt.
Kunstschmiede-Arbeiten aus dem XIV. bis XVllI. Jahrhundert.
Herausgegeben von F. Ehemann. Berlin, P. Bette, 1884. Fol. Diese Publication ver-
folgt dieselben Zwecke wie die vorher genannte. Die Tafeln sind in Lichtdruck hergestellt
und behandeln die bisher erschienenen Hefte Tafeln vorzugsweise die Barockkunst.
Studie über die Organisierung des Bauwesens in Oesterreich von
Frz. v. Neumann. Baurath. Diese im Selbstverlage des Verfassers soeben erschienene
Studie steht im engsten Zusnmmenhange mit den Bemühungen der österreichischen
Architekten. die sociale Stellung der Architekten zu sichern. Die Studie ist an Hofrath
v. Eitelberger gerichtet, behandelt die Frage der Organisation einer Architekten-
kammer für Oesterreich und gibt Fingerzeig über den Unterricht für Architektur. Wir
kommen auf den lnhalt dieser Studie ausführlich zuruck. Am Schlusse bringt eumann
einen Entwurf einer Architektenkammer.
Ca rel van Mander's nLebensbeschrcibungen der flämischen,
holländischen und deutschen Malern vom Jahre t6o4, ein Werk, das längst ver-
dient hatte in deutscher Sprache veröffentlicht zu werden. wurde jetzt in Paris in der
Bibliothäque internationale de l'Art vnn Heinrich Hyman publicirt. Niemand ist zu einer
solchen Arbeit mehr berufen als der genannte gelehrte Bibliothekar und Professor an der
Akademie in Antwerpen. Das Werk erscheint in zwei Quartbanden, von dem der erste
nebst einer Einleitung eine Biographie van Mander's enthält, und ist mit tretflichen Ree
productionen der Künstlerportraits geziert.
Fortselpmg auf der Beilage.
Beilage zu Nr. 234
der
Mittheilungen des k. k. Oesterreieh. Museumsf
Herr Louis de Roncheaud publicirt in der eben erwahnten Bibliotheque inter-
nationale de l'Art eine Arbeit über die uTapisserie des Alterthumsu So zeitgemäß
es ist, sich mit der Webetechnik des Alterthums zu beschäftigen, so ist das neue Werk
Roncheuud's leider nicht mehr erschöpfend. Durch die egyptischen Stoffe, welche das
Oesterr Museum durch Herrn Th. Graf erworben hat, ist ein reiches Material zugewaehsen,
von dem L. Rnnchcnud allerdings noch keine Kenntniss haben konnte, aber auch Prof.
Blnrnnefs Untersuchungen über die Webetechnik sind Herrn L. Ronchcaud unbekannt
geblieben.
In dem von Herrn Ludwig Wierzbicki in Lemberg 1883 herausgegebenen
Werk wOrnamente der Hausindustrie, ruthenischer Bauern lernen wir nicht
blus Stickereimuster kennen, sondern auch Arbeiten in Holz und Metall. Herr
Wierzbiclti, dessen Verdienste umdie Hebung der Gewerbe bei den Ruthenen nicht genug hoch
anzuschlagen sind, macht uns mit den Holzschnitzereien eines ruthenischen Bauern Jurlto
Szkryblalt aus Turnßw und seines Sohnes bekannt. der, des Schreibens unkundig, gleich-
wohl in seinen Arbeiten ein seltenes Stylgefühl bekundet. Seine Arbeiten nähern sich ähn-
lichen Arbeiten russischer Provenienz. Auch die Webereien der ruthenischen Bäuerinnen
sind lebhaft in der Farbe, in der Zeichnung originell und stylvoll. Es ist in diesen Blättern
wiederholt aufmerksam gemacht worden, dass unter den Galizien beivohnenden Volks-
stammen die Ruthenen die meiste Kunstbegabung aufzuweisen haben, besonders jene
Stimme, wie die Huzulen, welche die Karparthen bewohnen.
KLEINERE MITTHEILUNGEN.
GBBOIIGDRG 8.11 dllS Museum. Die Liebenswürdigkeit der fran-
zösischen Regierung hat durch die Hand des Unterrichtsministers von
Frankreich aus der Pariser Ausstellung des vorigen Jahres dem Oesterr.
Museum ein Geschenk zugewiesen, das seinen Sammlungen höchst will-
kommen ist und uns zu großem Danke verpflichtet. Es besteht in zwölf
verschiedenen Porzellangefäßen der Fabrik von Sevres, welche das Datum
1883 tragen, also von jüngster Fabrication sind.
Sevres-Gefäße, 0b alt oder neu, sind immer ein kostbarer und bei
uns auch seltener Besitz, und wenn eine öffentliche Anstalt nicht gleich
dem South-Kensigton-Museum mit großen Mitteln ausgestattet ist, so
gehört schon ein gewisser Muth dazu, sie anzukaufen. So ist denn die
keramische Sammlung des Oesterr. Museums nicht reich an Arbeiten jener
berühmten Fabrik, wenn auch verwandte Gegenstände französischer Pro-
venienz eine stattliche Vitrine füllen. Die besten Stücke verdankt es der
Munificenz seines durchlauchtigsten Protectors, des Erzherzogs Rainer.
