MITTHEILUN GEN DES K. K. OESTERREICH. MUSEUMS FÜR KUNST UND INDUSTRIE. M011iitSChIiRNEIäMKAIIHStgBWGTbB. Herausgegeben und redigin durch die Direclion des k. k. Oesterr. Museums. im Commissionsverlag von Carl GerolcYs Sohn in Wien. Abonnementspreis per Jahr H. 4.- Nl". 21. (264) WIEN, September 1887. N. F. II. Jahrg. Inhalt: Die Formen des nnriken Goldschmuckcs. Von J. Folnesics. - Die deutuhen Kleinmeister des 16. Jahrhunderts. Von Ed. Chmelarz. (Schluss) - Die kaiserliche Villa im Thiergarten. Von Dir. Dr. A. llg. (Schluss) - Angelegenheiten des Oesterr. Museums und der mit demselben verbundenen Institute. -- Litenlurbericht. - Bibliographie des Knnslgewerhes. - Notizen. Die Formen des antiken Goldschmuckes '). Von J. Folnesics. Legen wir das System, welches Semper in seiner Abhandlung wUeber die Gesetzmäßigkeit des Schmuckese aufgestellt hat, den fol- genden Ausführungen zu Grunde, so haben wir es beim antiken Schmuck vornehmlich mit dem Behang und dem Ringscbmuck zu thun, also mit dem Ohrgehänge einerseits und mit dem Diadem, dem Halsband, dem Gürtel, dem Arm- und Fingerring andererseits. Bei den Ohrgehängen wissen wir, dass das Princip der Symmetrie, welches sich bei jedem Behange geltend macht, auch hier nie außer Acht gelassen werden darf, und zugleich, dass zwei weitere Momente beachtet werden müssen: die Beweglichkeit dieses Schmuckes und der Gegensatz der senkrechten Linie des herab- hängenden Körpers zu den gerundeten Linien der Wangen, des Halses und der Schultern. Dort, wo diese beiden Momente auf das Beste berück- sichtigt sind, wird uns auch die Form des Ohrgehänges am meisten befriedigen. Der ästhetische Werth eines solchen Behanges wird noch erhöht durch eine Rückwirkung auf das Verhalten des geschmückten lndividuums. Rasche, unregelmäßige, eckige Bewegungen werden unschöne Schwingungen des Behanges erzeugen, bei würdevoller Ruhe hingegen wird er zur vollen Geltung gelangen. Bei den Griechen war ohne Zweifel hiefür schon früh eine richtige Empfindung vorhanden, denn wir finden ') Nach einem Vortrage, gehalten im k. k. Oesterr. Museum am z8. Januar 1887. Jahrg. t887. 9