die Farbenscala eine sehr reiche. Staunenswerth ist die Sicherheit, mit der das italienische Kunstgewerbe die Figur behandelt, die plastische sowohl wie die gemalte. In den gewerblichen Zeichenschulen bereits wird auf das Figürliche ein großer Wert gelegt, ein viel zu großer vielleicht. Der Schüler ist im Stande eine Figur nach der Natur oft in schwieriger Stellung ganz correct zu zeichnen, aber es wird ihm nicht leicht, ein einfaches Bandornarnent in Renaissance-Ranken zu entwerfen. Bei ein- fachen Holzschnitzereien in Venedig eine vollkommen correcte Figur, voll lebendiger Bewegung zu finden, ist keine Seltenheit. Auf Möbeln ist das Figurale, Masken, Karyatiden etc., fast durchwegs gelungen, mitunter geradezu künstlerisch durchgeführt, das Ornamentale daneben oft ver- nachlässigt. Es tritt oft in diesem Punkte die bedauerlichste Stylverwir- rung zu Tage. Darin liegt einer der Hauptunterschiede in der kunst- gewerblichen Bildung Italiens und der unseren. Ueberwiegen bei der Fayence - und diese herrscht in Italien in der Keramik noch entschiedener vor als bei uns - die plastischen Deco- rationsarten, _so bietet andererseits "das Porzellan den Malern die meiste Gelegenheit zur Entfaltung einer ganz erstaunlichen Kunstfertigkeit. Meist sind es Gemälde moderner heimischer Künstler, die auf Platten, Schüsseln und Vasen reproducirt werden, mit all' der genialen Flottheit, dem Farbenreichthum, der Sicherheit des Pinsels, welche die Originale aus- zeichnet. Die Imitation geht so weit, dass wir genau unterscheiden können, ob das Original ein Oelbild oder ein Aquarell, ob es ein voll- endetes Gemälde oder eine Skizze ist. Auffallend ist, wie auf allen industriellen Gebieten, so namentlich in der Keramik die tiefe Kluft zwischen kunstindustriellen Leistungen und derxgewöhnlichen Gebrauchswaare. Ein Kunstgewerbe in unserem Sinne ist eigentlich das italienische gar nicht. Das rein Künstlerische überwiegt allzusehr; wir bewundern an einem Möbel mehr die Kunst des Bildhauers, als die des Tischlers oder Schnitzers, an einer Porzellan- schüssel mehr die des Malers, als die des Decorateurs. Die gewöhnlichen Gebrauchsgegenstände hingegen sind über die Maßen primitiv und roh. Von jenem Endideal der kunstgewerblichen Bewegung Mitteleuropa"; der allgemeinen Durchdringung auch der einfachsten gewerblichen Schöpfungen durch künstlerisch geläutertes Schönheitsgefühl ist Italien noch weit entfernt. ' Die Pflege der keramischen Industrie ist auf ganz Italien ziemlich gleichmäßig vertheilt. Die Majolika- und Fayenceerzeugung blüht vor Allem in den Provinzen Ligurien, Urnbrien und Neapel, dann in der Lombardie, speciell in Mailand. Letzteres ist neben Florenz auch der Hauptort der Porzellanmanufactur. An Reichhaltigkeit und künstlerischem Werthe der Objecte über- ragte die, nebenbei gesagt, auch etfectvoll und mit Geschmack arrangirte