Aber dieser neue, so willkommene Gewinn ist nicht blos eine
Bereicherung der Sammlung, er ist auch für Alle, denen es nicht ver-
gönnt ist, von Jahr zu Jahr die Fortschritte oder die Bewegungen auf
dem Gebiete der Kunstindustrie in Frankreich zu beobachten, sehr lehr-
reich. Wir wissen, dass die französischen Kunstfreunde mit dem Gange,
den die Sevres-Fabrik in unserem Jahrhunderte genommen hat, sehr
unzufrieden gewesen sind. Die Fabrik war im Anfange des Jahrhunderts
von der weichen Masse zur harten Masse übergegangen und hatte damit
ihre Gefäße wohl geeigneter und solider für den Gebrauch gemacht, aber
x. m. 1835. 27
im,
auch sich inrer speciellen und so gefeierten künstlerischen Eigenthüm-
lichkeir beraubt. Sie hatte die steifen Formen des Empirestyles anstatt
der freien, wohl auch capriciösen, aus der Zeit Ludwig XV. und XVI.
angenommen und dann unter König Louis Philipp ihre Stärke in roßen
forcirten Stücken gesucht, deren einzelne Theile gewöhnlich mit ronze
verbunden und montirt waren. Sie hatte endlich allen Nachdruck auf die
Malerei gelegt, auf die vollkornmenste Ausführung des Bilderschmuckes
und darüber den decorativen Standpunkt, Form und harmonische Erschei-
nung, vernachlässigt.
So sahen wir sie auf der Pariser Weltausstellung von 1867 vom
Standpunkte der Malerei aus ganz vortrefflich, vom Standpunkte der
Decoration und der Technik tadelnswerth in mannigfacher Beziehung.
Während der Bilderschmuck, Gemälden gleich, von Malern ersten Ranges
ausgeführt worden, waren die Formen meist ohne Styl und Charakter
und die technische Ausführung so, dass die Deckel selten passten und
die reichliche Bronzemontirung die Schiefheiten und Ungleichheiten ver-
decken musste.
Dieser Zustand der Dinge rief in den ersten Jahren der französischen
Republik noch unter Thiers, wenn ich nicht irre von Staatswegen eine
Enquete hervor, in welcher der berühmte Kunstschriftsteller Charles Blanc
als Referent ein vernichtendes Urtheil über die Fabrik fällte. Man blieb
nicht dabei stehen. Die Fabrik wurde umgewandelt, eine neue Schule für
sie gegründet und neue, mehr decorative, dem Material entsprechende
Kunstprincipien ihr vorgeschrieben. Was wir heute als Geschenk der
französischen Regierung im Oesterr. Museum sehen, ist bereits aus dieser
künstlerischen Umänderung der Fabrik hervorgegangen.
Vor Allem, wenn wir die stattliche Reihe der größeren und kleineren
Gefäße betrachten, macht sich der Eindruck geltend, dass im Gegensatze
zur alten Weise ein Bilderschmuck in Nachahmung von Gemälden gar
nicht mehr vorhanden ist, wenigstens nicht auf unseren Gefäßen. Es ist
in der ganzen farbigen Haltung durchaus decorative Wirkung erstrebt.
Dies gilt selbst von der einzigen Vase, welche in einer Landschaft, die
das ganze Gefäß umzieht, einen bildartigen Schmuck besitzt. Aber diese
Landschaft, ganz vortrefflich ausgeführt, ist in einem sehr eigenthümlichen
Grün en camaieu gehalten, in demselben Grün, welches zugleich den
gesamrnten Grund des Gefäßes bildet und nur in braunen und goldenen
Ornamenten einen Gegensatz erhalten hat. Es ist also ganz auf c0lo-
ristische Wirkung abgesehen. Eine zweite große Vase, die mit einem
wunderschönen grünlichen Blau grundirt ist, hat zu weiterem Schmucke
einen in weißer päte sur päte, also in leichtem Relief ausgeführten Reif
mit Kinderscenen erhalten, der in Zeichnung und Ausführung gleich reizend
ist. Es ist vielleicht das ansprechendste Stück der ganzen Collection.
Nehmen wir eine kleine Vase mit bläulichen und weißen Blüthen
in chinesischer Art aus, so ist bei allen übrigen Gegenständen das rein
decorative Element das vorherrschende. Bei einem Paar gelben Vasen ist
es lediglich auf die Eigenthümlichkeit der ungewöhnlichen Farbentöne
abgesehen. Bei einer großen Flute-Vase, die mit wolkigem Blau über-
zogen ist, bei einer zweiten in Schwarz mit Gold bestreut, einer dritten,
die blau und grün gesprenkelt, ist es nicht anders. Bronzemontirung, die
vor zwanzig oder dreißig Jahren bei Prachtgefäßen noch unerlässlich war,
findet sich nur bei einer einzigen topfartigen Vase, die nach altchinesischer
Art flarnrnig verziert ist.
Soweit solche farbig decorative Wirkung angestrebt worden, sind
alle diese Gefäße interessant, lehrreich und zum Theile auch neu. Bei
der Mühe aber, die man sich um diesen Theil gegeben. ist es höchst auf-
fallend, wie die Schönheit der eigentlichen Ornamente vernachlässigt ist.
