Monumente, ohne Gelegenheit, die neuen Arten der Fälschungen, der Restau- rationen, der Ripasticci zu prüfen, wird die Kennerschaft stets eine partielle und beschränkte bleiben. Noch schwieriger wird es für den neuen Conservator _ sein, sich hinsichtlich des zeitweiligen Preises der einzelnen Gattungen von Antiken au courant zu erhalten. Da er fern von den Mittelpunkten des Kunst- handels lebt, so bleibt ihm kein anderes Auskunftsmittel übrig, als aufmerksam die Pariser und Londoner Auctionen zu verfolgen, deren Resultate noch immer im Wesentlichen die Hausse und Baisse des Kunsthandels bestimmen. Jeder- mann aber, der sich hiermit nur ein wenig beschäftigt hat, weiss, wie schwierig und wie zeitraubend es ist, diese Entwickelung zu verfolgen. Keinesfalls darf eine solche Aufgabe als Nebenbeschäftigung einem Universitätsprofessonaufge- bürdet werden. Als nothwendige Folge dieser Uebelstände ergiebt sich die Thatsache, dass sich der Professor und Conservator, wenn es gilt, einen An- kauf zu machen, beinah stets unsicher fühlt. Das beliebte Mittel, diesem Mangel dadurch abzuhelfen, dass man einer Commission von mehreren Pro- fessoren, sei es von der Universität, sei es von Kunst- oder anderen Akade- mien, die Entscheidung überträgt, ändert nichts; denn, wenn -eine Angelegen- heit von einer oder von sechs Personen erörtert wird, die dafür nicht voll- ständig competent sind, so kommt dies im Wesentlichen auf dasselbe heraus. Ganz unhaltbar wird aber die Vereinigung von Universitäts- und Museumsthä- tigkeit, wenn die Entwickelung des Museums plötzlich einen neuen Impuls er- hält, wenn beträchtliche Fonds für Erwerbungen ausgeworfen werden, wenn das deutsche Museum etwa versuchen soll, mit dem britischen Museum oder dem Louvre zu rivalisiren. Will man eine Museumsverwaltung kennen lernen_, die ordentlich im Zuge ist, dann darf man allerdings nicht die idyllische Stille eines deutschen Antiquariums aufsuchen. Vielmehr verfüge man sich zwischen 9 Uhr Vormittags und 4 Uhr Nachmittags in das Bureau der Herren Newton und Murrey im Britischen Museum. Hier kann man lernen, was es heisst, die Pflichten eines Conservators zu erfüllen, dessen Sammlung in lebendiger Wei- terentwickelung begriffen ist. Beinah jede halbe Stunde kommt ein Kunst- händler, um Gegenstände zum Verkauf anzubieten. Es gilt, die neu erwor- benen Monumente in zweckmässiger Weise in die Schränke einzureihen. Ama- teurs bitten um Gutachten. Kaum, dass die beiden Herren während ihrer Bureaustunden etwas Zeit zur Katalogisirung finden. Aehnlich ging es in den sechziger Jahren in den Bureaux der Herren Longperier und F röhner im Louvre zu, und ich glaube nach den grossartigen Acquisitionen, welche der Louvre auch seit dem Jahre 1870 in Italien machen lässt, dass selbst das Kriegsjahr in dieser Hinsicht nicht viel geändert lhat. Jeder gebildete Deutsche wird den Wunsch hegen, dass sich auch in seinem Vaterlande ein Culturmittelpunkt ent- wickele, wie ihn England im Britischen Museum und Frankreich im Louvre besitzt. Dies ist aber von vorn herein unmöglich, wenn die Kräfte, die in dieser Richtung thätig sein sollen, zersplittert, und ihnen gewaltige Aufgaben als Ne- benbeschäftigungen übertragen werden. Ich könnte die Gesichtspunkte, die ich dem Congresse vortrage, noch durch eine Menge persönlicher Erfahrungen bekräftigen, verzichte aber darauf, da ich glaube, dass die von mir gegebenen Andeutungen genügen werden, die versammelten Mitglieder von der Richtigkeit meines Standpunktes zu überzeugen. Die Frage also, die ich dem Congresse vorlege, lautet folgen- dermassen : ., Sollen die Antikensammlungen der grösseren Museen fiirderhin als Neben- amt von Universitätsprofessoren oder sollen sie von besonderen Beamten ver- waltet werden, die sich in zweckentsprechender Weise für diese Carriere aus- zubilden hätten?