Das neue Kunstgahäude in Pest. Die ungarische Kunst hat in diesen Tagen eine Heimstätte gefunden. Am 8. November wurde das neue Gebäude, welches ihr der Enthusiasmus der Kunstfreunde lediglich aus Privatmitteln errichtet hat, feierlich eröffnet und seiner Bestimmung übergeben. Dieser Entstehung muss man Rech- nung tragen, wenn uns das Gebäude klein, die Räume beschränkt und eng erscheinen. Wer wünschte nicht der Kunst hohe, lichte, weite Hallen, die schon durch sich selber imponiren! Aber sie stehen nicht immer zu erreichen, und wenn sie nicht entsprechend auszufüllen sind, ist es immer noch besser, in hübschen bescheidenen Räumen sich gute Werke drängen zu lassen, als in grossen unter dem hurror vacui zu leiden. Die Stadtgemeinde hatte dem ungarischen Landesvereine für bildende Künste einen Platz zu diesem Gebäude gegeben, der, was die allgemeine Lage betrifft, vortrefflich situirt erscheint, denn er liegt mitten in der grossgedachten breiten Radialstrasse, die einmal den Corso von Pest bilden wird. Auch seine Nachbarschaft ist wohl angemessen, denn zur einen Seite liegt ein zweiter interessanter Bau, der ebenfalls der Kunst gewidmet ist, die vom Architekten Rauscher im Florentiner Palastbaue aufgeführte Zeichenschule, auf der anderen Seite wird der Musikakadernie ein Ge- bäude errichtet werden, das zugleich in seinen oberen Räumen eine An- zahl Malerateliers enthalten soll. Diese Vereinigung zu einer Gruppe wird dem Ganzen eine Anzie- hungskraft gewähren, welche jedem einzelnen Gebäude und seiner Be- stimmung wieder zu Gute kommt, und so mag die Lage von Vortheil sein. Aber sie ist es nicht, wenn man die Zwecke des Kunstgebäudes oder des Künstlerhauses, wie es kurzweg genannt wird, im Auge hat. Wenigstens erschwert sie ihre Erfüllung. Diesem blieb in der Mitte ein schmaler Raum, dessen Langseiten geschlossen sind, dem nur an den Stirnseiten ein directes und gutes Licht gesichert ist. Auf diesem schmalen Raume sollte nun verschiedenen Bestimmungen genügt werden, die zur ersten Bedingung lichtvolle Gemächer haben. Das Gebäude sollte die Ausstel- lungssäle des Kunstvereines enthalten, es sollte das Kunstindustriemuseum aufnehmen und endlich noch den Künstlern und ihren Freunden als Ver- samrulungsort dienen. Sah sich der Architekt diesen Anforderungen gegen- über schon in Verlegenheit, wenn er- die einfache Frage der Unterbrin- gung bedachte, so war er es doppelt, wenn er daran ging, alle Räume zweckmässig zu beleuchten. Wer gewohnt ist, solche Fragen zu bedenken, der musste sich sagen, dass überhaupt keine absolut, sondern nur eine relativ günstige Lösung möglich ist. Bei diesen Schwierigkeiten und unter dieser Beschränkung darf die Lösung durch den Architekten Adolph Lang, welcher in der Concurrenz den ersten Preis gewonnen hatte, als eine gelungene betrachtet werden. Es ist ein schöner Bau, aber auch insofern ein praktischer. als er den