123 physikalischen Sammlungen, der Naturalien, der Kronjuwelen angeordnet zu haben, kommt August dem Starken von Sachsen zu. Das geschah zu Anfang des vorigen Jahrhundertes und im Laufe der nächsten Jahrzehnte wurden auch Sculpturen, die Gemälde, die Münzen, die Porzellane selbständig geordnet. Die Gemäldegalerie in Wien wurde in den Zwan- ziger Jahren in der Stallburg untergebracht, deren Benutzung aber erst 1773 ermöglicht. Diese Beispiele fanden Nachahmung in den meisten deutschen Residenzen, in Klöstern, auch Universitäten und andere hohere Lehranstalten erhielten nach und nach eigene Cabinete. Der Gedanke, dass alle derartige Sammlungen als Bildungsanstalten zu betrachten, und daher der ganzen Bevölkerung zugänglich zu machen seien, kam jedoch erst nach den napoleonischen Kriegen voll zum Durchbruche, und Schritt für Schritt wurden die Besuchsbedingungen liberaler. Seit der ersten Londoner Industrie-Ausstellung reihten sich jenen verschiedenen Museen die kunstgewerblichen an, welche nun wieder im Publicum einen Sammeleifer anfachten, gegen dessen Ueberwuchern heutzutage die Industrie Klage erhebt. Der Vortragende erörterte, inwiefern die Klage Berechtigung habe, nämlich, wenn die Marotte überhand nimmt, nur das wirklich oder angeblich Alte zu schätzen und das Neue, eben weil es neu ist, zurnckzusetzen. Diese Marotte kommt lediglich den Händlern und Falschern zu Gute und schädigt die lebendige Production. Selbstverständlich mussten die Gegner des Sammelns, welches keinen anderen Zweck hat, als eben zu sammeln, sich hüten, das Kind mit dem Bade zu verschntten. Hier wurden eingehend die Unterschiede zwischen systematischem, einem höheren Zwecke dienendem Sammeln einerseits, der Sammelwuth und der Modethorheit andererseits besprochen, und als eine Ehrenpßicht bezeichnet, auch das Tuchtige, was die eigene Zeit hervorbringt, zu würdigen und zu fordern. Literatur - Bericht. Kunst und Kunstgewerbe im Stifte St. Florian. Von Albin Czerny. Linz, 1886. 8". 317 S. Diese vortreffliche Arbeit ist mit vollster Anerkennung zu begrüßen. Der gelehrte und ltunstsinnige Bibliothekar des altberühmten Stiftes in Oberösterreich legt darin den ganzen Schatz seiner höchst emsigen Forschungen aus Urkunden und Rechnungen nieder, welche die Kunstangelegenheiten dieses seit Jahrhunderten als Pflegestatte der Künste blühenden Hauses betreffen. Wir erhalten damit eine bis in's kleinste Detail ein- gehende Nachricht über alle Verhältnisse der Architektur, Plastik, Malerei, Stuccatur- technik, Tischlerei, Goldschmiedekunst, Eisenarbeit etc., über den Kunsthandel aus Fern und Nah, über Verbindungen der kunstliebenden Prälaten mit Italien, Augsburg, Wien und anderen Städten über die mächtige Anregung, welche durch Jahrhunderte diese Kunstliebe für die Umgegend gab, so dass in kleinen umliegenden Ortschaften, wo heute keine Spur von Kunstthatigkeit zu finden ist, es damals zahlreiche Maler, Vergolder und Eisenarbeiter etc. gegeben hat. Für die noch so lückenhafte und irrthümerreiche kunst- geschichtliche Forschung unseres Vaterlandes hat das vortreifliche Buch auch deshalb großen Werth, weil es über einige der hervorragendsten Meister ganz neue und höchst wichtige Nachrichten beibringt. In dieser Beziehung verdienen besonders die Mittheilungen über die Maler Daniel Gtan, Martino und Bartolomeo Altomonte, über die Architekten Carlone und Jacob Prandauer, den Bildhauer Sattler, die Kunsttischler Jegg etc. Beachtung. Es ist nicht Vorliebe, wenn das XVerk in den Partien aus der spaten Renaissance- und Barockzeit mit größter Ausführlichkeit verweilt, sondern eine Consequenz der geschicht- lichen Thatsachen, aus denen ja erhellt, dass, wie überall in Oesterreich auch zu St. Florian, vornehmlich im t7. und 13. Jahrhundert, sich eine Kunstblüthe höchster Pracht und grüßter Fülle ereignete. Aber auch die älteren Zeiten bis in die frühe Ver- gangenheit zurück, als im finsteren Waldthale über dem Leichnam des römischen Kriegers Florianus sich eine schlichte Cella, dann ein karolingiseher Bau, dann ein Neubau des großen Alttnann erhob, Enden emsige und gewissenhafte Behandlung und kunsthistorische Erforschung. lm Ganzen umfasst das Buch bei dreihundert Namen, welche durchaus das Stift betreffen und seiner Kunstgeschichte angehören. Es ware in hohem Grade zu wünschen, dass dem ausgezeichneten Beispiele Czerny's in den übrigen geistlichen Cultur- statten Oesterreichs lieißige Nachfolge geleistet würde; nur so können wir die nur zu lang versaumte Schuld der Vergangenheit tilgen. l. 8