QVL Die kaiserliche Villa im Thiergarten. I Von Dir. Dr. A. Ilg. Im Sinne moderner Anwendung des Renaissancestils, mit beson- derer Zuneigung zu dessen französischer Nuance, baut sich die Villa Hermes, wie Ihre Majestät den herrlichen Sitz genannt hat, mit Eck- thürmen und mächtig vortretendem Mittelrisalit, ohne strenge Symmetrie leicht, freundlich und heiter empor. Sowohl im Erd- als im Nobelgeschoss liegen hier wie auf allen vier Seiten des Hauses den särnmtlichen Ge- mächern Austritte in's Freie vor, indem theils Balcons, theils aber ziera liche Lauben von reichgeschmiedetem Eisenwerk, letztere also in zwei Stockwerken übereinander, der Architektur eingefügt sind, die durch ihre feine, graziöse Formenwelt höchst erfreulich belebt wird. Eben dieselben geschmackvollen Eisencorridore verbinden dann die Schmalseiten des Hauses im Erdgeschoss mit den im Hofe stehenden Stall- und Küchen- gebäuden und bilden zugleich, von Grün umsponnen, festliche Einfahrts- portale in den weiten Raum dieses Hofes. Ihre Farbe ist ein helles, zum Steinton gut passendes Grau mit mattgelben Andeutungen der Gliederung. Sie sind von Gridl meisterhaft hergestellt, von dem auch die schönen Gitter der vergoldeten Balcons und Fensterparapete herrühren, welche in reichen Verschlingungen das Monogramm des Allerhöchsten Kaiser- paares enthalten. Die Giebel der seitlichen Pavillons schmücken Kindergestalten, von Weyer in Sandstein gehauen, jenen des Risalits aber die schönen sitzenden Figuren der Flora und Diana von der Hand desselben Küntlers; der große Balcon ruht hier auf toscanischen Säulen von grauem böhmischen Granit, zwischen welchen elegante Bronzevasen stehen; der Fußboden unter dem Balcon gleichwie in den sämmtlichen Eisenlauben um das Gebäude ist mit bunten, schön dessinirten Thonfliesen aus der Wiener- berger Fabrik gepflastert. Einige Stufen abwärts in den von Inspector Rauch geschmackvoll ersonnenen Gartenanlagen ist dem Ausgange des großen Parterresaales eine halbrunde, von Steinbalustraden umfriedete und mit Bronzevasen besetzte Terrasse vorgelegt, deren Mittelpunkt eine schlanke Brunnenschale einnimmt. Aus derselben erhebt sich die aus Marzanastein gehauene Gruppe eines Putto mit einem Crocodil, dessen Rachen der plätschernde Strahl entsteigt - eine trelfliche Composition Victor Tilgner's. Besonders elegant nimmt sich von dieser Seite das rechtsseitige Stiegenthürmchen aus, über dessen Eingang die Inschrift: l-Salvelu grüßt und dessen feines Kuppeldach aus weißem Stein schuppen- artig gefügt ist. Tiefer unten im Gartenparterre bezeichnet heute noch ein Blumenbeet die Stelle, wo die ihrer Vollendung entgegengehende Marmorfigur des Hermes von Ernst Herter - hier gleichsam als Wächter aufgestellt - ihren Platz finden wird, der schöne, freundliche Hüter, von dem das prachtvolle Gebäude seinen Namen führt.