Sie sind in der Zeichnung mitunter so gewöhnlich und so veraltet, dass
bei uns sie Niemand mehr machen dürfte. Dasselbe gilt von den Formen
der Gefäße, von denen unser Auge kaum eine für schön finden möchte.
Es ist schon so mit dem französischen Geschmacke, und er hat sich darin
nicht geändert um gewisser Wirkung willen werden andere künstlerische
Seiten am Werke vernachlässigt, so dass dieses nie oder selten einen reinen,
harmonischen Eindruck macht. Das hindert aber nicht, dass diese Collectlon
von Sevres-Vaseu einen höchst schätzenswürdigen und dankenswerthen
Beitrag zu dexrSarnmlungen des Oesterr. Museums bildet.
vWr. Abdpstm J. v. Falke.
Die Direction der böhmischen Sparcasse in Prag hat dem Museum
ein Exemplar der silbernen Erinnerungsmedaillen geschenkt, welche an-
lässlich der feierlichen Eröffnung des Künstlerhauses wRudolfinutna geprägt
wurde. Die Medaille ist eine Arbeit des Medailleurs Scharff und ent-
spricht den künstlerischen Anforderungen nach jeder Richtung. Auf der
Aversseite sehen wir das Künstlerhaus und darüber von zwei Genien
getragen das Porträt-Medaillen des Kronprinzen nebst Inschrift; der Revers
zeigt einen weiblichen Genius, welcher der Musik, der bildenden Kunst
und der Industrie ihr neues Heim anweist, während die Rechte auf die
Devise der Sparcasse nArbeite, sammle, vermehren hindeutet.
N9! MISQQSGBIIG Eine Reihe von Abgüssen nach Stuccoreliefs aus dem im
Garten der Farnesins ausgegrabenen römischen Hause. Diese Stucchi, Theile von Wand-
und Deckendecorationen, bestehen aus Ranken mit dazwischen gesetzten Figuren, Victorien,
Kriegern, zumeist im phrygischeu Costüm, Sphinxen etc. Die männliche Bildung der
zuletzt genannten Figuren sowie das häufige Vorkommen von Lotosblumen, scheinen die
Erfindung nach Alexandrien zu weisen. Sammtliche Stücke sind ohne Anwendung von
Formen aus freier Hand modellirt und können mit ihrer musterhaften Behandlung des
Reliefs als die besten Vorbilder für moderne Industrie gelten. Vergoldeter Bronze-
luster, Zeit Louis XVL, Eigentbum des Herrn N. Goldsand; -Stickereien von Hermine
Lang;-1Bucheinband in geschnittenem Rindsleder, Geschenk des Verfertigers L. lzel;
-Kastchen in geschnittenen Leder, 14. Jahrhundert.
Besuch des 111186111115. Die Sammlungen des Museums wurden im Monate
Februar von 10.868, die Bibliothek von 2404, die Vorlesungen von 431 Personen
besucht.
Wiener Kuuatgewerbeverein. Montag den 9. Februar hielt der Kunstgewerbe-
vereiu im Sitzungssaal des Oesterr. Museums seine erstiahrige Generalversammlung.
Nlch Verlesung des Jahresberichtes und Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten
hat Prof. Macht eine Discussion über die modernen Farben und ihre unzulanglichen
Eigenschaften eingeleitet. In der permanenten Ausstellung des Vereincs wurden neu
ausgestellt Ein Bibliothekschrsnk von Ludwig Schrnitt, geschnitzte Rahmen von
A. Scbeidl, verschiedene Lederarbeiten von Julius Franclte. Credenz von Michael
Niedermoser, Tapeziermbbel von 0. Fahr.
Die Vertretung das Oesterr. Museums im Guratorium des
P2889! Kunstgewerbe-Mueeuma. Das k. k. Handelsministerium hat
mit dem Erlasse vom 20. Jänner 1885, Z. 832, die Statuten des Prager
kunstgewerblichen Museums im v-Rudolphinumt- genehmigt. Die Ziel-
punkte, welchen dieses neugegründete Institut zustrebt, sind dieselben,
welche das Oesterr. Museum seit seiner Gründung consequent verfolgt
hat. Schon der ä. zeigt, dass die Statuten des Oesterr. Museums als
Vorbild bei Abfassung der Statuten des Prager Museums gedient haben.
Die Intentionen der Prager Handelskammer, welche das Kunstgewerbe-
17
Museum in Prag gegründet hat, sind begreiflicher Weise darauf gerichtet,
die Wechselbeziehungen zwischen diesem Institute und dem Oesterr.
Museum immer fester zu knüpfen. In den genehmigten Statuten sind
jene Bestimmungen enthalten, welche das Wechselverhältniss zwischen
dem Oesterr. Museum und dem Prager Museum feststellen. Es ist dies
das erste Mal in Oesterreich, dass in das Curatorium einer außerhalb
Wiens befindlichen Anstalt Vertreter des Oesterr. Museums entsendet
werden. Nach den Statuten ist der jeweilige Director des Oesterr. Mu-
seums Mitglied des Curatoriums für das Prager Museum, und hat der-
selbe das Recht, ein Mitglied des Oesterr. Museums zu bezeichnen,
welches ihn zu vertreten berufen ist. Außerdem steht dem Oesterr.
