4a: Mechanik nicht vernachlässigt, die Deckel der Geldkästen z. B. mit einem Schlosswerke versehen, das nach allen vier Seiten auf einmal seine Riegel einschob. Und diese Werke wurden mit solcher Präcision und solcher Solidität gearbeitet, dass wir Thürschlösser kennen, die seit jener Zeit im Gebrauche geblieben sind und noch heute unversehrt, wie neu erscheinen. Solcher Art sind eine Reihe Schlösser an den Thüren des Germanischen Museums, welche aus dem Hirschvogel-Hause in Nürnberg stammen und erst vor etwas mehr als fünfundzwanzig Jahren von ihrer ursprünglichen Stelle entfernt wurden. Als die Sitte aufkam - sie begann schon im r7. Jahrhundert - die Thürschlösser auf den inneren Seiten der Kästen anzubringen und dann ganz in das Holz der Thür zu versenken, da verschwand das Motiv, sie künstlerisch zu verzieren - es war ja nur das Schlüsselloch sichtbar - und so verlor sich auch die Kunst von ihnen. Es verschwand damit von der Schlossplatte auch eine besondere Eigenthümlichkeit, die schon aus der gothischen Epoche herstammte und als Motiv zu man- cherlei hübscher Verzierung die Anregung gegeben hatte. Die Leute in jenen alten Zeiten, da Straßen und Hausgänge noch nicht erleuchtet waren, mussten wohl bei nächtlicher Heirnehr das Bedürfniss gefühlt haben, das Schlüsselloch treffsicher zu finden. Sie umgeben es deshalb mit einem vertretenden Eisenbande, dessen beide Seiten nach oben aus- einanderliefen. An diesen Seiten glitt der suchende Schlüssel herab und fand unten im Winkel ohne Fehl die Oeühung. Wie einfach und natürlich! Trotzdem hat sich die Sitte mit jener Veränderung des Schlosses wieder verloren, und es bleibt wiederum der tastenden Hand überlassen, erst das Schlüsselloch mühsam aufzusuchen. Wie aber die Kunst vom Schlosse sich verlor, gab sie doch den Schlüssel nicht auf. Vielmehr finden sich gerade aus dem 18. Jahrhundert höchst reizende, in Stahl geschnittene Schlüssel, Griff, Gesenke, Schaft und Bart, Alles zierlich und überreich verziert, der Griff durchbrochen gearbeitet, mit Ornamenten, ChiBren und Kronen. Die Sammlung Dil- linger's enthält einige hübsche Beispiele, reichere noch besitzt das Oesterr. Museum in seiner Sammlung. Auch daran ist die Kunst erstorben. Nicht einmal die Kammer- herrenschlüssel - unsere Sammlung zeigt eine ganze Reihe bis auf die Gegenwart - haben sie bewahrt. Diese gegossenen Messingschlüssel sind, wenn nicht einfach, doch plump und formlos. Sollte die Wieder- erweckung kunstvoller Schlüssel nicht bei ihnen den Anfang machen? Denn leider lässt dieser Anfang noch auf sich warten. So außerordent- liche Fortschritte Schlosserei und Schmiedehandwerk in getriebenem Eisen seit den beiden letzten Jahrzehnten gemacht haben, so viel Geist und Scharfsinn der Mechanik in Schloss und Schlüssel zugewendet worden, so ist doch die Kunst gerade an diese, an Schloss und Schlüssel, noch wenig oder gar nicht herangetreten. Mit dem Schlosse freilich ist