108 Der lnhalt der Felder und die Art der Behandlung im Hochrelief war gleich im ersten Contracte, dem später in längeren Zeiträumen neue Stipulationen folgten, festgestellt wurden , und Luca della Robbia hielt sich in der Ausführung fast ganz an das Programm. In zehn quadra- tischen Bildflächen sind oben Maria mit dem Kinde und Christus auf seinem Grabe zwischen Engeln, darunter die vier Evangelisten und noch weiter unten die vier Kirchenväter dargestellt, sämmtlich sitzend zwischen zwei jugendlichen Engeln; in jeder Ecke der Bildrahmen befinden sich statt der Knöpfe oder Rosetten kleine zierliche Brustbilder, ähnlich den aus Medaillons herausragenden Köpfen an den Rändern der Thürflügel GhibertYs am Hauptportal des Baptisteriums. Die Thür unseres Meisters hat ebensoviel Felder, wie jene hochberühmte des großen Lorenzo Ghiberti; aber welche Fülle plastischen Lebens, welche wechselnde Mannig- faltigkeit von Historien auf perspectivisch vertieftem Schauplatz umfassen dort die einzelnen Bildrahmen, während die acht sitzenden Gestalten an der Sacristeithür unseres Meisters in ihrer absoluten Situationslosig- keit doch den Eindruck einer gewissen Monotomie machen. Vielleicht hat Donatello nur deshalb nicht Wort gehalten, weil der Auftrag und das Thema ihn langweilte. Der gewissenhafte Meister Luca machte, was man von ihm verlangte; er rückte dadurch unwillkürlich an die ältere Kunstweise heran und näherte sich in der Auffassung den Evangelisten und Kirchenvätern in den zwei unteren Reihen der früheren Erzthlir GhibertPs, ja noch mehr den acht thronenden Tugenden auf der Johannes- thür Andrea Pisands. Aber was dort nur ein Anhang, ein Supplement ist, wurde bei der Thür Luca's Hauptsache. So sah er sich denn nur auf den einfachen Gegensatz von Würde und heiliger Gravität in den sitzenden Gestalten, von Anmuth und Lieblicbkeit in den Engeln gewiesen, und diese sind denn auch völlig von dem echten holdseligen Engels- thüre weder gelöthet noch gereinigt und nachgeputzt waren. Da Maso di Bartolommeo, der wahrscheinlich nur als technischer Hilfsarbeiter mitthat, inzwischen gestorben war, wurde seinem Bruder, dem Giovanni di Bartolommeo, die Ciselirung der Umrahmungen der Reliefs von Meister Luca übergeben. Wie viele waren bis dahin fertig? Sicherlich nicht alle! Sonst hatte in dem letzten Contracte, welchen die Dombauverwaltung mit ihm am lo. August 1465 abschloss, nicht noch ausdrücklich die Forderung gestellt werden können: ua fare conpiere et storiare dette porte et ongni altra et qualunque cosa come nella prima alloghagiune si contiene....a Es standen also damals noch gewisse nHistorienn oder Figurendarstellungen aus, die im Sinne der ersten Vereinbarung von 1446 auszuführen waren. Wir können daher unmöglich annehmen, dass die im Wesent- lichen fertigen Thürflügel etwa wegen noch ruckstandiger technischer Nacharbeiten so unbegreiflich lange in der Werkstatt des Meisters liegen geblieben wären. Diesem wider- spricht auch die festgestellte Thatsache, dass im November 1474 an Andrea Verncchio eine bestimmte Summe ausgezahlt wurde, weil er das nüthige Brunzematerial für den Guss der zwei letzten Felder der Thüre geliefert hatte. nAndrea del Verocchio dee avere per metallo prestato a Luca e a Michelozzo per gettare le due ultime storie dclla porta de la sagrestia, fior.....- (Cavallucci, Santa Maria del Fiore, z. Abth. Seite l 37.)