77317 Abenteuern einen willkommenen Unterstand bieten mochte. Gar Vieles deutet darauf hin: die umfassende Bauanlage, die festlich-schmuckvolle Decoration, die eigenartige Disposition größerer und kleinerer Räumlich- keiten, die über das Programm eines noch so vornehmen Privathauses in jener im Bauluxus noch keineswegs ausschweifenden Epoche immerhin hinauszugehen scheint. Artistisch überzeugend ist für mich zuvörderst die völlige stilistische Uebereinstimmung der Wanddecorationen der Casa Farnesina mit jenen des Hauses des Germanicus auf dem Palatin, nament- lich mit der Wand des Tablinums und des Tricliniums daselbst. (Vergl. Mon. ined. vol. XI. tav. XXll u. XXlll.) Es ist mehr als wahrscheinlich, dass die Wandmalereien auf dem Palatin und am Tiberstrand aus einer und derselben Decorationsschule hervorgegangen sind. Das "goldene Hause des Nero war eine grandiose Villenanlage in- mitten der Stadt, mit aller Pracht ausgestattet, über welche das damalige Kunstvermögen verfügte. Der von Severus und Celer mit größter Be- schleunigung emporgezauberte Prunkbau w den Otho weiter bauen ließ, der aber schon dem Vitellius nicht mehr genügte - wurde nachher mit gleicher Hast demolirt; die Flavier wollten durch dieses Zer- störungswerk gleichsam die verhassten Erinnerungen an Nero der An- schauung entziehen. Die Thermen des Titus erstanden als ein volks- thümlicher, der allgemeinen Benützung gewidmeter Bau an derselben Stelle, wo früher der menschenfeindlichste, selbstsüchtigste Genusskitzel seinen Sitz gewählt hatte. Man wollte keine Zeit verlieren und warf die unteren Räume nur zu - und so blieben in denselben die interessanten Wanddecorationen aus dem Untergeschoss des Neronischen Palastes erhalten, an denen die Künstleraugen aus der Renaissance sich nicht satt sehen konnten. An die Casa Farnesina knüpften sich wohl auch gehässige Reminiscenzen an die bodenlose Sittenverderbniss und die geheimen Aus- schweifungen des so bald verlotterten, augusteischen Hauses. Der ernste Tacitus, der scharfe Juvenal scheinen ihre Geisteraugen auf diese, künst- lerisch sonst so anziehende Stätte zu richten. Ob nicht so manche der sinnlich-wilden Excesse der Messalina in den Boudoirs dieses Hauses ihre Schlupfwinkel fanden . . . . Nerva und Traian hatten ein solides Regierungsprogramm und machten auch Reclame für ihre Solidität in ähnlicher Weise, wie früher Vespasian und Titus. Es ist leicht möglich, dass jene Kaiser, um auch am Tiberrand das Gedächtniss der Scandale der julischen Dynastie zu tilgen, das ganze Areal daselbst für einen ausgedehnten Nutzbau nach Art einer Horrea auslieferten, und zwar jenem "Collegium Liberi patris et Mercuriiu, das hier seine Weinvorräthe deponirte - zugleich mit der Concession, beliebige Partien der alten Kaiservilla zuzuschütten, zu demo- liren, zu überbauen, wie es auch quer durchschnlcidende Gemäuer aus- drücklich bezeugen. Eine demonstrative Zerstörung scheint an dieser Stätte unbedingt noch in der Cäsarenzeit stattgefunden zu haben. -