208 wieder gehoben. Dank einer geläuterten, besseren Geschmacksrichtung, die sich in vielen Kreisen der Gesellschaft Bahn gebrochen hat, ist so- wohl für Herstellung von kunstreich geklöppelten Spitzen, als auch für Spitzen in Nadelarbeiten in den zwei letzten Jahrzehnten von Industriellen in Frankreich, England und Deutschland Anerkennungswerthes geleistet worden. Die letzten grossen Weltausstellungen in Paris, London und Wien lieferten in den zahlreich eingesendeten Concurrenzarbeiten den schlagenden Beweis, dass man in Frankreich, Deutschland, Belgien und sogar in Russland, wieder anknüpfend an die Traditionen der alten In- dustrie-Kreise, mit Eifer und Entschiedenheit abermals bestrebt ist, der Spitzenfabrication ihren ehemaligen Rang unter den industriellen Künsten zu vindiciren und der leeren und unsoliden Massenproduction von meist baumwollenen Fabrikspitzen erfolgreiche Concurrenz entgegen zu stellen. ln Belgien sind es besonders die Spitzen-lndustrieschulen von Brüssel, Mecheln, Gent, Brügge und Ypern, die mit grossem Erfolge die schönsten Pruductionen der Spitzenindustrie früherer Jahrhunderte wieder zu Tage fördern. Auf dem grossen Weltmarkt finden diese belgischen Erzeugnisse der freien Hand allgemeine Anerkennung und zahlreiche Käufer. Auch in Frankreich ist man in den alten lndustrie-Districten mit Aufbietung aller Kräfte bestrebt, den ehemaligen französischen Vorrang auf dern Ge- biete der Spitzenfabrication den Industriellen Englands und Belgiens gegenüber, dauernd wieder zu erringen. Namentlich werden zu Mire- court, Caen, Bayeux, Chantilly, le Puy und überhaupt in der Auvergne, welche heute mehr als 100.000 Spitzenwirkerinnen beschäftigt, Kunst- werke mit der Nadel und auf dem Kissen neu hervorgebracht, welche mit den schönsten Leistungen früherer Jahrhunderte von Aleneon, Venedig und Genua abermals kühn in die Schranken treten können '). Auch England und Irland, insbesondere aber Deutschland ist bei dieser allgemeinen Concurrenz, die Spitzenindustrie von dem Druck des Webstuhls zu- be- freien und dieselbe zu ihrer früheren Bedeutung wieder zu erheben, nicht zurückgeblieben. , Erfreulich ist es wahrzunehmen, wie namentlich auch in Sachsen und Böhmen die Spitzenindustrie nach tiefem Verfall in den letzten Jahr- zehnten, neu verjüngt, zu schönerem Schaffen sich wieder emporgerichtet hat. Zu diesem Aufschwung der Spitzenfabrication im sächsischen Erz- gebirge trugen nicht wenig bei die vielen daselbst durch Staatsmittel in jüngster Zeit gegründeten Klöppelschulen. Einem uns in Druck vorliee genden Berichte des Klöppelschul-lnspectors Richter in Schwarzenberg zufolge zählt Sachsen gegenwärtig mehr als 20.000 Spitzenklöpplerinnen und ist der Gesammtwerth der sächsischen Spitzenfabricate in den letzten Jahren durchschnittlich zu 1"], Millionen Thaler jährlich anzuschlagen. ') Vg). über die Entwickelung der Spitzenfabricalion i Jury international 1867. Frankreich: Rapport du