kleinen Schiebladen der Commode erinnern mit ihrer rautenförmigen De- coration auch an die rnaureskische Verzierung der erwähnten spanischen Schreibkästen. Sehen wir uns nun nach diesen mehr exceptionellen Gegenständen nach denjenigen Möbelstücken um, welche die charakteristischen Eigen- thümlichkeiten der Renaissance tragen, so wird es dem Kenner wohl auf- fallend erscheinen, dass Italien, die Wiege der Renaissance und noch heute die Quelle zahlreicher Möbelstücke dieser Kunstepoche, obwohl es uns doch so nahe liegt, verhältnissmässig wenig vertreten ist. Das einzige wirklich charakteristische Stück ist (Nr. 94) eine Truhe aus dem Besitz des Herrn von Rosenberg, mit flotten freien Figurenreliefs und kräfti- gem plastischen Ornament. Das Stück bezeichnet in seiner elfectvollen Art mit goldenem Grund, von dem sich die dunklen Figuren abheben, und sonstigen Vergoldungen im Ornament den decorativen Styl im Innern der venezianischen Paläste des sechzehnten Jahrhunderts. Zwei andere Gegenstände, ein Schreibkasten (Nr. 95), aus dem gleichen Besitz, und ein kleiner Wandkasten (Nr. 27), Eigenthum des Herrn Zelebor, beide Ge- nueser Arbeit aus dem sechzehnten Jahrhundert, sind, namentlich der erstere, im höchsten Grade originell und charakteristisch für den Ort ihrer Herkunft, aber rnit vielen vortretenden kleinen Figuren, die mit dem Baudes Geräthes fast in gar keinem Zusammenhange stehen, zu barock, um uns irgendwie zum Muster oder zur Lehre dienen zu können. Trotz- dem haben sie natürlich ihr Interesse sowohl für den Kunstfreund wie für die geschichtliche Kenntniss. Weit besser als Italien ist die Renaissance des Nordens vertreten, vorn Nieder-Rhein und Holland angefangen bis nach Scandinavien hinauf. Auch Frankreich hat uns ein paar gute Kästen geliefert, wenn auch nicht mehr der ersten Renaissance angehörig. Der ältere derselben ist Nr. 117, Eigen- thum des Herrn von Rosenberg, der jüngere Nr. 90, Eigenthum des Grafen Nak o, aus der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts. Beide zeichnen sich durch ein gutes und reiches Relief aus, das sich über die gewöhnlichen Arbeiten erhebt. Von diesem Standpunkt aus, dem der Schönheit und Feinheit des Reliefs, können die deutschen und nordischen Arbeiten nicht mit ihnen wetteifern. Ihr Vorzug ist in den meisten Fällen eine gesunde Construc- tion und eine gute Gliederung, wozu ein plastischer Schmuck hinzutritt, der allerdings in den meisten Fällen von handwerksmässiger Ausführung ist, aber dem Material und der Sache entspricht. Die meisten .Gegen- stände dieser Art kommen nicht aus den Schlössern oder den Sacristeien, wie gewöhnlich in Süd-Deutschland, sondern aus dem wohlhabenden, be- häbigen Btlrgerhause oder dem reichen Bauemsitze, wie dieselben die Küsten der Nordsee von der Mündung des Rheines bis zur Spitze von Jlltland begleiten. Ihre Herkunft ist also keineswegs vornehmer Art, sie er- heben keine Ansprüche und haben sie nie erhoben und doch sind sie von