Museum das Recht zu, zwei Vertreter in das Curatorium zu ernennen,
die in Prag ihren Aufenthalt haben. Se. k. und k. Hoheit der durch-
lauchtigste Herr Erzherzog Rainer, als Protector des Oesterr. Museums,
hat die Herren Adalbert Ritter v. Lanna und den Professor für Kunst-
geschichte an der deutschen Hochschule in Prag, Dr. Alwin Schultz,
zur Vertretung des Oesterr. Museums berufen. Professor Dr. A. Schultz
nimmt nicht nur eine hervorragende Stellung als Kunstgelehrter in der
deutschen Kunstliteratur ein, sondern er hat auch zur Zeit seines Aufent-
haltes in Breslau sich als eminenter Fachmann auf dem Gebiete des
Musealwesens bewährt. R. v. E.
Die Statuten des Kunstgewerbe-Museums in Prag lauten wie folgt
l.
Um durch Herbeischaifung der Hilfsmittel, welche Kunst und Wissenschaft den
Kunstgewerben bieten und durch Ermöglichung der leichteren Benutzung derselben die
kunstgewerbliche Thätigkeit zu fordern und zur Veredlung des Geschmackes in den
Gewerben beizutragen, wird von der Prager Handels- und Gewerbekammer unter dem
Namen nKunstgewerbliches Museum- eine Anstalt zu Prag errichtet, welcher in ihrem
Wesen und Wirken das nk. k. Oesterr. Museum für Kunst und Industrie. in Wien als
Vorbild dient.
2.
Unter Wahrung der Widmung der däas kunstgewerbliche Museum bildenden Gegen-
stände zu dem in Q. erwähnten Zwecke bleibt die Handels- und Gewerbekammer mit
Ausschluss der geliehenen oder unter besonderem Vorbehalt gestifteten Objecte Eigen-
thümerin des kunstgewerblichen Museums mit lnbegriß" aller zu dessen Instandhaltung
angeschafften Einrichtungsgegenstände und der zur Begründung, Bereicherung und Erhal-
tung des Museums gewidmeten Geldsummen und der davon entfallenden Zinsen.
Der Handels- und Gewerbekammer in Prag steht auch unter den in diesem Statut
festgesetzten Modalitäten die Organisation und Verwaltung des Museums zu.
Q. 3.
Behufs der Verwaltung des Museums wird ein Curatoriurn eingesetzt. Dasselbe
besteht aus dem jeweiligen Präsidenten. Viceprasidenten, Präsidenten-Sielvertreter und
Cassaverwaltungsrathe der Kammer, aus acht von der Kammer gewählten und zwei von
dem k. k. Oesterr. Museum für Kunst und Industrie in Wien ernannten Mitgliedern,
aus dem jeweiligen Director des Wiener Museums oder seinem von ihm ernannten
Stellvertreter und aus zwei vorn Landesausschusse des Königreichs Böhmen delegirten
Mitgliedern. Sowohl der Direction der böhmischen Sparcasse als auch dem Stadtrathe
der königlichen Landeshauptstadt Prag steht es unabhängig von der Berechtigung des
anderen Theiles frei, je zwei Vertreter mit Sitz und Stimme dem Curatorium bei-
zugeben, so lange der Verein der böhmischen Sparcasse, beziehungsweise die königliche
Landeshauptstadt Prag, das kunstgewerbliche Museum in Prag werkthätig unterstützen.
Sämmtliche Organe und Corporationen. welche Vertreter in das Curatorium des
kunstgewerblichen Museums in Prag zu delegiren die Berechtigung haben, sind bei der
Bestimmung derselben an den Kreis der eigenen Mitglieder nicht gebunden, doch müssen
in der Regel alle Mitglieder des Curatoriums des kunstgewerblichen Museums ihren
bleibenden Wohnsitz in Prag oder dessen Umgebung haben.
Die Functionsdauer aller Curatoriumsmitglieder ist drei Jahre, nach deren Ablauf
sie jedoch wieder gewählt werden können. Scheidet während der dreijährigen Functions-
dnuer ein Mitglied aus dem Curatorium, so hat das an dessen Stelle berufene Mitglied
W35?
nur bis zum Ablauf der im Allgemeinen geltenden dreijährigen Wahlperiode in Wirk-
samkeit zu bleiben.
Der Leiter der Anstalt und der für das kunstgewerbliche Museum bestellte Referent
der Prager Handels- und Gewerbekammer gehören dem Curatorium mit herathender
Stimme an. Eine Ausnahme findet dann statt, wenn ihre persönlichen Angelegenheiten
in Verhandlung stehen.
Dem k. k. Handelsministerium bleibt es vorbehalten, den k. k. Ministerialcoinmissär
der Kammer oder einen anderen Commissar für das Curatorium zu bestellen.
