1m.- Die Werkstatt der della Robbia und das Majolika- Ornament. Von Prof. Dr. Josef Bayer. Wir begrüßen in der folgenden Betrachtung die Werkstatt als solche, so bedeutende, vollwiegende Künstlernamen auch über dem Eingang der- selben angeschrieben stehen. Und dies im gegebenen Falle wohl mit Fug und Recht. Der Meister, der große Künstler ist eine Persönlichkeit für sich, die vor Allem in ihrer starken Individualität, in ihrer charakteristischen Eigenthümlichkeit verstanden und gewürdigt sein will. Die Werkstatt ist eine Pflege- und Arbeitsstätte einer mehr oder minder gleichartigen Kunstthätigkeit, deren Erzeugnisse bei aller Fein- heit und Exactheit der Einzelnausführung doch in einen Gattungsbegriff fallen. Und eben darin, dass diese bestimmte Gattung von Kunstproducten an dieser Stätte mit einer stets bewährten Durchbildung, dabei mit einer gewissen Gleichartigkeit des Charakters immer wieder erzeugt wird, liegt die Ehre und der Ruhm der bestimmten Werkstatt. Ihre Werklhätigkeit schließt das Individuelle nicht aus, aber es muss sich mit feinen Linien gleichsam in den Gattungscharakter der Production hineinzeichnen, ohne aus den Umrissen desselben eigenwillig herauszutreten. Die Kunstbewegung der Renaissance wird durch starke Persönlich- keiten in Gang gebracht, von denen eine jede eine gewaltige Summe des neuen, reformatorischen Kunstvermögens in sich zusammenfasst und individualisirt. Leon Battista Alberti nennt in seiner Schrift wdella pitturaw diese großen lndividualitäten der ersten Frühzeit der rinascita; Brunel- lesco, Donatello, Ghiberti, Luca della Robbia, Masaccio. (In dern Anhange zur Textausgabe und Uebersetzung der kleineren kunsttheoretischen Schriften L. B. Alberti's [Quellenschriften zur Kunst- geschichte XI, Wien 1877] sucht wohl Prof. Hubert Janitschek mit halt- baren Gründen darzulegen, dass unter dem von Alberti genannten Ma- saccio nicht der Maler, sondern der Bildhauer und Erzgießer Maso di Bartolomrneo, auch Masaccio genannt, zu verstehen sei. Wir werden dem letzteren bald als Werkgenossen des Luca della Robbia bei einem wich- tigen Auftrage begegnen; immerhin erscheint er uns in jener Zusammen- stellung weit über seinen Kunstrang hinausgehoben.) Brunellesco war der entschieden individuelle Träger des Baugeistes der neuen Epoche; denselben hochpersönlichen Rang haben Donatello und Ghiberti für die Bildnerei in Marmor und Erz; Masaccio für die monumentale Malerei. Wie steht es aber um Luca della Robbia? Auch er fing ausgesprochen-persönlich an, wie die anderen Großen, denen er mit Recht zugesellt wird - aber sein weiterer Einfluss fällt in das Gattungsmäßige der Kunst, in die Werkstatt-Autorität hinein. Er war die mildeste Persönlichkeit in jener Gruppe der Bahnbrecher,