Von der kleinen Plastik in Elfenbein, Holz, Bronze etc. ist nichts zu sagen; sie ist nicht bloß zufällig nur in vereinzelten Stücken vorhanden; hier hat eben die Vorliebe für das Porzellan alle anderen Materiale in den Hintergrund gedrängt; wichtiger aber sind in jener Zeit zwei andere Kleinkünste, die Medailleurkunst und die Glyptik. Die Samm- lungen des Kaiserhauses haben eine reiche Folge von Denkmünzen (888 und 88g) ausgestellt, die einen lehrreichen Ueberblick über den damaligen Stand dieser Kunstindustrie bieten. Jedes Ereigniss in der kaiserlichen Familie, auf dem Gebiete der inneren und äusseren Politik wurde durch Medaillen verewigt. Wie kaum eine andere, erscheint die Medailleurkunst in Wien selbstständig. Die Meister, die wir vor Allem thätig finden, sind Matth. Donner, Wiedemann und Würth. ln einer Ausstellung, die das 18. Jahrhundert zum Gegenstande hat, durften nicht Proben für die Glyptik fehlen. Trieb diese doch in diesem Jahrhundert eine neue Blüthe, gefördert durch den Geschmack der Zeit mit seiner Vorliebe für das Kleine und Zierliche. Wenigstens nach einer Seite hin lernen wir sie kennen in den Stücken aus dem Münz- und Antikencabinete; es sind durchgängig Porträts von Mitgliedern des Kaiser: hauses, unter ihnen der große Onyx mit der gesammten kaiserlichen Familie von Louis Siries in Florenz, der für den Wiener Hof so viel gearbeitet hat (882, 36). ä Von den Gegenständen textiler Natur sind zunächst einige zu erwähnen, deren Bedeutung lediglich in dem Umstande zu suchen ist, dass sie zum privatesten Gebrauche jener Persönlichkeiten gedient haben, deren Andenken die Ausstellung in erster Linie gewidmet ist: so die Seidenpantoffel und der Strickbeutel der Kaiserin Maria Theresia, und der Nadelpolster der Königin Maria Antoinette. Dagegen ist das kaiser- liche Taufzeug in seiner reichen Verzierung in Golcl- und Perlenstickerei bereits geeignet, neben der Pietät auch das künstlerische Interesse zu erwecken. Der gemeinsame Charakter der übrigen Ausstellungsgegenstände textiler Natur beruht im Reichthum des Stoffes und der Ausstattung, weil ja dieselben nicht so sehr zu bürgerlichen Nutzzwecken, sondern zum Gebrauche des Clerus oder hoher und höchster Herrschaften be- stimmt waren. Unter den Paramenten finden sich zahlreiche Objecte, deren gestickter Schmuck durch die Tradition unmittelbar auf die eigen- händige Arbeit der Kaiserin Maria Theresia zurückgeführt wird. Es ist freilich kaum anzunehmen, dass die hohe Frau, die bekanntlich ihren zahlreichen und wichtigen Regentenpflichten in der gewissenhaftesten Weise nachzukommen bestrebt war, die Zeit erübrigt hätte, um diese großen Caseln und Rauchmäntel in der mühseligen und kleinlichen Stickereimanier ihrer Zeit zu besticken. Man wird vielmehr in diesen Paramenten ebenso viele Zeugnisse für die hochentwickelte Leistungs- fähigkeit der damaligen Wiener Stickerei-Industrie erblicken müssen, von