4.
ln den Wirkungskreis des Curatoriutns fallen folgende Aufgaben
Der Entwurf des Organisationsplanes des Museums;
der Entwurf der Diensteainstructionen und Reglements für den Leiter sowie für
die sonstigen Beamten und für die Diener der Anstalt;
der Entwurf des Voranschlages des Erfordernistes für das nachstfolgende Jahr
und die Feststellung der Rechnungen für das abgelaufene Jahr;
der Antrag auf das Praliminar überschreitende Ausgaben, welche wegen ihrer
Dringlichkeit nicht auf das nachste Jahresbudget übertragen werden können;
der Vorschlag über die Anstellung und Entlassung der Beamten und Diener der
Anstalt;
die Aufnahme und Entlassung zeitweiliger Hilfskräfte insoweit, als die Befugniss
dazu nicht dem Leiter der Anstalt eingeräumt ist;
die Anordnungen über die Einrichtung und Benutzung der Anstalt innerhalb des
Organisationsplanes insoweit, als die Bestimmungen darüber nicht dem Leiter der
Anstalt in dessen Dienstesinstruction eingeräumt oder ihm ausdrücklich überlassen
worden sind;
der Ankauf von Gegenständen, sofern dazu der Leiter der Anstalt nicht ermäch-
tigt ist;
die Ueberwachung der genauen Befolgung aller Anordnungen und Vorschriften in
BetreG der Verwaltung und Benutzung der Anstalt;
die Ernennung von Ehrenmitgliedern, sowie von correspondirenden Mitgliedern
des Museums, die jedoch als solche weder Sitz noch Stimme im Curatorium haben.
Der Organisationsplan, die Dienstesinstructionen und Reglements für den Leiter
sowie für die sonstigen Beamten und für die Diener, das Erforderniss für das nachst-
folgende Jahr und die Jahresrechnung für das abgelaufene Jahr, die des Praliminar über-
schreitenden dringlichen Ausgaben, die Anstellung von Beamten und Dienern und die
Entlassung von angestellten Beamten und Dienern der Anstalt bis unterliegen der
Genehmigung der Handels- und Gewerbekammer. die darüber in allgemeiner Sitzung
entscheidet
5.
Den Vorsitz im Curatorium fuhrt der Präsident der Handels- und Gewerbekammer
und in dessen Verhinderung der Vizepräsident und in weiterer Folge der Prasidenten-
Stellvertreter.
Zur Beschlussfähigkeit ist außer dem Vorsitzenden die Anwesenheit von sechs
stimmberechtigten Mitgliedern erforderlich.
Ehrenmitglieder und correspondirende Mitglieder g. können nur bei An-
wesenheit von mindestens I4 Mitgliedern außer dem Vorsitzenden ernannt werden.
Die Sitzungen werden nach Erforderniss und jedenfalls über Wunsch von sechs
Curatoriumsmitgliedern einberufen. Die Einladung hat die Tagesordnung zu enthalten.
Für die Verhandlungen des Curatoriums gilt eine Geschäftsordnung, welche mit
jener der Kammer im Einklange zu stehen hat. Nur sind Dringlichkeitsanträge
nicht zulassig.
Als Schriftführer des Curatoriums fungirt der Leiter des Museums und in dessen
Verhinderung der für das kunstgewerbliche Museum bestellte Referent der Prager
Handelsv und Gewerbeltammer.
Die schriftlichen Ausfertigungen des Curatoriums werden vom Präsidenten nder
dessen Stellvertreter unter Gegenzeichnung des Leiters der Anstalt oder in dessen Ver-
hinderung des für das ltunstgewerbliche Museum bestellten Referenten der Prager Handels-
und Gewerbekammer unterzeichnet
Q. 6.
Den Behörden gegenüber und nach Außen wird das ltunstgewerbliche Museum
durch das Präsidium der Handels- und Gewerbekammer vertreten.
Sowohl dieses Statut als die Publicafionen des Museums werden in beiden Landes-
sprachen ausgefertigt.
354i
Personamaohriohten Der Minister für Cultus und Unterricht
hat den Professor an der Fachschule für Goldschmiedekunst und ver-
wandte Gewerbe in Prag, Architekten Robert Stübchen-Kirchner,
zum Professor an der Staatsgewerheschule in Reichenberg mit der
Bestimmung als Leiter der Fachschule für Quincaillerie in Gablonz,
beziehungsweise der gewerblichen Fortbildungscurse des Gablonzer Be-
zirkes, dann den wirklichen Lehrer an der Staatsgewerbeschule in Graz,
Architekten Anton Hellmessen zum wirklichen Lehrer für Projections-
lehre, kunstgewerbliche Formenlehre, Freihand- und kunstgewerbliches
Zeichnen an der Fachschule für Goldschmiedekunst und verwandte Ge-
werbe in Prag, und den Decorations-Architekten Rudolf Bakalowits
in Wien zum wirklichen Lehrer für kunstgewerbliche Formenlehre, Frei-
hand- und kunstgewerbliches Zeichnen an der Staatsgewerbeschule in
Graz ernannt.
