631 Flächen einhält. Alles kleinliche Detail verwirrt. lst es schon die Kirche an sich, welche Ruhe in der Composition verlangt, so ist es noch mehr das glänzende Material selber; ohne Ruhe würde nur ein Gefunkel ent- stehen, welches nicht Aden Eindruck der Feierlichkeit, der Erbabenheit, der Größe hervorruft, sondern den eines weltlich eitlen Schimmers. Durchaus in jenem Sinne haben die Mosaicisten der ersten Epoche und auch jene noch im zwölften und dreizehnten Jahrhundert ihre Technik behandelt. Es sind keine vollkommenen Künstler mehr, welche ihre Kunst in jeder Weise gründlich und richtig kennen und handhaben. Mit dem allgemeinen Verfall derfKunst haben auch sie die fehlerlose Zeichnung verloren; nur noch bekleidete Gestalten um sich sehend, ist ihnen die Kunde des Nackten entschwunden: sie zeichnen die Körpertheile unsicher, die Glieder unbestimmt, die Gelenke unarticulirt. Sie sündigen gegen die Gesetze der Perspective und der Proportionen; sie zeichnen alles wie auf einer Fläche, stellen große und kleine Figuren neben einander und fehlen insbesondere in der perspectivischen Darstellung der Gebäude. Nichtsdestoweniger verfehlen sie ihre Wirkung nicht, und wie es scheint, sind sie sich derselben wohl bewusst. Sie halten ihre Figuren groß, gewaltig, einfach und klar; wir schrecken oft vor der mächtigen Christusfigur und den strengen, ernsten Gestalten der Apostel. Der tief- blaue Himmel mit goldenen Sternen, der dunkelgoldige Grund, von dem sich die Figuren abheben, die leuchtenden Farben der Gewänder, der blumige Wiesengrund, der das Paradies vorstellt, die trennende und umrahmende Ornamentik, das stimmt alles in so vollkommener Har- monie zu feierlicher Pracht zusammen, dass eine triumphirende, von Weltlichkeit und Dogmatismus noch nicht ergritfene Kirche keinen ent- sprechenderen und würdigeren künstlerischen Ausdruck hätte finden können. Die Glasmosaik, so angewendet wie in ihrer ersten Epoche - freilich ohne die Fehler der Zeichnung - ist der schönste und großartigste Schmuck der christlichen Kirche. Die alten Künstler, wie gesagt, hielten die Compositionen klar und einfach, die Figuren nach Thunlichkeit getrennt. Auf jenem sogenannten Triumphbogen, der die Apside vom Schiffe trennt, thronte der Erlöser in seiner Glorie, vorragend an Glanz und Größe, über ihrn die Zeichen der Evangelisten, neben ihm oder in der Kuppel umhergestellt, die Einzelfiguren der Apostel. Hier am Triumphbogen, in der Apsis oder in der Kuppel kam die siegende Kirche zum Ausdruck; an den Wänden der Schiffe entlang waren Scenen und Begebenheiten aus dem alten und neuen Testamente dargestellt. Künstler und Geistlichkeit, die nun einen Einfluss auf die Darstellung gewann, waren hierin weiter gegangen als in den Malereien der Katakomben. Die unklinstlerischen Symbole ver- schwanden und das Persönliche, Reale, Geschichtliche des Christenthums gelangte immer zahlreicher zur Darstellung. Das Christenthum musste mit seinem Bilderkreise die reiche künstlerische Welt des heidnischen