2! den Darstellungen ungemein viel Leben geben. Die einen dieser Tafeln sind einfach blassroth gebrannt, die anderen leicht glasirt, d. h. die er- stere Terracotta, die andere Steingut, alle unmittelbare Erzeugnisse der Künstlerhand, wirkliche Originalarbeiten. Der Inhalt ist durchweg biblischen Stoffen entnommen, und zwar jenen einfachen, welchen Kunst und Ge- schichte eine Popularität gegeben haben, die jede Interpretation über- flüssig macht. Da ist Christus und die Kindlein, der Kindermord zu Bet- lehem, Judas den Verrätherlohn den Priestern hinwerfend; da ist das Abendmahl in ergreifender neuer Form und doch frei von aller Gesucht- lheit, alles zugleich auf den kleinen Maßstab berechnet, so dass gewisse Details ganz ausgeschlossen sind, auf die Hauptwirkung aber der Nach- druck gelegt und das Modellirholz allein als Werkzeug festgehalten ist. Vielleicht könnte man denken, dass die Wirkung dieser Tinworth'schen Bilder in ihrer Kleinheit und dem Reiz der Handskizze liege, jenem Cachet, welchem wir willig die Details erlassen, um sie durch die Phantasie zu ersetzen. Gleichsam um diesem Zweifel zu begegnen, der übrigens schon durch die Paneele der oben erwähnten Kanzel widerlegt sein würde, hat uns Tinworth noch zwei grössere Darstellungen, ebenfalls in der er; wähnten Form des Freireliefs vorgeführt, von denen ich dem Leser einiges sagen muss. Es sind zwei in Terracotta ausgeführte Bilder von etwa 30 Zoll Länge und 15 Zoll Höhe innerhalb der ebenfalls thönernen Umrahmung, das eine die Gefangennehmung Christi, das andere eine Scene unter dem Kreuz vorstellend. (Wie ich höre, bilden die beiden die Seitenpendants zu einem Mittelstück von hohem Format, welches die Kreuzabnahme zum Gegenstand hat.) In der Gefangennehmung steht Christus nahe der Mitte rechts, hoch aufgerichtet, voll Würde und doch frei von Stolz, sich gleich- sam darbietend, um den Kampf, den die Jünger hinter und neben ihm mit den Häschern begonnen, zu endigen. Von der linken Seite her dringen Priester und Kriegsknechte, von Judas geführt, heran. In den Bewegungen, dem Vorbeugen des Oberkörpers bei den einen und wieder dem Zurück- prallen bei anderen findet das Entdecken des Gesuchten vollen und be- deutenden Ausdruck. Rechts am Rande des Bildes ebenfalls ein Suchender, wodurch die Umzingelung deutlich wird; hinter ihm Malchus. Ganz im Vordergrund, der weit herausgebaut ist, sehen wir vier römische Sol- daten, mit Helm und Schild, niedergeworfen, wir wissen nicht, ob im Handgernenge, ob durch den Schrecken vor der Hoheit der Erscheinung. Sie erinnern an die auf manchen Renaissancebildern vorkommenden Grabes- wächter, welche schreckvoll vor dem Auferstandenen zurück- und zu Boden stürzen. Am oberen Bildrand ragen die Oelbäume hervor und verursachen eine tiefe Schattenwirkung über den Köpfen und hinter den Figuren, wo- durch das Nächtliche der Scene wirkungsvoll der Empnndung mitge- theilt wird.