129 Künstler Italiens meistens auch scharfe Rechner; der Erwerbssinn war in ihnen stark entwickelt, wie im Italiener überhaupt - und warum hätte er es nicht sein sollen? War doch ihre Arbeit eine Meisterarbeit und ihres Lohnes vollauf werth. Aber der bloße Trieb nach Lohn und rascheren Verdienst wird nicht lediglich der Beweggrund gewesen sein, weshalb der Meister im weiteren Verlaufe seiner Klinstlerlaufbahn vorzugs- weise Thonbildner wurde. Es gibt auch rein artistische Ent- schließungen - und eine solche hier vorauszusetzen, haben wir allen Grund. Er war in seinem ersten, frühen Marmorwerk, in dem Musikfest der Kinder für die Orgelbalustrade mit einem fröhlichen Erfolge in die höhere Künsllerlaufbahn getreten. 15 Jahre darauf machte ihm der Auftrag für die ernsten kirchlichmepräsentativen Reliefs in Bronze offenbar viel Sorge; es war für ihn eine allzu monumentale Aufgabe, die ihn belastete -- er nahm dieselbe mehr schwer als groß, und hatte trotz ausgiebiger Beihilfe mit ihr bis auf seine letzten Lebensjahre zu schaffen. Lorenzo Ghiberti brauchte für die Thüre mit dem Leben Jesu am Baptisterium, welche ihm im Wetlkampfe mit Brunellesco zugetheilt wurde, 21 Jahre (1403-1424); das Wunderwerk der anderen Hauptthür mit den alt- testamentarischen Bildern - jener von Michelangelo mit Recht bewun- derten Eingangspforte für die ganze Scnlptur der Renaissance - voll- endete er in 25 Jahren (1425-1450). Unser Meister brachte seine weit bescheidenere Erzthür (allerdings unter nicht aufgeklärten Hemmnissen) erst in 28 Jahren fertig. Der sonst so emsige, erfindungsreiche Künstler, dem auch das Modelliren schnell von der Hand ging, scheint sich hier ab- sichtlich nicht beeilt zu haben, weil er den Druck dieser Arbeit fühlte. Er schaffte sich Erholung und neuen Aufschwung in anderer Arbeit und construirte unermüdlich seine Oefen um, in welchen er seine Thonwerke brannte und glasirte, bis er endlich die richtige Zartheit der Glasur herausbrachte, die auch dem leiseren Drucke der Modellirung ohne störendes Aufquellen der Formen und Contouren sich anschmiegte. In die lange Dauer seines zögernd fortschreitenden monumentalen Bronze- werkes fallen nun die zahlreichen, technisch wie künstlerisch immer voll- kommeneren Majolikareliefs, die auch gegenüber den ersten, würdevoll aber schwerer componirten Tympanons über den Sacristeipforten im Dom einen weiteren, ungleich freieren Forschritt bezeichnen. Man möchte sagen, dass Luca als Bildner in Thon die Herrschaft über die Form, die Lieblichkeit und flüssige Lebendigkeit des Ausdrucks, welche er im Marmor der Orgelbalustrade im ersten genialen Wurf mühelos gefunden hatte, auf einem anderen, neubetretenen Wege wiedergewann, nachdem er in der Erzbildnerei fast Gefahr lief, dieselbe einzubüßen. Wir müssen nur ernstlich versuchen, seine Kunststellung uns nach- träglich ebenso klar zu machen, wie sie in einem entscheidenden Momente der Selbstprüfung ohne Zweifel ihm selbst klar wurde. Meister Luca