347 cum grano salis anwenden. Man muss sie auf ihre bescheidenste Form zurückzuführen wissen und das weglassen, was bereits Altarsbhmuck und nicht mehr Rahmen- oder Bilderschmuck ist. Moderne Gothiker irren hierin häufig; sie suchen hierin namentlich die obere Hälfte des Rahmens zu absonderlich zu bilden, theils indem sie dieselbe nach dem Muster des Spitzbogenfensters gestalten und mit Massstab erfüllen oder indem sie den oberen Theil des Bildes mit durchbrochen geschnitztem Ornament überziehen, auch die oberen Ecken mit Stäben winklich abschneiden. - Sehen wir von den Altären ab, so finden wir die Bahmenbildungen im Mittelalter äusserst einfach gehalten. Man nehme z. B. die kleinen Dipty- chen und Triptychen von Elfenbein oder die Spiegelkapseln aus dem- selben Material; ihre Umfassungen sind fast durchgängig nur schlichte, schmale Bänder. die keinen andern Zweck haben, als das vertieft in der Mitte liegende Relief zu schützen. Einige Motive könnte man vielleicht manchen reicher geschmückten Bueheinbanden des Mittelalters entnehmen, solchen nämlich, deren Verzierung in einer die vier Seiten umgebenden {lachen Randleiste mit durchbrochen geschnittenem Ornament besteht, während die Ecken mit Reliefmedaillons, die z. B. die Symbole der vier Evangelisten enthalten, verziert sind. Solche Beispiele sind aber selten. Die meisten und entsprechendsten Motive zur Profilirung einfacher gothischer Rahmenbildung wird man wohl den späteren mittelalterlichen Wandvertäfelnngeu entnehmen können. Hier findet man auch die Ab- schrägungen des unteren Randes, wie sie als Wasserschläger an den Fenstern vorkommen. Die eigentliche Entwicklung der Bilderrahmen beginnt naturgemäss erst mit der Entwicklung der Staffeleimalerei überhaupt, also im Laufe des fünfzehnten Jahrhunderts. Während in den Niederlanden aber die Formen in dem genannten Jahrhundert noch von der Gothik beherrscht waren und sich zudem von der Verbindung mit den Altären loslösen mussten, treten in Italien verschiedene Momente neugestaltend hinzu. Das ist weniger die Kunst der Holzmarqueterie oder Intarsia, welche bei den Möbeln in Füllungen, sowie auf Stab- und Rahmenwerk, beson- ders auch als Fassung der kleinen mit Elfenbeinreliefs ausgefüllten Altäre längst in Gebrauch gewesen war, als die hohe Ausbildung, welche die ornamentale Sculptur, besonders im Flachrelief, genommen hatte. Die Intarsia scheint bei Bilderrahmen wenig Anwendung gefunden zu haben. Mehr vielleicht mag der kräftige Naturalismus von Blumen und Früchten Rückwirkung gehabt haben, wie er auf den farbigen Terracottarahmen die Reliefs aus der Werkstätte der Della Robbia umgab oder wie ihn Ghiberti bei lden Umfassungen seiner Bronzethüren ebenso schön wie reich in Verwendung gebracht hat. Indess scheint er bei den Bil- derrahmen in keinem Falle so bedeutend gewesen zu sein wie der Einfluss, den die reizenden und zierlichen Sculpturornamente der Früh- 18'"