95 bei welchen sich das künstlerische und persönliche Interesse wohl im Gleichgewicht hält. Wir meinen die Miniaturporträts, eine Kunst, in welcher das 18. Jahrhundert sich in ungewöhnlicher Weise auszeichnete, daher sie denn auch auf unserer Ausstellung eine glänzende Vertretung gefunden hat. Und hier ist es ganz besonders die Wiener Kunst, welche wir in ihren schönsten und liebenswürdigsten Leistungen bewundern können. Obenan stehen die zahlreich vorhandenen Werke von der Hand Fügefs. Beigetragen zu dieser außerordentlichen Collection hat vor allem die kaiserliche Familie selber, dann das Kloster der Elisabethinerinnen in Klagenfurt, welches in die Erbschaft vieler Theresianischen Angedenken gekommen, dann Graf Enzenberg, Baron Bourgoing, Baron N. Roth- schild u. A. Die dargestellten Personen gehören vor allem der kaiserlichen Familie selber an, dem Hofe der Kaiserin, ihren Freunden, Staatsmännern und Generalen; Loudon z. B. ist mit besonders schönen Porträts ver- treten. Dann Findet sich eine Reihe aus der gräflichen Familie Enzen- berg, Porträts aus Fügers Familie mit seinem Selbstporträt. Ein Tableau mit acht Miniaturen, Eigenthum Sr. kais. Hoheit des Herrn Erzherzogs Rainer, enthält die Brustbilder der Königin Karoline von Neapel und von Mitgliedern aus ihrer Familie. Jedem Beschauer dieser schönen und feinen Arbeiten wird wohl das Bedauern zurückbleiben, dass dieser überaus reizende, im 18. Jahrhundert so blühende Kunstzweig heute so gut wie ausgestorben ist. '19 Den glänzenden Werken der Malerei und den prunkvollen Schö- pfungen des Kunstgewerbes gegenüber könnten die aus dem Gebiete der graphischen Künste und der Schrift zur Schau gestellten Gegen- stände fast übersehen werden, würde nicht ihre Reihe und damit die Aus- stellung selbst durch die stattliche Zahl der zwar nicht kunsthistorisches oder kunstgewerbliches, dafür aber im höchsten Grade culturgeschichtliches in- teresse bietenden eigenhändigen Briefe und Resolutionen der Kaiserin eröffnet. Diese kostbaren Autographen (über 300) sind zum größten Theile dem k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchive, ferner dem k. k. Kriegsarchive, der Albertina, dem Estensischen Archive, dem Besitze der Fürsten Schwarzen- berg und Khevenhüller, der Grafen Enzenberg und l-larrach entnommen und umfassen zeitlich die Jahre 1736 bis 1780. Ihnen wendet sich natürlich ein hauptsächliches Interesse zu. Geringer an Zahl ist dagegen, was an Werken des Buchdrucks und der Kupferstecherkunst aus der Zeit cler Kaiserin Maria Theresia auf der Ausstellung zu sehen ist. Es lag ja auch von vorneherein gar nicht in der Absicht, ein charakteristisches Bild von dem damaligen Stande dieser beiden durch die Kaiserin mächtig geförderten Künste in Oesterreich zu geben, und so ist von Druckwerken nur sehr wenig ausgestellt; auch aus der Zahl der durch die k. k. Familien-Fideicommiss- Bibliothek und den Fürsten Johann von und zu Liechtenstein (Hauslab- Sammlung) reichlich beigebrachten Kupferstiche konnte wegen Raummangel