Julian Flala. Am 25. Februar l. starb in Teplitz der Lehrer
an der k. k. Fachschule daselbst, Julian Fiala, im 28. Lebensiahre. Der-
selbe hatte seine Vorstudien und seine akademischen Lehrjahre in Salz-
burg und Wien zurückgelegt und war dann nach München gegangen,
woselbst er im Laufe dreier Jahre zahlreiche und gründliche Oelstudien
im Porträtfache und in liguraler Malerei überhaupt ausführte. Auf Grund
dieser Studien wurde derselbe als Fachlehrer für decoratives Malen und
Zeichnen an der Fachschule für Keramik in Teplitz angestellt und zur
Vorbereitung mit sechs anderen Collagen dem lnstructionscurs für Lehrer
an keramischen Schulen zugewiesen. Bei dieser Gelegenheit waren auch
im Museum Arbeiten von Fiala ausgestellt, unter welchen namentlich
der Entwurf eines Majolika-Ofens mit Malereien aus den wSieben Raben"
von Schwind ihm allgemeine Anerkennung eintrug. Der Lehrkörper der
Teplitzer Schule verlor in ihm einen treuen edlen Collegen. die Anstalt
einen ebenso eifrigen als strebsamen und vortrelflichen Lehrer.
Ans der Votivklrnhe. lm abgelaufenen Jahre hat die weitere Ausschmückung
der Vntivkirche durch den rastlosen Eifer des Pralaten Dr. Gottfried Marschall wieder
Fortschritte aufzuweisen. Für die sogenannte Salrucapelle wurde ein Altar gestiftet.
Derselbe wird aus Laaser Marmor und agyptischem Alabaster bestehen, mit Tiroler Glas-
mosaik nach dem Entwurf des Professors Herm. Ritter v. Riewel geschmückt, und sind
die Mensa und das eiserne Communiongitler dieses Altars bereits aufgestellt. Das in
genannter Capclle gestandene Salntmonument wurde zur Raumgewinnung in die mit dem
Fenster von Mahren geschmückte Taufcapelle umgestellt und letztere mit einem vom Pro-
fessor Riewel entworfenen und vom Schlossermeister Wilhelm ausgeführten reichen
Abschlussgitter versehen.
Der im Jahre 187g aus der Ambraser Sammlung der Votivkirche überlassene und
aus Pfalzl bei Trier stammende alte gothische Holzaltar, welcher bisher im Pfarrhause
deponirt war, kam in einer Seitenschilfnische zur provisorischen Aufstellung und es wird
nun für die nothigen Mittel vorgesorgt, um dieses schone Kunstwerk einer entsprechenden
Restaurirung unterziehen zu können.
Gewerbliche Uuharriohtsanatalbexm, Dem 13. Berichte aber die Wirksamkeit
der Gewerbeschul-Commission in Wien, das Schuljahr t883f84 umfassend, entnehmen
wir folgende Daten
Die unter der Leitung der Gewerbeschul-Commiasion in Wien stehenden gewerb-
lichen Lehranstalten zerfallen in vier Kategorien t. Gewerbliche Vorbereitungscurse,
35 an der Zahl; a. gewerbliche Fortbildungsschulen für Lehrlinge und Gehilfen,
3. gewerbliche Fortbildungsschulen fur Mädchen, gewerbliche Fachschulen fach-
liche Fortbildungsschulen, n.
Die Zahl sammtlicher für die 35 gewerblichen Vorbereitungacurse ein-
geschriebenen Schüler betrug im abgelaufenen Schuljahre 7329. von denen durchschnitt-
lich während des Schuljahres 4.675 anwesend waren und 4940 das Lehrziel erreichten.
Der Schulbesuch lasst wie immer viel zu wünschen übrig; um besten ist er in
den Monaten Janner bis März, am schwachsten in den Monaten April bis Juli, und was
355
dieWochentage anbelangt, so wird der Unterricht am besten an Montagen. am schwächsten
an Sonntagen frequentirt.
Ala Hindernisse besserer Erfolge müssen die das ganze Schuljahr hindurch dauernde
Aufnahme der Schüler und der Umstand hervorgehoben werden, dass sich sehr viele
Lehrlinge längere Zeit hindurch oft bis Jahre der Schulpßicht zu entziehen
wissen und erst in der letzten Zeit ihrer Lehre die Schule zu besuchen pflegen, um ein
Zeugniss zur Freisprechung zu erlangen.
Die gewerblichen Fortbildungsschulen für Lehrlinge und Gehilfen
haben dle Aufgabe, Lehrlinge und Gehilfen in den zur Ausübung ihres Berufes nothigen
Kenntnissen und Kunstfertiglteitcn einen theoretischen und, so weit als es thunlich ist,
auch praktischen Unterricht zu ertheilen.
Der Zudrang zu diesen Schulen ist fortwährend im Steigen begriffen, und mussten
viele Aufnahmswerber wegen Mangel an Platz zurückgewiesen und zur Einberufung in
Vormerkung genommen wetden. Die Anzahl der an sämmtlichen ewerblichen Fort-
bildungsschulen für Lehrlinge eingeschriebenen Schüler belief sich au 2552, von welchen
durchschnittlich x80 anwesend waren und 1375 das Lehrziel erreichten. Am Schlusse
des Schuljahres wurden die Arbeiten der Gcwerbeschüler, bestehend in Zeichen-, Modellir-
und graphischen Arbeiten, in den Tagen vom 11. bis 13. Juli zur öffentlichen Besich-
tigung ausgestellt.
