14. Lebensjahre in seine pädagogische Obhut. Die Bestrebungen, die gesammte Bildung im Handwerkerstande mittelst der Volksschule zu heben, gehen auch durch die ganze gebildete Welt, und wir müssen glau- ben, dass das was in der ganzen gebildeten Welt als richtig erkannt wird, auch zu gleicher Zeit dasjenige sei, was für die handwerkliche und tech- nische Bildung ausreiche und einen_Ersatz für die Schulung bieten werde, welche in dieser Richtung früher im Gewerbeleben selbst erreicht wurde. Aber trotzdem kann es keinem aufmerksamen Beobachter entgehen, dass die gewerbliche Fortbildung, insbesondere die technische Fortbildung auf dem Wege der Schule grossen Hindernissen begegnet; denn trotz der Schulen klagen noch immer fort und fort Architekten, Handwerker und das consumirende Publicum, dass unseren Handwerkern und jüngeren Künstlern die entsprechende technische Fertigkeit fehlt, um den an sie gestellten Anforderungen vollkommen gerecht zu werden. Die gewerbli- chen Leistungen einerseits, und die Schulung für das Gewerbe anderer- seits ergänzen und erklären sich gegenseitig. In der Zeit des Zunftver- bandes war trotz aller Schattenseiten jener Periode der Arbeiterstand durchgebildeter und leistungsfähiger, trotz des beschränkten Gesichtskreises der damaligen Verhältnisse. Heurigen Tags ist der Arbeiter- und Hand- werkerstand allgemein geschult, im Ganzen und Grossen gebildet, aber seine technische Ausbildung ist eine vollständig oberflächliche und die Leistungsfähigkeit in Folge dessen eine sehr geringe. Mit wenigen Worten ausgedrückt heisst das: Unsere Arbeiter wissen relativ sehr viel und können relativ sehr wenig. Sie sprechen - wenn nöthig - gut, ar- beiten aber schlecht, daher die allgemeine Klage: Unsere Handwerker verstehen ihr Metier nicht recht, unser Handwerk ist technisch herunter. Vor Allem, und gerade aus industriellen Bezirken vernimmt man die Klage, dass die Volksschule zu lange dauert, und dass die Knaben, die erst mit vollendetem 14. Lebensjahre der Volksschule entwachsen, zu spät zu jenem Handwerk kommen, dem sie sich widmen wollen. Dazu kommt noch, dass bei den meisten Fachschulen das vollendete 14. Lebensjahr als Vorbedingung zum Eintritte in dieselbe gestellt wird. Der Knabe be- ginnt daher erst nach vollendetem 14. Jahre sich mit seinem Handwerk zu beschäftigen. In der Regel tritt der Junge aus der Volksschule in das Gewerbe, und nur ein kleiner Bruchtheil kann in eine Fach- oder Ge- werbeschule eintreten. Er ist im besten Fall auf die Fortbildungsschule angewiesen. Aber auch diese ist ihrer ganzen Organisation nach nicht für die technische sondern für die allgemeine Bildung eingerichtet. Von dem Technischen seines Handwerkes lernt er eigentlich bis zum 15. Lebens- jahre fast nichts. Er bleibt technisch ein Dilettant, während er in frü- herer Zeit mit diesem Alter Herr seiner Technik wurde. Hinc illae lacrimae. Die Volksschulgesetze bezwecken nur die allgemeine Bildung; es sollen die Kinder sittlich religiös erzogen, ihre Geistesthätigkeit soll entwickelt werden, es sollen jene Kenntnisse und Fertigkeiten erworben