Beilage zu Nr. 236 der „Mittheilungen des k. k. Oesterreieh. Museums." emaillen bezeichnen. Die malerischen Wirkungen des Helldunkels waren bei diesen von vornherein ausgeschlossen. Mit dem Auftreten einer voll- ständigen, wenn auch wenig reichhaltigen Palette vollkommen glashell durchsichtiger (translucider) Emaillen ist auf dem Gebiete der Schmelz- technik ein Umschwung von großer Bedeutung, ein Umschwung, der sich zunächst nicht in Deutschland, nicht in Frankreich, sondern in Italien bemerkbar macht, wo vorher nur ausnahmsweise und untergeordnet von der Technik des Emaillirens Gebrauch gemacht wurde. Aus Edel- metall wurde das Bildniss, welches bestimmt war, sich nach dem Emailliren in leuchtender Farbenpracht zu zeigen, in seichtem Relief geschnitten und den Localtönen der einzelnen Partien entsprechend mit den durch- sichtigen Schmelzgläsern überzogen; diese wurden nach dem Brennen abgeschliffen bis zur Spiegelglätte. Den Höhen und Tiefen des Reliefs zufolge gestaltete sich die Emailschichte stärker und schwächer, daher dunkler und heller in gewünschter Schattenwirltung. Jedermann kann sich leicht eine Vorstellung von einem solchen Clairobscur verschalfen, wenn er eine blanke Silbermünze mit einem Wachsrand umgibt und eine durchsichtige farbige Flüssigkeit -- etwa mit Wasser verdünnte braune Tinte - darauf gieBt. Ein eminentes Beispiel dieses Goldschmiedemails besitzt das Oesterr. Museum, ein Kreuz, welches um die Mitte des I5. Jahrhunderts entstanden, dem Maso Finiguerra zugeschrieben wird. Die translucide Palette bestand zunächst aus folgenden, vollkommen ungebrochenen Farben: Blau, und zwar tief Kobaltblau, Grün, Gelb, Gelbbraun und Rothviolett, welch' letzteres an Stelle eines Fleischtons auch zur Färbung der nackten Theile der menschlichen Figur verwendet wurde. Dass auch mit Gold purpurroth gefärbte Emaillen zur Anwendung kamen, wenn auch seltener als die übrigen Farben, ist sicher gestellt. Niemand Geringerer gibt uns hievon Nachricht sowie eine genaue Bei schreibung des eben erwähnten Emaillirverfahrens, als Benvenuto Cellini, welcher in dem ersten seiner beiden Trattati dem Reliefschmelz, den er als die wahre Art des Emaillirens bezeichnet, ein ganzes Capitel widmet. Er nennt das purpurrothe Email Smalto roggio und erwähnt, dass es von Alchymisten erfunden worden sei. Dass Cellini dessen Bereitungs- weise gekannt habe, ist allerdings nicht anzunehmen, doch geht aus seinen ungemein deutlichen Ausführungen bezüglich der Eigenschaften und der Art der Verwendung desselben ohne jeden Zweifel hervor, dass es sich in den gegebenen Fällen um goldhaltiges Rubinschmelzglas han- delte. Die eben beschriebene Art des Emailllrens heißt Cellini 1' opera di x. Bd. 1885. 31