Die gewerblichen Fortbildungsschulen für Mädchen haben den Zweck,
gewerblichen Arbeiterinnen sowie jenen Mädchen, welche sich für das gewerbliche und
kaufmännische Leben ausbilden und eine gesicherte Existenz verschaEen wollen, die für
ihren Beruf erforderlichen Kenntnisse beizubringen. Aufgenommen werden nur solche
Mädchen, welche sich mit einem Entlassungszcugnisse aus der Volksschule auszuweisen
vermögen. Gegenwärtig bestehen in Wien drei solche Fortbildungaschulen. Im Ganzen
wurden zao Schülerinnen aufgenommen. Der Schulbesuch war mit geringen Ausnahmen
ein sehr fleißiger, das Unterrichtsresultat ein recht günstiges.
Die in Wien bestehenden und theils unmittelbar, thails mittelbar unter der Leitung
der Gewerbeschul Commissian stehenden Fachschulen und fachlichen Fortbildungs-
schulen sind
1. Die Lehranstalt für Textilindustrie in Wien, bestehend aus fünf Abtheilungen
mit einer Frequenz von 2x Schülern.
Fachliche Fortbil ungaschule für Uhrmacher in Wien. Der Unterricht wird in
zwei Classen ertheilt. Der Schülerstand betrug 58.
3. Fachliche Fortblldungsschule für Lehrlinge der Wiener Drechsler-Genossen-
schaft. Diese Schule besteht se1t dem Jahre 1874. Die Zahl sammtlicher eingeschriebenen
Schüler belief sich im letzten Schuljahre auf x40.
4. Fachliche Fortbildungsschule für Buchdruckereilehrlinge in Wien, Die Zahl der
an dieser Schule eingeschriebenen Schüler betrug im vorigen Schuljahre 175.
S. Fachliche Fortbildungsschule für Gold-, Silber- und Juwelenarbeiter und Graveure
in Wien. Der Gesammtstand der Schüler war am Schlusse des vorigen Schuljahres 13.
6. Gremial-Handelsfachschula der Wiener Kaufmannschaft. Dieselbe hatte im
vorigen Jahre zusammen 1470 Pßichtschüler und freiwillige Hörer.
7. Fachliche Fortbildungsachule für Anstreicher und Wagenlackirer in Wien. Diese
Schule wurde am 16. September 1883 eröffnet. Die Schülerzahl betrug 65.
8. Fachliche Fortblldungsschule für Maurer, Steinmetze und Zimmerleute in Wien.
ln diese 1883 errichtete Schule wurden im Schuljahre 1883184 im Ganzen x81 Schüler
aufgenommen, unter denen sich 14a Maurer, tg Steinmetze und 20 Zimmerleute befanden.
g. Fachliche Fortbildungsschule für Bäckerlehrlinge in Wien mit 6a Scholern.
10. Fachzeichencurs für Lehrlinge der Spangler-Genossenschaft. Die Zahl der
Schüler betrug zu Anfang den Schuljahres 111 und waren dieselben in drei Classen
vertheilt.
11. Fachzeichencurs für Lehrlinge der Wiener Tischler-Genossenschaft. Die Schüler-
zahl betrug zu Anfang des Schuljahres 87.
lt. Fachliche Fortbildungsschule für Lehrlinge der Zuckerbacker-Genossenschaft,
erößnet reit 5. November 1884.
Der Bericht der Gewerbeschul-Commission schließt mit folgenden Sätzen Mit
dem Solarjahre 1884. geht auch die dreijahrige Functions-Periode der Gewerbeschul-
Commission zu Ende. Wenn sie einen Rückblick auf ihre Thatigkeit sowie auf ihre vnr
17 Jahren erfolgte erste Constituirung wirft, so kann sie mit den während dieser Zeit
erzielten Resultaten wohl zufrieden sein. Aus kleinen Anfangen hervorgehend, hat sie
nach der Uebernahme von sechs Schulen allmalig ein ganzes Netz von Anstalten geschaffen
und dem gewerblichen Unterrichte eine solche Organisirung und Ausdehnung gegeben,
dass derselbe nicht blos im lnlande, sondern auch itn Ausland vielfach nachgeahmt und
zum Muster genommen wird.
