339 nischen Schriftarten: Die Kapital- und Uncialschrift, dann die gewöhn- liche Schreibschrift, Cancellaresca genannt, mit ihren vielen Abarten, als: lettera antica, moderna, cursiva, formata, Commune, trattizata, spagnola, die Schrift der Notarien, notaresca, und die der Kaufleute, mercantile. Zu den Schriften mit mehr gothischem Gepräge zählen dann die lettera bollatica, die cortigiani, die imperiale, eine Diplomenschrift mit lang- gestreckten, verschnörkelten Anfangsbuchstaben, die rognosa, eine nicht aus glatten und festen, sondern wie mit zitternder Hand gekritzelten Strichen bestehende Schrift, die tagliata, in der Mitte durch einen weißen Horizontalstrich unterbrochen, die mancina, verkehrt stehende, soge- nannte Spiegelschrift, die lettera fiammenga und eine sehr schöne Fractur- Schrift, lettera francesca genannt. Die deutsche Currentschrift finden wir in verschiedenen Größen und Formen vertreten, desgleichen einige hebrä- ische und griechische Alphabete; auch das sogenannte nLabyrinthn, die Verschlingung der Schriftzeilen zu einem sternförmigen Ornament, und die Probe einer ohne Vergrösserungsglas kaum lesbaren vKleinschriftn fehlen in dern Buche ebensowenig wie die aus vollständigen Personen- namen gebildeten Monogramme. Gaben die vorhin genannten Bücher italienischer und deutscher Schreibmeister unserem Künstler im Allgemeinen die Anleitung für die Form und Bildung der verschiedenen Schriftarten, so finden wir in dem Werke auch ab und zu einzelne Blätter aus diesen Büchern gleich direct copirt. So sind z. B. die auf Fol. 130-151 gezeichneten Constructionen des römischen Kapital- und des gothischen Minuskel-Alphabetes aus De Fanti's Buch herübergenommen; Fol. 103 (lettera imperiale) und Fol. 20 (lettera rognosa) sind Copien nach Fra Vespasiannfs Schreibbuch; Fol. go (sechs aus vollständigen Personennamen gebildete Monogramme) und Fol. 35 (das hebräische Alphabet) sind rnit allem ornarnentalen Beiwerk nach Palatinds Werk ausgeführt. Die auch wörtlich genaue Uebernahme eines besonders schönen und brauchbaren Schriftmusters aus einem Schreib- buche in das andere war übrigens, wie wir wissen, damals in der Literatur der Schreibkunst gang und gäbe, bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts. Das auf Fol. 118 in deutscher Fractur geschriebene vLabyrinthu, ein im 16. Jahrhundert sehr beliebtes Kunststück der Schreiber, ist eine Copie nach Wolfg. FuggeHs, nFormular Mancherley schöner schriefftenu (Nürnberg, 1553). Der Text enthält die Weissagung des Zacharias (Luc. l, 68) und am Ausgange des Labyrinthes wird uns Nachricht über die Person des Schreibers, der sich in seinem Werke zu wiederholten Malen und am ausführlichsten an dieser Stelle genannt hat. Die vollständige Bezeichnung lautet: Georgius Bochkuy a Rugynia sacratissimi ac poten- tissimi Principis et domini domini Ferdinandi Romanorum [mperatoris xemper Augusti ac Germanice, Hungariae, Bohenzae Dalmatie Croa. et Sclavonie elc. Regis Scriba utq. Aulicus in perpetuam Artis scribendi memoriam Viennae scripsit. Eine andere Bezeichnung, aufFol. 11g, lautet: 5 e