ist realistisch-Heischlich bemalt, gewöhnlich glasirt und, wo das unmöglich dünkte, auch mit stumpfen Farben. Diese Majolicaplastik ist aber nach Art und Geist in der italie- nischen Kunst durchaus keine isolirte Erscheinung. Sie findet ihr Seiten- stück in Marmor, in Holz, auch in Bronze. Ja die heute nun wohl- bekannte Marmorsculptur ist ihr voraufgegangeu. Sie hat den Anfang gemacht und hat nun in dem anderen plastischen Materiale Nachfolge gefunden. Alle die weißen Genretiguren, staunenswürdige Leistungen in der Behandlung des Marmors, stehen wieder in Antwerpen in reicher Fülle. Da sind die schreienden und weinenden Kinder, der Zeitungen ver- kaufende Straßenjunge, Buben, die sich um das Essen raufen, der Hirten- knabe mit seiner Ziege, der Savoyarde mit seinem Murmelthiere, lesende, strickende, stickende, Cigarren rauchende Frauen und Mädchen, ein Mädchen unter dem Sonnenschirme, der Schirm natürlich auch in Marmor ausgeführt, ein nacktes Mädchen, nur mit Schuhen bekleidet, die Dame mit dem Schleier über Kopf und Gesicht, und was dergleichen Aufgaben mehr sind, welche die Bravour der Technik herausfordern. Immerhin setzt der keusche Carraramarmor einer lasciven Kunst gewisse Schranken, da der Italiener zur Bemalung dieses schönen Ma- teriales noch nicht vorgeschritten ist. Diesen Schritt hat er nun in der Holzsculptur gethan. Hier ist Alles farbig geworden und nicht blos farbig, sondern die lose Laune hat hier vollkommen freies Feld gefunden. Wir kannten längst die Bravourtechnik der italienischen Holzschnitzerei und haben ihren Ornamenten, Rahmen, Consclen, Möbeln im reinsten Style der Frührenaissance gerechte Würdigung zu Theil werden lassen. Nun hat sich diese Bravour auf ein anderes Genre geworfen, auf das Genre polychromirter Figuren. Wir haben auf den Ausstellungen des Oesterr. Museums etwas Aehnliches gesehen. Professor Klotz, Lehrer der Holzschnitzerei an der Kunstgewerbeschule, färbt ebenfalls seine in Holz geschnitzten Büsten, Köpfe oder Statuetten, aber in so beschei- dener Weise, dass wir es nur mit Werken einer edlen Kunst zu thun haben. Bei den Italienern spielt die Farbe schon eine andere, kräf- tigere Rolle und nähert sich dem Realismus. Auch das wäre kein Un- glück! Aber was sind die Figuren, die also dargestellt werden? Bediente in Livree, die eine Schüssel präsentiren, Herren im Frack mit dem Hute in der Hand, die Caricatur eines Engländers mit blonden Cotelettes, Damen im Costlime, Satan und Satanella, Alles naturgroße Figuren, farbig in Schwarz, Roth, Gelb u. s. w., charakteristisch erfunden, wunderbar gearbeitet, aber doch sozusagen gute oder schlechte Witze, plastisch in Lebensgröße ausgeführt. Und das wird bewundert, angestaunt und gekauft von den vornehmsten Namen. Ganz so schlimm steht es mit den italienischen Bronzen noch nicht. Das starre Erz leistet der Frivolität einigen Widerstand. Aber auch hier erscheint der Realismus oftmals in einer zum Lachen drastischen Weise,