Die Zahl der Schüler, die ursprünglich nicht viel über 1000 betrug, ist nach und
nach bis auf 13.000 gestiegen, die sechs gewerblichen Fortbildungsschulen haben einen
Zuwachs von acht erhalten, dazu sind noch zwülf Fachschulen und fünfunddreißig Vor-
bereitungscurse gekommen. rWr. Zlgm
Sohaflle über Kunstgawerbo. in der neuesten Schrift Schaflläs, nDie Aus-
sichtslosigkeit der Socialdemocratien, lesen wir folgende Bemerkung nDer Kunst und
des kunstgewerblichen Unterrichtes haben sich der Staat und die Gemeinden bereits
sehr einlasslich angenommen. Wenn außerdem noch reiche Privatleute übrig bleiben,
von welchen die Kunstproducte gekauft werden, so ist dies nur gut. Ein geordneter
-Capitalismus- frommt der Kunst. Der Staat braucht darum nicht unisthetisch zu bleiben;
die Güter des Massenconsums haben an Schönheit schon unendlich gewonnenu
Internationale Kunstauastellnng. Gelegentlich der im Jahre 188 in Wien
stattgehabten internationalen Kunstausstellung war der Beschluss gefasst worden, regel-
mäßig im Zeitraume von vier Jahren eine derartige internationale Kunstausstellung zu
veranstalten. Im Sinne dieses Beschlusses hatte für das Jahr 1886 die Einladung zur
zweiten internationalen Kunstausstellung ergehen müssen. Im nachsten Jahre begeht
jedoch die Berliner Akademie der bildenden Künste die Feier ihres hundertilhrigen
Bestehens und aus diesem Anlasse wird in der deutschen Reichshauptstadt eine große
internationale Kunstausstellung veranstaltet werden. Mit Rücksicht auf diesen Umstand
durfte die für das Jahr 1886 anberaumte Wiener Ausstellung auf den Sommer des
Jahres 1887 verschoben werden.
Ausstellung in Antwerpen. Nach den umfassenden Vorbereitungen, welche
von Seite der österreichischen Handelskammern getroifen werden, dürfte unsere Aus-
stellung in Antwerpen sich brillanter gestalten, als anfänglich zu vermuthen stand. Die
Zahl der Anmeldungen erreicht bereits 300 und hat nun auch die Firma Ginzkey ihre
Theilnahme zugesagt und will einen Raum von mehr als 100 Quadratmeter in Anspruch
nehmen.
leas-Muaterauaatollung im Krystallpüast zu Leipzig ln der Vorwoche
der Ostermesse, vom 13.-22. April, findet in den Ausstellungsraumen des Krystall-
palastes die ständige Musterausstellung der Kurzwaarenbranche und solcher Artikel, welche
auf der Reise schwer oder überhaupt nicht zu fuhren sind, statt. Es bietet dieselbe
Fabrikanten Gelegenheit, ohne erhebliche Spesen die Leipziger Messen mit ihrem großen
Exportverkehr zu beschicken und neue Geschäftsverbindungen zu entriren. Die Raum-
miethe wird pro Quadratmeter mit nur 12'5o Mk. incl. aller Spesen berechnet. Person-
liche Anwesenheit ist nicht unbedingt erforderlich, da die Direction gern bereit ist, gewandte
Vertreter zu stellen. Anmeldungen werden rechtzeitig an das Bureau des Krystallpalastes
erbeten. Anrneldescheine und Prospecte stehen zu Diensten.
Sammlung Baailewsld. Die berühmte Sammlung des Herrn v. Basilewski in Paris
ist an die russische Regierung um Millionen Francs verkauft worden. Der Katalog
zahlte 750 Nummern, worin einige mehrere Gegenstände bezeichnen. Die BasilewskPsche
Sammlung ist einzig in ihrer Art, hinsichtlich der Kunstgegenstände aus den ersten christ-
lichen Jahrhunderten, wovon viele aus den Katakomben stammen. Von anderen Haupt-
stücken der Sammlung sind zu erwähnen ein italienischer Schild, Tartsche, auf der ein
Reiter gemalt ist für 25.000 Francs gekauft und jetzt auf 100.000 Francs geschützt; ein
arabisch-spanisches Gefäß, welches bei der Versteigerung Fortuny's mit 10.000 Francs
bezahlt wurde; ein großer Teller aus italienischer Fayence, mit dem Bildnisse Carl's V.,
ftir den 50.000 Francs geboten wurden und wohl um die Hälfte mehr erzielt worden
wäre; ein Altaraufsatz von Penicaud in Limoges, eine prachtige Sehmelzarbeit, für die
250.000 Francs geboten waren; eine große Truhe bahnt aus Nussbaumholz, die als
einzig in ihrer Art gilt und bei der Versteigerung der Sammlung Caraud aus Lyon für
1oo.ooo Francs erworben urde. Von der berühmten Oiron-Fayence enthält die Samm-
lung vier Stück, während im Ganzen keine dreißig Stücke dieser Gattung bekannt sind.
Eine Musltete mit einem Rchfuße, wahrscheinlich deutsche Arbeit, wurde einst mit
6o.o00 Francs bezahlt. Noch wichtiger für Deutschland sind die zwei Monstranzen aus
dem Baseler Münstcrschnlzc, aus dem das Musee Cluny sein beruhmtestes Stück, den an
Heinrich den Heiligen geschenkten großen goldenen Altaraufsatz, besitzt. Letzterer ist
wahrscheinlich von byzantinischen Künstlern in Deutschland gefertigt. Die beiden Mon-
stranzen sind dagegen deutsche Goldschmiedearbeit aus dem 13. und 14. Jahrhunderte;
sie wurden zusammen für 60.000 Francs erworben, heute würde jede einzeln mit über
100.000 Francs bezahlt werden.
Selbstverlng des k. k. Oeslerr. Muuums Elr Kunst und Industrie.
Buch-lruckeni von cm mmum Sohn Wlu.